Wie weit würden Sie für eine Milliarde Schweizerfranken gehen? Würden Sie jemanden ermorden? Bestimmt nicht. «Lieber bleiben wir arm denn blutbefleckt», erklärt denn auch der Bürgermeister von Güllen, als das Provinzkaff die Aufforderung erhält, im Gegenzug für die astronomische Summe den rechtschaffenen Mitbürger Alfred Ill zu töten. Das unmoralische Angebot stammt von der Multimillionärin Claire Zachanassian, geborene Kläri Wäscher, die nach Jahren im Ausland in ihre alte Heimat Güllen zurückkehrt und nach Rache dürstet. Rache an Ill, der sie einst geliebt, dann verraten, diffamiert und zur Flucht aus dem Dorf gezwungen hatte.
In Güllen stösst die Zachanassian mit Ihrem Mordauftrag zunächst auf Ablehnung, schliesslich gehört Alfred Ill zu den beliebtesten aller Mitbürger und ausserdem befindet man sich hier in einer Stadt mit humanistischer Tradition. Goethe hat hier übernachtet. Brahms ein Quartett komponiert. Doch eben diese glorreichen Tage sind vorbei; Güllen ist zur tiefsten Provinz verkommen, die Fabriken sind geschlossen und die Züge donnern ohne anzuhalten durch den kleinen Bahnhof. Noch während sich die verarmten Einwohner von dem Angebot distanzieren, beginnen sie, der Macht des versprochenen Geldes zu erliegen. Neue Annehmlichkeiten werden auf Kredit gekauft, Schulden angehäuft und irgendeinmal gibt es für die Dorfgemeinschaft kein Zurück mehr. Einer für alle oder alle für einen?
Mit dem «Besuch der alten Dame» gelang Friedrich Dürrenmatt (1921 - 1990) der internationale Durchbruch als Dramatiker. Die tragische Komödie, die 1956 am Schauspielhaus Zürich uraufgeführt wurde, ist ein bösartig-groteskes Gedankenspiel über die verführerische Macht des Geldes und die Schwierigkeit menschlichen Handelns in einer Welt, in der alles seinen Preis hat. Eine rabenschwarze und äusserst unterhaltsame Studie über die Schwäche der sogenannten Mitmacher, bürgerliche Moral und die Tücken der Gerechtigkeit. Bewohner des Schweizer Mittellandes können die unheimlichen Ähnlichkeiten zwischen Güllen und der ei-genen Heimat kaum ausblenden, Inspiration für Güllen und seine Einwohner war schliesslich eine Zugfahrt von Neuchâtel nach Bern und die Seeland-Dörfer Ins und Kerzers.
Die Rolle der Claire Zachanassian gehört zu den Paradepartien für Schauspielerinnen, Barbra Grimm, «Grande Dame» des Theater Orchester Biel Solothurn, wird sie in Biel und Solothurn verkörpern. Alfred Ill wird gespielt von Mario Gremlich, gerne gesehener Gast bei TOBS, der diese Saison gleich für mehrere Produktionen engagiert werden konnte. Regie führt TOBS-Schauspieldirektorin Katharina Rupp.
Inszenierung Katharina Rupp
Bühne und Kostüme Cornelia Brunn
Dramaturgie Adrian Flückiger
Claire Zachanassian Barbara Grimm
Der Butler Lou Elias Bihler
Alfred Ill Mario Gremlich
Der Bürgermeister Christian Dieterle
Der Pfarrer / Der Vierte Dimitri Stapfer
Der Lehrer / Der Erste Tim Mackenbrock
Die Ärztin / Die Zweite / Journalistin Atina Tabé
Der Polizist Jan-Philip Walter Heinzel
Zugführerin / Die Dritte u.a. Natalina Muggli
Frau Ill Milena Zaharieva Esposito*
Bürgerin, Bürger u.a. Margot Pfluger*, Franz Grimm*, Sam Kuenti*
* Statisterie Theater Orchester Biel Solothurn
Dauer: ca. 150 Minuten (inkl. Pause)
Werkeinführung jeweils 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn
Vorstellungsdaten
Solothurn, Stadttheater
Fr 04.09.15 19:30 Premiere
Do 10.09.15 19:30
Mi 23.09.15 19:30
Fr 02.10.15 19:30
Sa 10.10.15 19:00
Mi 04.11.15 19:30
Di 17.11.15 19:30
Biel, Stadttheater
Di 13.10.15 19:30 Premiere
Do 15.10.15 19:30
Fr 23.10.15 19:30
Mi 11.11.15 19:30
Sa 28.11.15 19:00
Auswärtige Vorstellungen
Mi 21.10.15 19:30 Stadttheater Olten
Do 22.10.15 10:30 Stadttheater Olten
Di 10.11.15 20:00 Stadtsaal Zofingen
Do 03.12.15 20:00 Casino-Theater Burgdorf
Do 14.01.16 20:00 Stadttheater Langenthal