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«Biedermann und die Brandstifter» von Max Frisch, Theater Bern

Premiere Sa, 29. März 2014, Stadttheater, 19:30 Uhr. -----

Fabrik- und Eigenheimbesitzer Gottlieb Biedermann: Seine herzkranke Frau verträgt keine Aufregung; ein langjähriger Mitarbeiter fordert unverschämterweise seinen Anteil an der Erfindung des Haarwassers «Hormoflor».

Und vor allem hat er Angst, Opfer eines Brandanschlags zu werden. Eines Tages bittet ein gewisser Herr Schmitz um Obdach, und Biedermann ist schwach genug, diesem in einer Anwandlung von Grosszügigkeit seinen Dachboden als Schlafquartier anzubieten.

In der Folge ignoriert er mit grosser Konsequenz alle Anzeichen dafür, dass dort oben einer jener Brandstifter haust, von denen er täglich in der Zeitung Horrormeldungen liest. Nicht nur, dass er das Auftauchen eines zweiten Kumpans toleriert, Biedermann will förmlich nicht die Benzinfässer sehen, die

bald auf seinem Dachboden auftauchen, assistiert sogar beim Anbringen der Lunte und weiss sich am Ende nicht anders zu helfen, als zu versuchen, die beiden Brandstifter mit einem Gänsebraten zu korrumpieren. Was natürlich schief geht – denn Freundschaft lässt sich nicht mit Schwäche erzwingen.

Und all das tut Biedermann nur aus Angst, als das wahrgenommen zu werden, was er in Wirklichkeit ist: ein humorloser, ängstlicher Spiesser, der sich von allem, was anders und fremd ist, ins Bockshorn jagen lässt. Die Methode der beiden Brandstifter: Mit Unterwürfigkeit erschleichen sie erst sich einen Platz

im Haushalt Biedermanns, der sich darin sonnen kann, besser, weniger misstrauisch als andere zu sein, und mit der Frechheit desjenigen, der die wunden Punkte des Gegenübers erkannt hat, behaupten sie dann diesen Platz. Eine wahrhaft explosive Mischung, die am Ende zwangsläufig in die Luft fliegen

muss.

Schon der Name des Protagonisten ist Programm in dieser Parabel auf die unheilvollen Seiten im Wesen des Bürgers. Frischs «Lehrstück ohne Lehre» von 1957 überrascht durch seinen grotesken Humor und ist auch 56 Jahre nach Entstehen ein schmerzlicher Blick in den Spiegel, in dem sich ein Teil der

bürgerlichen Mentalität schonungslos offenbart.

Regisseurin Claudia Meyer, geboren in Kleinmachnow, studierte von 1992-1996 an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin. Bereits vor ihrem Studium war sie als Regieassistentin am Teamtheater München tätig. Es folgte ein Engagement am Hans-Otto-Theater Potsdam. 1999 war sie am Theater Akròama in Cagliari engagiert. Daneben spielte sie in verschiedenen Filmen, u.a. Die Kette von Bettina Blümer. Seit 2000 ist Claudia Meyer festes Ensemblemitglied am Deutschen Nationaltheater Weimar, wo sie u.a. das Gretchen in der mit dem Bayerischen Theaterpreis ausgezeichneten Inszenierung von Goethes Faust I spielte und mit den Regisseuren Hartmut Wickert, Grazyna Dylag, Felix Ensslin, Stephan Märki und Michael Simon arbeitete. Mit den Inszenierungen Die Zahl der Liebe ist

Drei, ein Projekt mit Texten von Fernando Pessoa (2004) und der Uraufführung von Helmut Kraussers Diptychon (2005) gab Claudia Meyer am DNT Weimar ihr Regiedebüt, wo sie seit 2008 als Hausregisseurin arbeitet. Weitere Inszenierungen dort waren Goethes Torquato Tasso, Bérénice von Jean Racine, Hamlet - no roof access nach B. M. Koltès und Heiner Müller, die Uraufführung von Jörg-Michael Koerbls Stück Gefährliche Menschen, Brechts Dreigroschenoper, Wittgensteins Neffe nach Thomas Bernhard, Die Wahlverwandtschaften nach Goethe und unter dem Titel Kluck-Labor I - IV vier

Stücke von Oliver Kluck, sowie Elfriede Jelineks Winterreise.

Regie Claudia Meyer

Ausstattung Aurel Lenfert

Dramaturgie Karla Mäder

Musikkomposition Michael Wilhelmi

Chor ensemble ardent

Chorleitung Patrick Secchiari

Gottlieb Biedermann Stéphane Maeder

Babette, seine Frau Milva Stark

Anna, das Dienstmädchen Henriette Blumenau

Schmitz, ein Ringer Jürg Wisbach

Eisenring, ein Kellner Jonathan Loosli

Weitere Vorstellungen: 05., 15. Apr. | 02., 06., 14., 15., 22., 23. Mai 2014,

Einführung 30 Min. vor Vorstellungsbeginn (ausser Premiere)

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