Mit Arbeiten und Beiträgen von: Karo Akpokiere, Nevin Aladağ, Anonymous Stateless Immigrants, bankleer, Mirko Borscht, Hamze Bytyci, Danica Dakić, Harun Farocki, Hajusom, Manaf Halbouni, Alfredo Jaar, Sven Johne, Leon Kahane, Thomas Kilpper/Massimo Ricciardo, Reinhard Kleist, Daniel Knorr, Hans-Werner Kroesinger, Birgit Auf der Lauer & Caspar Pauli, metroZones, Hakan Savaş Mican, Ersan Mondtag, Marina Naprushkina, Sebastian Nübling, Emeka Ogboh, Refugee Club Impulse, TALKING STRAIGHT, Maria Walcher, We Will Rise, Wermke/Leinkauf, Zentrum für Politische Schönheit, Tobias Zielony, Studierenden der Bauhaus-Universität Weimar und vielen weiteren Beteiligten
Nachdem sich der erste Berliner Herbstsalon 2013 mit den Fragen von Identität, Nation und Herkunft beschäftigt hat, widmet das Gorki die zweite Ausgabe dem Thema Flucht. Berlin ist seit Jahrhunderten durch und mit Flüchtenden gewachsen. Auch die Ankommenden der letzten Monate sind schon jetzt nicht mehr aus dem Gefüge der Stadt wegzudenken und werden in den kommenden Jahren dieses Land weiter verändern. Während die politische Berliner Republik über das Vermeiden von Fehlanreizen diskutiert und sich über Abwehr statt Aufnahme streitet, ist die Realität in der Stadt längst eine andere. Die Widersprüche werden immer offensichtlicher.
Im Zentrum des Herbstsalons steht das Theaterprojekt In unserem Namen von Hausregisseur Sebastian Nübling. (Premiere am 13.November). Unter dem Eindruck der Refugee-Proteste in Österreich schrieb Elfriede Jelinek 2013 „Die Schutzbefohlenen“ in Anlehnung an Aischylos‘ Tragödie „Die Schutzflehenden“. Eindringlich formuliert sie darin die Situation Fliehender. Sebastian Nübling bringt in seiner Inszenierung Jelineks Text mit Aischylos in Kontakt und stellt die poetische der aktuellen politischen Sprache gegenüber. Ein vielsprachiges Ensemble trägt die Frage, wer was in unserem Namen sagt und tut, in den demokratischen Raum der alten Singakademie.
Bildende Künstler*innen und Performance-Künstler*innen zeigen rund um das Maxim Gorki Theater, im Palais am Festungsgraben und im Studio Я über 26 Arbeiten: Die extra für den Herbstsalon produzierte Neufassung der Installation Eine Ästhetik zum Widerstand, 1992, von Alfredo Jaar thematisiert die Aggression gegenüber Geflüchteten in Deutschland. Die Neonschriftzüge mit deutschen Städtenamen, in denen es in den 1990er Jahren Anschläge auf Asylbewerberheime oder Attacken gegen Ausländer gab, werden um Orte ergänzt, die 2015 für Angriffe gegen Flüchtlingsunterkünfte stehen. In der Installation RADIO 0-3-0, 2015, versammelt Emeka Ogboh (Teilnehmer der 56. Biennale di Venezia) in einem Radioprogramm u. a. Nachrichtenbeiträge, Musik und Interviews. Sie vermitteln einem einerseits den Eindruck, was es heißt, ein Flüchtling in Berlin zu sein und andererseits, wie die Stadt darauf reagiert. Die Künstlerin und Aktivistin Marina Naprushkina beschäftigt sich in Dead Souls /German Money and Politics in the World (2014) und Refugees‘ Library (seit 2013) mit den bürokratischen, politischen und wirtschaftlichen Zusammenhängen von Fluchtbewegungen. Dead Souls stellt die EU-Grenzen und die zentralen Regelungen zum Thema Asyl- und Migrationspolitik grafisch dar. Refugees‘ Library ist eine Sammlung von zeichnerischen Gerichtsprotokollen, die die Künstlerin in zahlreichen Anhörungen von Asylsuchenden gemacht hat. Was es bedeutet, wenn man die Sprache des anderen nicht versteht, ist der Ausgangspunkt des Performance-Kollektivs Talking Straight, das mit einer völlig erfundenen „Fremdsprache“ arbeitet. Für den Herbstsalon lädt es das Publikum zu einem Trainingsseminar für eine neue Willkommenskultur im Einwanderungsland Deutschland. Tobias Zielony (Deutscher Pavillon der 56. Biennale di Venezia) zeigt beim Berliner Herbstsalon die eigens dafür entwickelte Installation Monument Man Berlin, eine vielschichtige Arbeit, die ein weites Netz von historischen Bezügen spannt. Von George Clooney, der im Palais am Festungsgraben einen Film über Raubkunst gedreht hat, zu den Konzepten des Humboldt-Forums, bis zu deutschen Panzern im Sudan und Nestlécafé.
Das aus der Berliner Refugeebewegung entstandene Kollektiv We Will Rise, gibt mit einer Archiv-Ausstellung über Proteste der sozialen Bewegung von Geflüchteten eine Plattform, indem es einen Raum für Reflexion und Austausch schafft. Zusätzlich werden 25 Kunststudent*innen der Bauhaus-Universität Weimar während der zwei Wochen Interventionen und performative Installationen in und um das Gorki entwickeln.
Ergänzt wird der 2. Berliner Herbstsalon durch Lecture-Performances, Film-Screenings und Podiumsdiskussionen. Zum Beispiel beschäftigt sich metroZones mit den Möglichkeiten einer partizipativen Kartografie der Flucht in Berlin. Oder es diskutieren u. a. Matthias Lilienthal, Amelie Deuflhard und Shermin Langhoff in der Podiumsdiskussion Kunst als 5. Gewalt über Grenzen von Kunst und Politik.
Eröffnung des 2. Berliner Herbstsalons am 13. November, um 18:00 Uhr
Öffnungszeiten: Fr./ Sa., 14–24 Uhr; So.–Do., 14–20 Uhr
Orte: Palais am Festungsgraben, Maxim Gorki Theater + Umgebung
Eintritt frei, außer für die Inszenierung von In unserem Namen (16/ erm. 8 EUR) und Gastspiele (5/ erm. 3 EUR)
Organisiert von Shermin Langhoff mit Aljoscha Begrich, Çağla İlk und Antje Weitzel. Produktionsleitung: Anja Lindner Projektassistenz: Claire Spilker
www.gorki.de/spielplan/festivals/zweiter-berliner-herbstsalon/
Der 2. Berliner Herbstsalon wird gefördert durch die Stiftung Mercator, die Bundeszentrale für politische Bildung, die Allianz Kulturstiftung, Theater findet Stadt e.V. und das Nationale Performance Netz (NPN). Das Projekt In unserem Namen mit einem umfangreichen Begleitprogramm wird gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes.
Medienpartner: radio eins / Mit freundlicher Unterstützung von Monopol – Magazin für Kunst und Leben / Das Gorki ist Teil des Netzwerkes My Right Is Your Right