Denn das Selbstbild einer Gesellschaft in Sachen Integrationspolitik stand zur Disposition: Ein türkischstämmiger junge Mann namens Can mischt die wohlhabende Bildungsbürgerfamilie Laub auf und schafft es, deren sicher geglaubten Wertekodex gründ-lich in Frage zu stellen. Und nicht nur das: Alle Versuche, einen außer Kraft gesetzten Gesell-schaftsvertrag ("Wir haben Euch ins Land geholt, damit Ihr für uns arbeitet, nicht damit Ihr bleibt.") wieder neu Geltung zu verschaffen, scheitern am vitalen Interesse des Gegners Can, seine Rechte geltend zu machen - das Recht auf materielle wie ideelle Teilhabe: Reichtum, der ihm vorenthalten wird, Gesellschaftszugehörigkeit, die ihm verweigert wird.
Und so wird denn die merkwürdige, von Hass und Faszination gleichermaßen geprägte Bindung, die Felix, der gut erzogene Sohn der Familie, zu Can hat, zum Anlass, einen "Kampf der Kulturen" auszutragen, bei dem Felix' Vater Simon, der Literaturprofessor, eine bittere Erfahrung machen muss.
"Wut" ist mehr als eine Tätergeschichte aus dem Migrantenmilieu, Beschrieben werden vor allem die Folgen unüberbrückbarer sozialer Gegensätze und gefragt wird, zu wie viel Toleranz die Deutschen in Deutschland fähig sind, wenn das Fremde nicht im Ghetto bleibt, sondern über die Schwelle tritt.
Nach "Medea" und "Manderlay" werden Volker Lösch und sein Team sich ein drittes Mal konkret mit Multikulturalität und deren Auswirkungen in Stuttgart beschäftigen. Diesmal ist es ein Chor junger Männer verschiedenster Herkunft, die die Schauspielbühne zu ihrem Podium machen und die 2006 in "Medea" begonnene Debatte um Fremdsein und Verwurzelung in mehreren Kulturen fortsetzen werden.
Regie: Volker Lösch,
Bühne und Kostüme: Carola Reuther,
Chorleitung: Bernd Freytag,
Dramaturgie: Beate Seidel
Mit: Sebastian Kowski (Simon Laub), Martin Leutgeb (Michael), Sarah Sophia Meyer (Dominique), Katharina Ortmayr (Christa Laub), Till Wonka (Felix Laub), Chor junger Männer (Can)