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Deutsches SchauSpielHaus Hamburg: "Ivanov" von Anton Čechov

Premiere 18/01/2020, 19.30 Uhr, SchauSpielHaus

„Was ist los mit mir?“, fragt Ivanov seinen Nachbarn Pavel Lebedev. Ivanov versteht sich selbst nicht mehr. Früher hat er sich sozial engagiert, ließ Schulen bauen, setzte sich für politische Reformen ein. Mittlerweile ist ihm das alles egal, das ganze Leben ist ihm egal, selbst die hohen Schulden, die sein Gut belasten, rütteln ihn nicht wach.

 

Copyright: Arno Declair

Einst hat er seine Frau Anna geliebt, die wegen dieser Liebe von ihrer jüdischen Familie verstoßen und enterbt wurde. Jetzt liebt er sie nicht mehr, kann sie nicht mehr lieben, obwohl er weiß, dass sie bald an Tuberkulose sterben wird. Genervt von den bedrückenden Verhältnissen zu Hause treibt es ihn abends aufs Nachbargut der Lebedevs. Zwischen deren Tochter Saša und ihm bahnt sich eine Liebelei an, doch sobald Ivanov mit ihr zusammen ist, möchte er allein sein, treibt es ihn wieder fort.

Ivanov quält eine ziellose Energie, eine seelische Leere. Das provoziert seine Umwelt, die er gleichermaßen fasziniert und abstößt, wobei sich hinter dieser Fixierung auf ihn verbirgt, was diese Gesellschaft selbst aushöhlt, unterminiert: Ivanovs psychische Labilität spiegelt die Kälte, die Aggression, den Egoismus und die Kopflosigkeit einer Welt, die Zukunftsängste plagen, die spürt, dass ein grundlegender Wandel notwendig wäre, sich aber überfordert fühlt, die die Orientierung verliert und so in der Hoffnungslosigkeit landet.

»Ivanov« ist Čechovs erstes Theaterstück, 1887 in Moskau uraufgeführt, ein Stück, das er liebte, auf das er über Jahre hinweg immer wieder zurückkam, das er komplett überarbeitete. Es hat schon all die Ingredienzien, die auch die Figuren seiner späteren Stücke zu Pionieren unserer Ängste, unserer Sehnsüchte, unseres Versagens machen. Die Größe Čechovs ist, dass er diese psychische Signatur ohne Überheblichkeit diagnostiziert, sie ist tragisch, sie ist komisch, sie ist menschlich. So, wie er in seiner typischen Lakonie bemerkt: „Keine Literatur kann in puncto Absurdität das wirkliche Leben übertreffen.“

Es spielen: Paulina Alpen, Lina Beckmann, Jonas Hien, Vlatko Kucan, Eva Mattes, Angelika Richter, Eva Maria Nikolaus, Bastian Reiber, Maximilian Scheidt, Ernst Stötzner, Devid Striesow, Aenne Schwarz, Samuel Weiss, Michael Wittenborn

Regie: Karin Beier
Kostüme: Astrid Klein
Mitarbeit Kostüm: Janin Lang
Mitarbeit Ausstattung: Selina Puorger
Musik: Jörg Gollasch
Licht: Annette ter Meulen
Choreografie: Thomas Stache
Dramaturgie: Rita Thiele

20/
01/Mo 19.30 SchauSpielHaus
24/
01/Fr 19.30 SchauSpielHaus / Einführung

01/
02/Sa 20.00 SchauSpielHaus
06/
02/Do 20.00 SchauSpielHaus / Einführung
23/
02/So 16.00 SchauSpielHaus
26/
02/Mi 20.00 SchauSpielHaus
07/
03/Sa 20.00 SchauSpielHaus
05/
04/So 18.00 SchauSpielHaus

 

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