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25 Jahre Intendanz Walter Ullrich an der Landesbühne Rheinland-Pfalz, Neuwied

Seit einem Vierteljahrhundert hat Walter Ullrich die Intendanz der Landesbühne Rheinland-Pfalz inne – Grund genug für einen kurzen Rückblick auf die Geschichte dieses Theaters:

Das erste feste Theater der Stadt Neuwied entstand 1777 als „Neuwieder Nationaltheater“ im Komödienhaus am Marktplatz. Hier wurde gleich zu Beginn das damals zehn Jahre alte Stück „Minna von Barnhelm“ eines gewissen "Herrn Lessing“ aufgeführt. Doch bereits 1778 musste dieses Theater wegen gesellschaftlicher Querelen und finanzieller Schwierigkeiten geschlossen werden.

 

Seit 1859 durfte im Schlosstheater für die Öffentlichkeit gespielt werden, allerdings nur mit Genehmigung des Fürsten zu Wied. So geschah es, dass die Spielzeit 1861 / 62 schon im März, nach dem Tod des Prinzen Otto zu Wied, abgebrochen werden musste. Noch bis Januar 1866 wurde im Schlosstheater Oper, Operette und Schauspiel gegeben, dann viel für längere Zeit zum letzten Mal der Vorhang.

 

Erst das Jahr 1938 wurde für die Neuwieder Theatergeschichte wieder interessant. In diesem Jahr wurde in Koblenz das „Westmark Landestheater“ gegründet. Zunächst gehörte Neuwied nur zu den Spielorten dieser 1940 auf den Namen „Landestheater Moselland“ umbenannten Bühne. Träger des Unternehmens war die Stadt Koblenz. Unter der Intendanz von Richard Friedel arbeiteten fünf Ensembles gleichzeitig, um der zusätzlichen Aufgabe als Fronttheater gerecht zu werden.

 

Am 1. September 1944 wurden sämtliche Theater in Deutschland geschlossen. Unmittelbar nach Kriegsende jedoch entstand auf hartnäckiges Betreiben Richard Friedels die „Städtische Landesbühne Koblenz“, welche schon in der Spielzeit 1946 / 1947 wieder mit zwei Ensembles aufspielte und „jedem Ort der Provinz Rheinland-Hessen-Nassau einen Spielplan versprach, der sich sehen lassen“ konnte.

 

Die Währungsreform 1948 brachte eine neue Belastungsprobe, und so gab die Stadt Koblenz, die noch ein Stadttheater zu finanzieren hatte, die Trägerschaft der Landesbühne auf. Die schnelle und weitsichtige Reaktion des Intendanten Friedel gemeinsam mit dem damaligen Bürgermeister von Neuwied, Wilhelm Schweizer, besiegelte die Übernahme als Landesbühne Rheinland-Pfalz mit Sitz in Neuwied am 15. März 1949. Spielstätte war zunächst das Gildenhaus, dann das Heimathaus, später das Metropol-Kino.

 

Im Jahre 1963 beendete der Tod Friedels eine überaus erfolgreiche Epoche des Neuwieder Theatergeschehens. Neuer Intendant wurde Conrad Dahlke. Trotz künstlerischer Erfolge stagnierten Besucher- und Abstecherzahlen. Dies nahm die Stadt Neuwied zum Anlass, sich von der Landesbühne zu trennen. Zum Ende der Spielzeit 1975 / 1976 erhielten Dahlke und sein künstlerisches Ensemble die Kündigung.

 

Dank der schnellen, beherzten Initiative einiger Bürger wurde daraufhin 1976 die neue Landesbühne als „gemeinnützige GmbH“ gegründet mit einem „neuen alten“ Platz in der Stadt: dem Schlosstheater. Nach zweijähriger Umbauzeit wurde das Theater am 20. Februar 1978 mit „Minna von Barnhelm“ wiedereröffnet.

 

Zu Beginn der Spielzeit 1979 / 1980 wurde Walter Ullrich Intendant der Landesbühne Rheinland-Pfalz. Bis dato leitete Ullrich bereits seit 21 Jahren das von ihm gegründete Kleine Theater Bad Godesberg. Zwischen beiden Häusern initiierte er nun eine enge Kooperation, die in künstlerischer wie auch in ökonomischer Hinsicht vorteilhaft war.

 

Auf ein festes Ensemble verzichtet Ullrich. Lieber arbeitet er mit Gästen, um alle Stücke absolut rollengerecht besetzen zu können.

 

Unter Ullrichs Leitung reicht die Bandbreite des Schauspiels von der Klassik bis zur Moderne, von der Tragödie bis zur Komödie. So finden sich in der eben begonnenen Spielzeit Tschechows „Möwe“ auf dem Spielplan und Shakespeares „König Heinrich VIII.“, in welchem der Hausherr selber die Titelrolle spielt. Im modernen Segment sind zwei Stücke von Eric-Emmanuel Schmitt zu sehen: „Oscar und die Damen in Rosa“ und „Monsieur Ibrahim oder die Blumen des Koran“. Daneben gibt es Komödien in prominenter Besetzung, etwa „Kennst Du mich noch?“ mit Heide Keller und Claus Wilcke oder „Hier sind Sie richtig!“ mit Edith Teichmann.

 

Auch das Kindertheater hat im Rahmen eines Kinder-Abos seinen festen Platz im Spielplan, denn die Kinder sind – das betont Ullrich immer wieder – das Erwachsenenpublikum von morgen.

 

Seit Frühjahr 2005 existiert zudem eine neue Spielstätte in den Räumen der erst kürzlich errichteten Werkstatt. Hier finden Studioproduktionen statt, die insbesondere Jugendliche ansprechen sollen wie „Die weiße Rose“, „Norway Today“ oder „Kindsmord“.

 

Im Schlosstheater Neuwied werden jedes Jahr über 200 Vorstellungen gegeben. Dabei wird eine durchschnittliche Platzausnutzung von 96% erreicht. Außerdem verkauft die Bühne pro Spielzeit zwischen 200 und 250 Gastspiele, zum Teil weit über die Grenzen ihres Bundeslandes hinaus.

 

 

 

Marcel Krohn

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