So schrieb die „Funkwoche“ Anfang 1933 über jene Band, die heute kaum noch jemand kennt: „Weintraubs Syncopators“.
Sollte man ihr aber nicht endlich das wiedergeben, was ihr gebührt? Angeregt durch den Verein 'musica reanimata', der sich um die Wiederentdeckung NS-verfolgter Komponisten verdient macht, und unterstützt durch die „Stiftung Zukunft Berlin“ entsteht an der Neuköllner Oper ein Theaterabend, der die „Weintraubs“ (zumindest das, was wir von ihnen noch erfahren konnten), zurück nach Berlin und auf die Bühne holt.
Was die „Comedian Harmonists“ im Gesang, das waren mit ihren Instrumenten die „Weintraubs Syncopators“. In den zwanziger Jahren waren sie weit mehr als Berlins gefeierte Jazzband, sie inszenierten Musik wie Theater und machten sie zum Event, wie man heute sagen würde. Gefragt für die großen Shows und Revuen vor allem Friedrich Hollaenders, für zahlreiche Filme (u.a. Der blaue Engel mit Marlene Dietrich), wurden die „Weintraubs Syncopators“ bald zum (wenngleich höchst lebendigen ) Mythos.
Als größtenteils jüdische Band konnten die Musiker nach 1933 jedoch nur im Exil überleben. Letzte Station ihrer weiten Reise, die sie über die Sowjetunion, Shanghai und Japan führte, war Australien, wo sie - makaber und tragisch - wiederum mit Berufsverbot belegt wurden, diesmal aus der anderen Richtung, vom dortigen Gewerkschaftsbund. So löste sich die Band auf, und ihr Gründer Stefan Weintraub musste sich als Automechaniker durchschlagen.
Die Neuköllner Oper hat mit Eva Blum und Matthias Witting zwei Theaterautoren angesprochen, die sich vor dem Hintergrund ihres eigenen musikalischen Tuns die Geschichte der „Weintraubs“ vorgenommen haben, um diese szenisch „nachzuerfinden“. Dreh- und Angelpunkt bildet dabei Stefan „Steps“ Weintraub, dem es schließlich doch noch trotz aller Hemmnisse und Behinderungen, die seinem und dem Erfolg seiner Band entgegengestellt wurden, gelingen möchte, in den Jazzhimmel aufgenommen zu werden. Ob das eine so gute Idee ist? Kein Wunder, dass ihm auch auf diesem neuen Anlauf merkwürdige Dinge widerfahren, die überraschend neue Fragen aufwerfen.
Andreas Unsicker hat für die „Weintraubs“ der Neuköllner Oper die Originalaufnahmen aus den 20er- und 30er Jahren durchgehört und neu arrangiert. Zu hören sein werden Titel u.a. von Paul Abraham, Walter Jurman, Robert Stolz und Friedrich Hollaender, Perlen der Geschichte der deutschen Unterhaltungsmusik, aber auch berühmte Jazztitel, die samt und sonders und in einer unnachahmlichen Fülle stilistischer Variationen von den „Weintraubs Syncopators“ rund um die Welt gespielt wurden.
Mit der Inszenierung von Weintraubs Jazz Odyssee ist das Team der Regisseurin Ulrike Gärtner und ihrer Ausstatterin Wiebke Horn bereits zum zweiten Mal an der Neuköllner Oper zu sehen. Dazu sind Sommer Ulrickson eingeladen, die Darsteller und Bandmitglieder zu choreographieren, musikalisch durch den Abend geleitet von Hans-Peter Kirchberg und Alexander Klein.
Musikalische Leitung: Hans-Peter Kirchberg / Alexander Klein Inszenierung: Ulrike Gärtner Choreographie: Sommer Ulrickson Ausstattung: Wiebke Horn Dramaturgie: Bernhard Glocksin