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"Der Idiot" nach dem Roman von Fjodor Dostojewskij im Schauspiel Stuttgart

Premiere: 28. Februar 2015, 20:00 Uhr, Kammertheater. -----

Er ist ein „wahrhaft guter Mensch“: offen, zuvorkommend, ohne Hintergedanken. Und gerade deshalb halten ihn alle nur für eins: Für einen Idioten. Fürst Myschkin befindet sich auf der Rückreise von seinem Schweizer Sanatoriumsaufenthalt nach Petersburg. Seine Epilepsie scheint geheilt – und guten Mutes begibt er sich in die Welt, die fortan auf ihn einprasselt.

Myschkin geht auf die Menschen zu und irritiert sie mit seiner naiv-guten Art so sehr, dass er statt Offenheit und Anerkennung nur Spott und Ablehnung erntet. Die Reisebekanntschaft des Fürsten mit dem Kaufmann Rogoschin steht am Beginn tragischer Beziehungsgeflechte, in denen er sich fortan verfängt. Myschkin verehrt die wunderschöne Nastassja, die Rogoschin liebt, aber nicht haben kann. Die Begegnung mit der jungen Aglaja stürzt Myschkin tiefer in ein Liebeschaos, das seine Welt aus den Fugen stößt. Je mehr er sich für andere einzusetzen versucht, umso mehr entgleitet ihm die Welt. Umso mehr steuert er auf die Katastrophe zu. In seiner Güte, Unschuld und Demut ist Myschkin das Gravitationszentrum, das alles um ihn herum in Aufruhr bringt.

Ich denke, ein wesentlicher Aspekt dieses chaotischen Ringens um einen Weltentwurf ist die Gültigkeit einer Haltung, die dann aber so grundsätzlich widerlegt wird, dass man – gerade dem Chaos entronnen – erneut im Chaos versinkt. Man kommt bei Null an, auf Seite 574. Die Freiheit der Figuren wendet sich gegen sie, gegen den eigenen Vorteil. Ich glaube, das hat Dostojewskij als „menschlich“ bezeichnet: Dieser irrationale, paradoxe Wesenzug, der den Menschen von einer Klaviertaste unterscheidet. Und vielleicht ist ja Myschkin die Verkörperung dieses Prinzips, was eine wunderbare Vorstellung wäre: der vollkommene und schöne Mensch stürzt die Welt, die ihm begegnet, ins Chaos. Und was übrig bleibt, ist ewiges Gelächter.

Martin Laberenz

Regie: Martin Laberenz

Bühne: Volker Hintermeier

Kostüme: Aino Laberenz

Musik: Friederike Bernhardt

Dramaturgie: Katrin Spira

Besetzung:

Manolo Bertling, Matthias Breitenbach, Christian Czeremnych, Caroline Junghanns, Manja Kuhl, Peter René Lüdicke, Abak Safaei-Rad, Susanne Schieffer, Christian Schneeweiß, Paul Schröder, Friederike Bernhardt

So., 01.03.2015

20:00 Uhr

Mi., 04.03.2015

20:00 Uhr

Do., 05.03.2015

20:00 Uhr

Zum letzten Mal in dieser Spielzeit

Fr., 06.03.2015

20:00 Uhr

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