Bette Davis’ Gesicht war zu verbraucht und Katharine Hepburn zu spröde. Die 18 Monate währende Suche nach der passenden Darstellerin für Scarlett O’Hara wurde zum ersten Superstar-Casting der Filmgeschichte. Das Ergebnis war eine nationale Hysterie – inszeniert von dem größenwahnsinnigen Choleriker Selznick, der als Produzent angetreten war, mit seinem Bürgerkriegsepos den größten aller Filme zu drehen.
Tag für Tag drängten sich Massen junger Mädchen auf dem sogenannten »Scarlett-Way« vor Selznicks Büro. Als die Wahl nach Drehbeginn auf die in den USA bis dahin völlig unbekannte Engländerin Vivien Leigh fiel, fühlte sich die gesamte Schauspielerinnenriege vor den Kopf gestoßen und die Presse tobte. Was Vivien Leigh nicht davon abhielt, als feurige Scarlett zu brillieren. Das Drama hinter den Kulissen, Heulattacken und Selbstmordgedanken, bestimmte den Alltag bei den Dreharbeiten.
Das Meisterwerk über Krieg, Frieden und die ganz große Leidenschaft geriet am Set zu einem gigantischen Kraftakt, der drei Regisseure und zehn Drehbuchautoren verschliss sowie reihenweise Nervenzusammenbrüche heraufbeschwor. Der völlig verschuldete, übernächtigte Produzent agierte am Rande des Wahnsinns, erlitt bei der Überarbeitung des Drehbuchs einen Herzinfarkt und musste von Ärzten reanimiert werden. Vivien Leigh brach am Ende der Dreharbeiten vor Erschöpfung zusammen. Selznick hatte sie mit seinem Perfektionismus terrorisiert und in die Depression getrieben.
Aus der nationalen Hysterie ist bis heute ein ungebremster Fankult geblieben, der so manches Leben entscheidend geändert hat.
Die junge Regisseurin Alice Buddeberg entwickelt mit dem »Scarlett-O’Hara-Syndrom« eine augenzwinkernde, tragikomische Hommage an die widerspenstige Südstaatenschönheit. »Das Scarlett-O’Hara-Syndrom« ist nach Ibsens »Hedda Gabler« in den Kammerspielen und Goethes »Clavigo« im Bockenheimer Depot ihre dritte Frankfurter Regiearbeit.
Regie Alice Buddeberg
Bühne Cora Saller
Dramaturgie Alexandra Althoff
Mit Thomas Huber
5./9./23. Juni