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Badisches Staatstheater Karlsruhe: Klassiker der Moderne - Ein Ballettabend mit Werken von George Balanchine, Hans van Manen und Uwe Scholz

Premiere: Samstag, 13. März 2010, 19.30 Uhr | Opernhaus

 

„Symphony in C", Choreografie: George Balanchine

„Adagio Hammerklavier", Choreografie: Hans van Manen

„Klavierkonzert Es-Dur" („Jeunehomme-Konzert"), Choreografie: Uwe Scholz

„Symphony in C"

Choreografie: George Balanchine | Musik: Georges Bizet (Sinfonie Nr. 1 C-Dur) | Kostüme: Vladimir Klos | Einstudierung: Paul Boos

 

George Balanchine hat wie kaum ein anderer das Ballett auf neue Wege geführt. Er wurde 1904 in St. Petersburg geboren und zum Tänzer ausgebildet, verließ aber 1924 während eines Gastspiels illegalerweise seine Heimat. Er begegnete Sergei Diaghilev in London und wurde als Tänzer und Choreograf Mitglied der Ballets Russes. Zehn Jahre später ging George Balanchine nach New York, wo er mit Lincoln Kirstein die School of American Ballet und das New York City Ballet gründete. Noch heute ist das NYCB neben dem American Ballet Theatre die führende Ballettcompagnie der Vereinigten Staaten, für das George Balanchine bis 1983 lebte und arbeitete.

 

Balanchines Arbeit markiert einen Wendepunkt in der Ballettgeschichte. Erstmals führte ein Choreograf den Tanz gewissermaßen in die Unabhängigkeit. Die Bewegungskunst als solche war für ihn ausreichend, Handlung nicht mehr notwendig, keine überflüssigen Kostüme oder Ausstattungen im Bühnenraum lenken von der Kunst des Choreografen und der Tänzer ab. Seine Choreografie „Symphony in C" zu Georges Bizets' Sinfonie Nr. 1 C-Dur wurde 1947 unter dem Titel „Le palais de cristal" in eben diesem Stil in Paris uraufgeführt.

Der Aufbau von „Symphony in C" kann einer Choreografie Petipas gegenübergestellt werden. Nur findet man bei Balanchine in diesem Fall keine Handlung. Das „Ballet à grand spectacle", wie es bis dahin auf den Bühnen zu sehen war, wurde durch eine kristallklare neoklassische Anordnung der Reduktion ersetzt, beinahe frech – aber eben mit viel Stil.

 

Für die Einstudierung von Balanchines „Symphony in C" ist Paul Boos aus New York angereist. Paul Boos wurde nach seiner Ausbildung zum Tänzer bereits mit 18 Jahren an das New York City Ballet engagiert, wo er u. a. mit George Balanchine und Jerome Robbins arbeitete. Paul Boos studiert seit 1992 weltweit Balanchines Ballette im Auftrag des George Balanchine Trust ein. Er zählt zu den gefragtesten Trainingsleitern der Balanchine-Technik.

 

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Adagio Hammerklavier"

Choreografie: Hans van Manen | Musik: Ludwig van Beethoven (Klaviersonate Nr. 29 B-Dur) | Bühne/Kostüme: Jean-Paul Vroom | Licht: Jan Hofstra | Einstudierung: Mea Venema

 

Der von Balanchine eingeschlagene Weg war für Hans van Manen Voraussetzung für sein Schaffen. Der 1932 geborene Niederländer, der bis heute seinen Wohnsitz in Amsterdam hat, war zunächst als Tänzer in der Compagnie von Sonia Gaskell, dann beim Niederländischen Opernballett und für kurze Zeit auch bei Roland Petit in Paris engagiert. Doch war sein herausragendes choreografisches Talent nicht lange zu übersehen. Er gründete gemeinsam mit Rudi van Danzig und Aart Verstegen das berühmte Nederlands Dans Theater, für das er die meisten seiner Stücke schuf. Trotz der starken Hinwendung zur Moderne ist für Hans van Manen die Tradition ein wichtiges Fundament seiner Arbeit. „Adagio Hammerklavier" zu Ludwig van Beethovens (Hammerklavier-)Klaviersonate Nr. 29 B-Dur gilt als eines seiner Meisterwerke. Hans van Manens Stücke haben im Vergleich zu denen George Balanchines einen ausgeprägten Sexappeal. Fast immer schwingt die Beziehung der Geschlechter als grundlegendes Thema mit.

