1935 hatte Witha das Haus gemeinsam mit ihrem Ehemann Wolfgang einer jüdischen Familie abgekauft. Voller Erinnerungen steckt das Gebäude, Erinnerungen an Wolfgang, an Krieg, an ihre Republikflucht in den Westen 1953. Während Hannah an einem Referat über Vorbilder arbeitet und dafür ihren Großvater auswählt, der während der NS-Zeit eine jüdische Familien rettete, kommt eine Fremde, Stefanie, zu Besuch, um ‚zu stören’. Auch sie hat einmal in diesem Haus gelebt, macht Ansprüche geltend – moralischer und rechtlicher Art.
Die Konfrontation der Frauen wirft Fragen nach Schuld und Verdrängung auf. So wie die politischen Systeme in Deutschland von den 30ern bis in die 90er Jahre des 20. Jahrhun-derts im extremen Maße wechselten, so verschlungen zeigen sich auch die Lebenslinien aller beteiligten Personen. Allen gemeinsam ist die Flucht vor der eigenen Vergangenheit bzw. deren Mythologisierung. Doch wie lange lässt sich eine sorgsam aufgebaute Familienlegende aufrecht erhalten?
Marius von Mayenburg (Jahrgang 1972) verbindet mit raffinierten Zeitsprüngen Gewesenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges und verdichtet so knapp 60 Jahre deutscher Geschichte zu einem hochspannenden Familiendrama. Er gehört zu den wichtigsten deutschen Dramatikern und studierte „Szenisches Schreiben“ an der Hochschule der Künste in Berlin. Für seine mittlerweile über zehn Theaterstücke erhielt er u.a. den Kleist-Förderpreis für Junge Dramatiker und den Preis der Frankfurter Autorenstiftung. Seit 1999 arbeitet er als Dramaturg und Hausautor an der Schaubühne am Lehniner Platz, Berlin.
Der mazedonische Regisseur Slobodan Unkovski hat mit den Schauspielern ein konzentrier-tes Kammerspiel erarbeitet, in dem die Grenzen zwischen Realität und Lüge, Erinnerung und Mythos, Erlebtem und Erdachtem verwischen. Unkovski hat an zahlreichen Bühnen in den Ländern des ehemaligen Jugoslawien, in Italien, Russland, Belgien, den USA und in Griechenland inszeniert. Er gastierte bei der Theaterbiennale „Neue Stücke aus Europa“ in Wiesbaden mit „Schienen“ von Milena Marković (2004) und mit Dejan Dukovskis „Die andere Seite“ (2006). In der Spielzeit 2006/07 inszenierte er am Staatstheater Wiesbaden Biljana Sbrljanovićs Schauspiel „Heuschrecken“.
Inszenierung Slobodan Unkovski
Bühne und Kostüme Angelina Atlagic
Dramaturgie Carola Hannusch
Mit: Susanne Bard (Witha), Uwe Kraus (Wolfgang), Doreen Nixdorf (Heidrun), Eva-Maria Damasko (Hannah), Stefanie Hellmann (Mieze), Franziska Werner (Stefanie)
Weitere Vorstellungen:
Do 8.10. und Fr 16.10., jeweils 19.30 Uhr im Kleinen Haus