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"Der Geizige" von Molière im Schauspielhaus Hamburg

Premiere am 23.11.06 um 20.0 Uhr.

Geiz ist geil. VOLKSMUND

Geld regiert die Welt? Der ökonomische Sachverhalt hat eine seelische Konnotation. Die Psychoanalyse hat sich eingehend mit dem Phänomen des Geizes auseinandergesetzt; im Reich der Trivialmythen ist die Position des Geizigen von Dagobert Duck besetzt.

Einen frühen Prototyp schuf im 17. Jahrhundert Jean-Baptiste Poquelin, der sich Molière nannte. Die Geschichte ist schnell erzählt. Harpagon, ein reicher Geizhals, will zwecks Mehrung seines Reichtums bzw. zur Vermeidung unnötiger Kosten seine Tochter und seinen Sohn nach seinen Vorstellungen verheiraten. Seine Tochter Elise hat er einem Alten versprochen, der auf eine Mitgift verzichtet, seinen Sohn Cléante »einer gewissen Witwe«. Er selbst trägt sich mit dem Gedanken, eine junge Frau zu heiraten, die, da aus verarmter Familie stammend, seinen Besitz nur mit bescheidenen Ansprüchen belasten wird. Soweit seine finanzstrategischen Planungen für das Liebesleben: ein Hedge-Fonds gegen emotionale Risiken. Ergänzt wird das Feld seiner geschäftlichen Tätigkeiten durch das Verleihen von Geld; dabei entwickelt er ganz ausgefeilte Techniken zur Vermehrung seines eigenen Reichtums. Empfindungslos ist er freilich nicht: Eine tiefsitzende Angst vor Verlust und Diebstahl durchzieht seine sämtlichen Lebensäußerungen. Natürlich hat er seine Rechnungen ohne die Jungen gemacht. An deren Interessen zerschellen seine Kalkulationen. Denn seine Kinder haben ihre Lektion gelernt und verbinden mit großem Geschick ihre erotischen und ihre finanziellen Interessen. Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung stehen plötzlich Vater und Sohn als Gläubiger und Schuldner einander gegenüber: der Vater unter schamloser Ausnutzung der Notlage seines Sohnes und der wiederum mit einer gewagten Finanzkonstruktion zu Lasten seines Vaters. Ivo van Hove interessiert sich natürlich weniger für die historische Typenkomödie als für einen gegenwärtigen Stoff. Auf dem Schlachtfeld der materiellen Interessen, die hier aufeinanderprallen, werden die Umrißlinien der Kombattanten schärfer – und gleichgewichtiger – nachgezeichnet, das Gut-Böse-Schema realistisch eingedunkelt. Wir blicken auf eine leichtsinnige Welt ohne Großzügigkeit. Denn: Geld regiert die Welt.

Regie: Ivo van Hove
Bühne und Kostüme: Jan Versweyveld
Musik: Marc Meulemans
Dramaturgie: Bart van den Eynde, Michael Propfe
Mit: Marion Breckwoldt, Katja Danowski, Tim Grobe, Ute Hannig, Felix Kramer, Philipp Otto, Klaus Rodewald, Lutz Salzmann, Samuel Weiss



Vorstellungen:

27.11.2006 19.30
01.12.2006 20.00
16.12.2006 20.00
25.12.2006 20.00

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