 

Für die Einstudierung von „Adagio Hammerklavier" ist Mea Venema verantwortlich. Sie ist Hans van Manens Assistentin und arbeitet seit mehr als zwanzig Jahren mit dem niederländischen Choreografen zusammen. Viele seiner Stücke hat sie selber getanzt, von denen die meisten für sie kreiert worden sind. Mea Venema wurde mit 17 Jahren als Tänzerin an das Nederlands Dans Theater engagiert, das zu dieser Zeit von Hans van Manen und seinem Kollegen Benjamin Harkarvy geleitet wurde.

 

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„Klavierkonzert Es-Dur" („Jeunehomme-Konzert")

Choreografie: Uwe Scholz | Musik: Wolfgang Amadeus Mozart (Konzert für Klavier und Orchester Nr. 9 Es-Dur) | Kostüme: Uwe Scholz | Bühne/Licht: Michael Röger | Einstudierung: Tatjana Thierbach

 

Uwe Scholz wurde 1958 in Jugenheim geboren. Er erhielt seine Ausbildung an der John-Cranko-Schule in Stuttgart und an der School of American Ballet in New York. Als Choreograf zunächst in Stuttgart dann in aller Welt erfolgreich wurde er mit nur 26 Jahren als Ballettdirektor und Chefchoreograf erst nach Zürich und dann nach Leipzig berufen, wo er bis zu seinem Tode arbeitete. Obwohl er mehrere Ballettklassiker in zeitgemäßer Schlankheit sehr erfolgreich auf die Bühne gebracht hat, sind doch die abstrakten, die sinfonischen Ballette zu seinem Markenzeichen geworden. Die Genauigkeit, mit der er die Form einer musikalischen Komposition in eine Choreografische überträgt, ist beispielhaft. Der Abend „Klassiker der Moderne" schließt mit Uwe Scholz' Ballett „Klavierkonzert Es-Dur", welches ein „inneres Programm der Komposition" sichtbar werden lässt und das 1986 in Monte Carlo zu Wolfgang Amadeus Mozarts Konzert für Klavier und Orchester Nr. 9 Es-Dur uraufgeführt wurde.

 

Tatjana Thierbach ist Choreologin und studierte „Klavierkonzert Es-Dur" mit dem Ballett des Badischen Staatstheaters ein. Sie erhielt ihre Ballettausbildung an der Stuttgarter John-Cranko-Schule, studierte am Benesh Institute in London und machte dort den Abschluss zur Choreologin. 1993 engagierte Uwe Scholz sie ans Leipziger Ballett, wo sie seine Werke notierte und probte. Seit 1997 wurde sie mit der Einstudierung seiner Werke betraut und geht auch nach seinem Tod dieser Aufgabe nach.

 

Für alle drei Choreografen hatte die Musik einen besonderen Stellenwert. So tragen die für diesen Abend ausgewählten Werke alle auch den Titel der ihnen zugrunde liegenden Komposition. Es lässt sich mit diesem Abend ein Stück Tanzgeschichte des 20. Jahrhunderts erleben. Sowohl Uwe Scholz als auch Hans van Manen führten und führen auf höchstem Niveau das Erbe Balanchines fort.

 

Solisten und Ballettensemble des Badischen Staatstheaters, Studierende der Akademie des Tanzes Mannheim,

Badische Staatskapelle

 

 

Weitere Vorstellungen: 17.3. und 5.4.2010

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