Molières DER MENSCHENFEIND von 1666 stellt die philosophisch zeitlose Frage, ob die Lüge nicht auch wesenhafter und vitaler Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens sei.
Alcestes moralische und erzieherische Ansprüche sind hoch und so ist er ein Aussenseiter inmitten derer, welche die Kunst der Diplomatie und Lüge perfekt und routiniert beherrschen, weil genau diese ihr Überleben garantiert. In seinem Kopf konstruiert sich Alceste eine Welt, in der nur lebensberechtigt ist, wer weder Verstellung noch Eitelkeit kennt und das sind genau genommen nur zwei: nämlich er
selbst und die schöne Célimène, die er liebt und von der er, der Menschenverächter und -verbesserer, sich allzu bereitwillig korrumpieren lässt. Sein Traum von einer bedingungslos ehrlichen Welt ohne
Kompromisse muss unerfüllt bleiben und entlarvt Alceste in seinen überzogenen Ansprüchen als masslos, lächerlich und unglaublich komisch.
Wie viel Wahrheit ist zumutbar bzw. erträglich? Die Frage, ob die Lüge nicht Makel, sondern wesenhafter Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens ist, wird bei Molière zum Stoff für eine Komödie. Der Autor selbst spielte 1666 bei der Uraufführung von „Le Misanthrope“ im Pariser Palais Royal die Rolle des Alceste. Angesichts des starren Hofzeremoniells der damaligen Zeit, in dem Individualität wenig Raum hatte, hat seine mutige Forderung nach bedingungsloser Offenheit viel Anstoss erregt.
In einer Inszenierung von Barbara Frey, die sich zum ersten Mal als Regisseurin mit Molière beschäftigen wird, wird die Komödie im Pfauen zu erleben sein. Barbara Frey war nach Arbeiten u.a. am Theater Neumarkt, am Nationaltheater Mannheim und am Deutschen Schauspielhaus Hamburg von 1999 bis 2001 Hausregisseurin an der Schaubühne am Lehniner Platz Berlin, 2005 bis 2008 in gleicher Funktion am Deutschen Theater Berlin. Wiederholt inszenierte sie am Theater Basel, am Bayerischen Staatsschauspiel in München („Onkel Wanja“ wurde 2004 zum Berliner Theatertreffen eingeladen), am Burgtheater Wien und bei den Salzburger Festspielen. Am Schauspielhaus Zürich führte sie 2005 bei Ibsens „John Gabriel Borkman“ und 2007 bei Schnitzlers „Reigen“ Regie. Seit der Spielzeit 2009/10 ist Barbara Frey Künstlerische Direktorin, seit 2011/12 Intendantin des Schauspielhauses Zürich. Seitdem waren hier in ihrer Regie Schillers „Maria Stuart“, Shakespeares „Was ihr wollt“, die Uraufführung „Malaga“ von Lukas Bärfuss, Marieluise Fleissers „Fegefeuer in Ingolstadt“, das Edgar Allan Poe-Projekt „A Dream Within a Dream“ und „Platonow“ von Anton Tschechow zu sehen. In der vergangenen Spielzeit inszenierte sie Büchners „Leonce und Lena“ und „Richard III.“ von William Shakespeare, zum Beginn der aktuellen Spielzeit Ibsens „Baumeister Solness“.
DER MENSCHENFEIND
von Molière
Deutsch von Jürgen Gosch und Wolfgang Wiens
Regie Barbara Frey
Bühne Bettina Meyer
Kostüme Esther Geremus
Licht Rainer Küng
Dramaturgie Thomas Jonigk
Mit:
Michael Maertens Alceste
Yvon Jansen Célimène
Thomas Loibl Philinte
Matthias Bundschuh Oronte
Olivia Grigolli Eliante
Gottfried Breitfuss Arsinoé
Siggi Schwientek Acaste
Christian Baumbach Clitandre
Samuel Braun Basquette
Iñigo Giner Miranda Pianospieler/Gardist
Weitere Vorstellungen im Pfauen
20. Januar, 15 Uhr
21./ 26./ 29./ 30. Januar, jeweils 20 Uhr
1. Februar, 20 Uhr
Weitere Vorstellungen sind in Planung.