Im eisigen Kriegswinter 1915 beschliesst der Marionettenspieler, seine Marionetten für sein frierendes Publikum zu verheizen und spielt mit Brotteig-Figuren weiter. 1916 gibt er seinem verhungernden Publikum diese Figuren zu essen. Und er spielt weiter. Es genügt die virtuose Bewegung der Marionettenstäbe, die Vorstellungskraft aller zu wecken. 1917, als öffentliche Zusammenkünfte verboten werden, verstummt der Marionettenspieler und schreibt die Dialoge seiner Figuren auf Laken.
Nach Ende des Grossen Krieges will keiner mehr auf das stumme Marionettentheater verzichten. Der Sohn des Marionettenspielers aber verweigert die Tradition und möchte als Schriftsteller zu den Menschen sprechen. Er überredet seinen alten Vater, das Theater einem Museum zu übergeben. Der Vater erhängt sich aus Kummer im Wald, wo ihn der Sohn später findet. Der Teufel sucht ihn auf und überzeugt ihn, unter seinem Schutz in die Welt zu ziehen und das Buch des Lebens zu schreiben.
Dafür fordert er die Schnur des Gehängten…
Der Bildende Künstler Patrick Corillon stellt die Worte in «Der verteufelte Teufel» typografisch dar: im Gegensatz zur gesprochenen Sprache sind die Worte hier keine nützlichen, unsichtbaren Vehikel, die eine Bedeutung tragen, es sind nicht die Worte, derer wir uns in unserer alltäglichen Kommunikation achtlos bedienen, sondern materielle, mysteriöse Entitäten, die mehr Bedeutung zeigen, als ein flüchtiges gesprochenes Wort zum Ausdruck bringen kann. Die Musik von LOD-Komponist Thomas Smetryns schafft Atmosphäre, errichtet ein musikalisches Bühnenbild und geht einen Dialog mit der Erzählerin, als auch mit der Puppenkiste ein. Sie kreiert Stille für Patrick Corillons poetischen Raum, in dem Bedeutungen und Bilder wuchern können. Die ausgewogenen musikalischen Interventionen erfüllen ein und dieselbe Funktion: sie machen die Stille des Erzählers greifbar, wodurch das schweigende Sprechen der Puppenkiste desto prägnanter erscheint.
Patrick Corillon hat diese bildhafte Erzählung mit Musik in Zusammenarbeit mit dem
Musiktheater LOD aus dem flämischen Gent und dem Theater Le Corridor aus dem
wallonischen Lüttich geschaffen. Die in Koproduktion mit dem Theater Chur entstandene
deutsche Fassung wird in Chur uraufgeführt.
Spiel: Patrick Corillon, Karlijn Sileghem
Piano: Heleen Van Haegenborgh
Konzept & Text: Patrick Corillon
Musik: Thomas Smetryns
Niederländische Übersetzung: Paul Pourveur
Deutsche Übersetzung: Stefan Barmann
Coach: Dominique Roodthooft
Sprachcoach deutschsprachige Aufführung: Sabine Reifer
Beleuchtung: Joël Bosmans
Ton: Pierre Neu
Technische Koordination: Nic Rosseeuw
Technik: Pino Etz, Brecht Beuselinck
Produktionsleitung: Kristel Deweerdt
Produktion: Musiktheater LOD Gent, Le Corridor Lüttich
Koproduktion:
Théâtre de la Place (Liège), Théâtre le Granit (Belfort)
Mit Unterstützung der Communauté française - Service Théâtre, der Région Wallonne und WBI
Koproduktion deutsche Fassung: Theater Chur
«Der verteufelte Teufel» ist eine Bearbeitung der französischen Inszenierung von «Le diable abandonné», die 2007 von Le Corridor (Lüttich), Théâtre de la Place (Lüttich) und Théâtre le Granit (Belfort, FR) produziert wurde. Eine flämische Version «De duivel beduveld» wurde 2010 in Gent uraufgeführt.
Patrick Corillon
Wohnt und arbeitet in Paris und Lüttich. Er wird von der Galerie In Situ (Paris) vertreten.
Seine Arbeiten waren bereits in Museen wie der Tate Gallery, dem Royal College
of Art in London, dem Centre Georges Pompidou in Paris, dem Paleis voor
Schone Kunsten in Brüssel und Charleroi, den Stiftungen De Appel und Witte de With
in den Niederlanden, der Stiftung Gulbenkian in Lissabon zu sehen. Seit 2007 arbeitet
Corillon an seinem Projekt «Le diable abandonné» (Der verteufelte Teufel) und es
entstanden drei Bücher, die bei der Éditions MeMo (Nantes) erschienen sind, sowie
drei Vorstellungen: eine lettristische Phantasie in drei Szenen. Danach beschäftigte
sich Corillon stets mehr mit Bühnenprojekten, bei denen Musik eine grosse Rolle
spielt. Zwischen 2010 und 2012 arbeitete er an der Soloperformance «La rivière bien
nomméé», der musikalischen und plastischen Arbeit «Oskar Serti va au Concert» für
das Klangforum des Wiener Konzerthauses und einem Musiktheaterstück nach Maeterlincks
«Die Blinden» mit dem jungen Komponisten Daan Janssens bei LOD Gent.