Unter den vielen Tyrannen und Diktatoren, die die Opernbühne bevölkern – von Händels »Nero« bis zu Ligetis »Le Grand Macabre« – ist er derjenige, dessen »Reich« zweifach zu verorten ist. Während sein Titel »Kaiser von Atlantis« ihn vordergründig als Herrscher jenes schon bei Platon erwähnten mythischen Inselreichs ausweist, verraten Zeit und der Ort seiner Entstehung – das Konzentrationslager Theresienstadt im Jahre 1943 –, dass er eine Ausgeburt der Schrecken der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und des Holocaust ist.
Seine Schöpfer – der als »entartet« geschmähte, nach Theresienstadt verschleppte und 1944 von den Nationalsozialisten in Auschwitz ermordete Komponist Viktor Ullmann und der ebenfalls im Konzentrationslager ermordete Dichter, Zeichner und Grafiker Peter Kien – hatten sich allerdings sichtlich darum bemüht, mit ihm nicht allein die eigene (Leidens-)Zeit zu verarbeiten, sondern in ihrer Kammeroper die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts so unabweisbar quälenden Fragen nach der »ewigen Wiederkehr« von Krieg, Diktatur, Gewalt und Tod mit einem vielschichtigen und widersprüchlichen »kleinen Welttheater« zu beantworten. Mal tarnt es sich als Mysterienspiel, mal kommt es als Lehrstück daher, mal unterhält es wie eine Politrevue, um dann wieder in früh- oder spätromantische Sehnsuchtsutopien ein- bzw. abzutauchen – in einer Musiksprache, die in ihrer Melancholie, ihrer Expressivität und ihrem Witz hörbar von Mahler, Schönberg und Weill inspiriert ist, aber auch den Bach-Choral oder die schlichte Schönheit eines romantischen Strophen-Liedes zu integrieren weiß.
Ullmanns tragisch-komischer »Spiel«-Mix verweigert sich in der Inszenierung von Nina Kupczyk jeder Betroffenheits-Correctness und stellt Fragen nach Schuld, Widerstand, Erlösung und Opferbereitschaft, die zuallererst eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Selbst einfordern.
Premiere: 29. November 2009, 20.00 Uhr
Weitere Vorstellungen: 1., 3., 5., 7. und 9. Dezember 2009, 20.00 Uhr
Opera stabile, Staatsoper Hamburg
Eine Diplominszenierung der Theaterakademie Hamburg in Kooperation mit der Hamburgischen Staatsoper.
Karten zu 18 Euro (ermäßigt 12 Euro) sind erhältlich an der Tageskasse der Hamburgischen Staatsoper, unter der Telefonnummer 040 / 35 68 68, im Internet unter www.staatsoper-hamburg.de sowie an allen bekannten Vorverkaufsstellen.