Nicht wenige haben angesichts der Berliner Küchenjobs wieder die Koffer gepackt – wenn sie denn konnten. „Wenn ein Menü 5 € kostet, kannst du davon ausgehen, dass die Leute in der Küche 3,50 € die Stunde bekommen“ – so beschreibt ein Koch, der lieber anonym bleibt, die wirtschaftliche Situation. Wer in einer Berliner Küche Teller wäscht, hat trotz Mindestlohn kaum das Nötigste zum Leben. Aber es ist ja nur der Anfang, es soll ja weiter gehen! Die Küche als Sprungbrett in ein neues Leben! Oder bleibt sie die einzige Möglichkeit? Wer kann sich in der Hierarchie hocharbeiten? Ein eigenes Restaurant gründen? Wer schafft die ‚eigentliche‘ Karriere parallel, den befriedigenden Lebensentwurf?
Im engen Raum der Restaurantküche findet der Regisseur Anestis Azas das Konzentrat aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen. Nach der Produktion Telemachos – Shoud I stay or Should I go? nimmt er sich nun der Berliner Vorzeigeindustrie an, dem Arbeitsort von Neu-Berliner*innen. Interviews mit Spitzengastronomen und Kiezwirten, Selfmade-Frauen und Tellerwäschern, Großküchenbetreibern und Runnern bilden die Grundlage.
Im Zentrum der Inszenierung stehen jedoch die Erfahrungen von Kaoru Iriyama, Michail Fotopoulos, Nicole Sartirani, Nizar Basal: vier Neu-Berliner*innen mit vier unterschiedlichen Pässen und vier unterschiedliche Professionen, die nun alle in der Küche arbeiten. Wie in einem Prisma brechen sich in ihrer gemeinsamen Erzählung europäische und deutsche Ordnungsmechanismen aus Visa- und Aufenthalts-, Arbeitserlaubnis- und Sozialleistungsbestimmungen. Bloody, medium oder durch zeigt eine brisante Rezeptur von Arbeitsbedingungen, Grenzziehungen und europäischer Krise, über die sich die Berliner Gesellschaft konstituiert.
(auf Deutsch und Englisch mit Übertiteln)
Regie:
Anestis Azas
Recherche und Text:
Anestis Azas, Alina Spachidis und Ensemble
Dramaturgie:
Alina Spachidis
Bühne und Kostüm:
Michaela Muchina
Soundtrack:
Michail Fotopoulos
Video:
Mehmet Can Koçak
Mit:
Nizar Basal,
David Boylan,
Michail Fotopoulos,
Kaoru Iriyama,
Nicole Sartirani
09.- 12.November 2016, 20 Uhr
13.November 2016, 19 Uhr
Das Projekt ist eine Koproduktion von Kultursprünge im Ballhaus Naunynstraße gemeinnützige GmbH und dem Künstlerhaus Mousonturm Frankfurt am Main gefördert durch die Einzelprojektförderung des Landes Berlin.