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Zwei Premieren im Theater Chemnitz

Kampf des Negers und der Hunde

von Bernard-Marie Koltès

Premiere: 18. Mai 2007, 20.00 Uhr, Kleine Bühne im Schauspielhaus

 

Othello, Venedigs Neger

Tragödie von William Shakespeare

Aus dem Englischen von Werner Buhss

Premiere: 19. Mai 2007, 19.30 Uhr, Schauspielhaus

 

Kampf des Negers und der Hunde

von Bernard-Marie Koltès

Regie, Bühne und Kostüme: Lina Antje Gühne

Musik: Marcus von Schwerin

 

mit: Bernhard Klampfl (Alboury), Michael Pempelforth (Horn), Michael-Paul Milow (Cal) und Antje Weber (Léone)

 

Zum Inhalt:

Eine französische Baustelle, irgendwo im westlichen Afrika. Die Brücke, die hier geplant war, wird nie fertiggestellt werden. Der Leiter der Baustelle hat zu seinem Abschiedsfeuerwerk eine Frau aus Paris eingeladen, die er gerade erst kennen gelernt hat. Doch dann passiert etwas: Ein schwarzer Arbeiter kommt durch die Schuld des französischen Vorarbeiters zu Tode, und es taucht der Bruder des Toten auf und fordert den Körper. Kein Geld, keine Vergeltung, nur den Körper. Aber der ist unauffindbar ... Und das hat seine Gründe.

 

Zum Stück / Autor:

Das 1983 uraufgeführte Stück ist seit nunmehr über zwanzig Jahren auch in Deutschland ein großer Erfolg. Koltès, der Bühnentechnik in Straßburg studierte, zugleich auch eine Theatertruppe mit eigenen und eigenwilligen Bearbeitungen von Dostojewski und Gorki leitete, lebte jahrelang als Vagabund in Amerika und Afrika. Wieder in Frankreich, begann er seine großen Stücke zu schreiben. Seine Stücke wurden berühmt durch die Inszenierungen Patrice Chereaus, einem der wichtigsten Theater-, Film- und Opernregisseure Frankreichs. 1989 starb Koltès im Alter von 41 Jahren an Aids.

 

Koltès betonte, er wolle nichts über Afrika und die Schwarzen schreiben. Dennoch begibt er sich auf eine Reise in die Finsternis der durch Kolonialismus, Rassismus, Gewalt und Verachtung verwüsteten Seelenlandschaften. Ursprünglich „nur“ als spannende Geschichte über drei in ihrer Einsamkeit gefangenen Menschen erzählt, ist doch jede Figur durch ihr soziales Sein und ihr historisches Gewordensein sehr genau bestimmt. Die globalen Konflikte und die jahrhundertealte Geschichte der Missachtung und der Gewalt färbt das Denken aller bis in ihre Träume. Und doch sind sie ganz einfache Menschen aus Fleisch und Blut, die sich all dessen nicht einmal bewusst sind. Es geht um einen Körper, einen toten und den jeweils lebenden des Gegenübers. Um die normalsten Dinge der Welt. Aber es gibt eben auch Orte, und es gibt Stunden, wo die einfachsten Dinge sich mit einem ganz anderen, fremden Gewicht aufladen.

 

Othello, Venedigs Neger

Tragödie von William Shakespeare

Aus dem Englischen von Werner Buhss

Regie: Sascha Hawemann

Bühne und Kostüme: Wolf Gutjahr

 

mit: Alexander Hetterle (Othello), Tilo Krügel (Jago), Karl Sebastian Liebich (Rodrigo),

Ivan Gallardo (Cassio), Stefan Wancura (Herzog, Lodovico), Tobias D. Weber (Brabantio, Montano), Melina von Gagern (Desdemona), Maike Jebens (Emilia)

 

Zum Inhalt:

Solange man die staatliche Ordnung der Handelsgroßmacht Venedig nicht verlässt, ist Othello zwar eindeutig ein ‚Neger’, aber dennoch ein von der Regierung respektierter Offizier. Dass er die Senatorentochter Desdemona liebt und auf ehrliche Gegenliebe stößt, ist kaum zu glauben, muss aber notgedrungen hingenommen werden. Als Othello zu einem Sondereinsatz gegen die Türken geschickt wird, gerät er vor Zypern in einen Sturm, in dem die Feinde vom Meer verschlungen werden. Seine Truppen werden an den Strand gespült und begehen, dem Tod und dem Krieg entronnen, eine triumphale Siegesfeier – die immer mehr zum entfesselten Rausch wird, zu einer Schicksalskatastrophe, während der Othellos Untergebener Jago den anfänglichen, alkoholisch enthemmten Badespaß zum tödlichem Ernst eskalieren lässt ... denn Jago, voller Hass auf Othello, kennt den Schmelzpunkt militärischer und gesellschaftlicher Disziplin. Hierarchie und Gefühlsvereinbarungen geben keine Sicherheit mehr. Gehorsam, Disziplin und Treue trüben sich zu einem blutigen Chaos aus Hass, Eifersucht, Begierde, Lüge und Schwäche.

 

Zum Stück:

Sascha Hawemann bringt die Geschichte von Jago und Othello nicht nur als Geschichte von Intrigen und Eifersucht auf die Bühne; denn Shakespeare schrieb seine großen Tragödien vor dem Hintergrund einer zwar glänzenden, aber in ihrer geltenden Ordnung zerbrechenden Welt. Das spiegelt sich in seinem „Othello“ mehrfach wider: Die Großmacht Venedig, eine Welt-Handelsmacht des Renaissance-Zeitalters, und die gesamte christliche Welt sieht in der zunehmenden Präsenz der Türken im Mittelmeerraum das alte Bild von Europa gefährdet. Gleichzeitig wächst der Wohlstand, in Europa beginnt man mit dem Amerika-Handel, Venedig definiert sich über Reichtum und wird von Söldnerheeren verteidigt, die aus den besetzten Gebieten stammen, die bis nach Nordafrika reichten. Einer dieser zu hohem Ansehen gelangten Afrikaner ist der Offizier Othello.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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