Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Deutschsprachige Erstaufführung: "Atmen" von Duncan Macmillan, Schaubühne am Lehniner Platz BerlinDeutschsprachige Erstaufführung: "Atmen" von Duncan Macmillan, Schaubühne am...Deutschsprachige...

Deutschsprachige Erstaufführung: "Atmen" von Duncan Macmillan, Schaubühne am Lehniner Platz Berlin

Premiere 30.11.2013, 21.00 Uhr. -----

Die britische Regisseurin Katie Mitchell untersucht in ihrer Inszenierung private und globale Konflikte am Beginn des neuen Jahrtausends. Und setzt die Frage nach einem verantwortungsvollem Umgang mit unserem Planeten künstlerisch mit radikaler Konsequenz um: Erstmals erzeugen die Schauspieler den gesamten für die Aufführung benötigten Strom selbst.

Die Gegenwart. Ein Paar, er und sie, Ende zwanzig. Beide leben in einer großen Stadt, sind gut ausgebildet, haben interessante Jobs. Kaffee kaufen sie nur fairtrade, und grundsätzlich nichts in großen Ladenketten, sie schauen Arthouse-Filme im Original mit Untertiteln und lesen Bücher über aktuelle politische Themen. »Wir sind doch gute Menschen« – versichern sich beide immer wieder.

Auch das ist die Gegenwart. Mehr als 7 Milliarden Menschen bevölkern die Erde, jede Sekunde 2,6 mehr – bald 10 Milliarden. Nahrungs- und Trinkwasserbedarf, Energie- und Rohstoffverbrauch steigen, der Platz wird knapp. Globale Erwärmung, Naturkatastrophen und ein immer unberechenbareres Klima sind noch die harmloseren Folgen. Krisen und sogar Bürgerkriege um Wasser, Nahrung, Ressourcen sind gar keine allzu fernen Szenarien. Kann man in diese Welt einen Menschen setzen?

Der Kinderwunsch des Paares ist da, und die Konflikte folgen: »Ich könnte sieben Jahre lang jeden Tag nach New York und zurück fliegen, und mein CO2-Fußabdruck wäre immer noch nicht so groß, wie wenn ich ein Kind kriege. Zehntausend Tonnen CO 2 .« Die Uhr tickt, während beide diskutieren – und die Frage steht im Raum, was schnelleren Schaden nimmt, ihre Beziehung oder die Umwelt.

Katie Mitchell inszenierte 2011 mit »Ten Billion« einen beklemmenden Vortrag zwischen Theater und Naturwissenschaft des Zukunftsforschers Steven Emmott. Mit Duncan Macmillans neuem Stück untersucht sie private und globale Konflikte am Beginn des neuen Jahrtausends.

Kann man in diese Welt ein Kind setzen? Mehr als sieben Milliarden Menschen bevölkern die Erde, jede Sekunde 2,6 mehr. Rohstoff- und Wasserverbrauch steigen, der Platz wird knapp, Naturkata-strophen und Bürgerkriege um Nahrung, Platz, Ressourcen drohen. In Duncan Macmillans Theaterstück »Atmen« streitet ein Paar, beide westliche Großstädter, um den eigenen Kinderwunsch - und im Raum steht die Frage, was schneller Schaden nehmen wird, die Beziehung oder die Umwelt.

»Electric Pedals« nennt sich die Erfindung von Colin Tonks, mit der gleichmäßiger Strom mobil und unabhängig vom Stromnetz durch das Treten von Standfahrrädern, die mit einem Generator verbunden sind, erzeugt wird. Tonks, der auf diese Weise unter anderem ganze Kinovorführungen in Afrika bestreitet, baut nun auch die Fahrräder, auf denen sich Katie Mitchells Darsteller Lucy Wirth und Christoph Gawenda während der Aufführung buchstäblich bis zur Erschöpfung abarbeiten: an ihrer Beziehung, ihrem Kinderwunsch und der Frage nach einem verantwortungsvollen Umgang mit dem Planeten. Ob die selbsterzeugte Stromversorgung für Scheinwerfer, Tonpult und alle anderen Geräte der Inszenierung den selben Schwankungen und Brüchen ausgesetzt ist, wie das das Leben der beiden Figuren, bleibt abzuwarten.

Deutsch von Corinna Brocher

Regie Katie Mitchell

Bühne und Kostüme Chloe Lamford

Sounddesign Ben und Max Ringham

Dramaturgie Nils Haarmann

Licht Jack Knowles

Mit Christoph Gawenda, Lucy Wirth

02.12.2013, 20.00 Uhr

09.12.2013, 20.30 Uhr

19.12.2013, 20.30 Uhr

20.12.2013, 20.30 Uhr

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 16 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

STÜRMISCHE GLUT -- SWR Symphonieorchester unter Markus Poschner in der Liederhalle STUTTGART

Goethes "Egmont" inspirierte Ludwig van Beethoven im Jahre 1810 zu einer Schauspielmusik, die in keiner ihrer verschiedenartigen Nummern erkennen lässt, dass es sich dabei um ein Auftragswerk…

Von: ALEXANDER WALTHER

REIZVOLLE SPRÜNGE -- Arabella Steinbacher im Ordenssaal bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen

Stimmungsvolle Werke hatte sich die Geigerin Arabella Steinbacher zusammen mit dem Pianisten Peter von Wienhardt ausgewählt. Im Arrangement von Jascha Heifetz erklangen zunächst vier leidenschaftlich…

Von: ALEXANDER WALTHER

PRÄZISE STRUKTUREN -- Neue CD: Schostakowitschs Präludien & Fugen op. 87 bei Pentatone/ Wer sie in S

Wer sie in Stuttgart mit Prokofieffs drittem Klavierkonzert erlebt hat, wird sie nicht vergessen. Die Rede ist von der russischen Pianistin Yulianna Avdeeva, die die Präludien und Fugen von Dmitri…

Von: ALEXANDER WALTHER

RITTERLICHER HUMOR -- Das Stuttgarter Ballett zeigt "Don Quijote" im Opernhaus STUTTGART

In diesem Ballett von Maximiliano Guerra nach Miguel de Cervantes kämpft ein junges Paar um seine Liebe. Gleichzeitig begegnen wir Don Quijote als Träumer mit einem unglaublichen Durchhaltevermögen.…

Von: ALEXANDER WALTHER

UNENDLICHKEIT DER KLANGWELT -- Liederabend mit Benjamin Appl im Ordenssaal bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen

Die Nacht in all ihren geheimnisvollen Facetten stand im Mittelpunkt dieses bemerkenswerten Liederabends mit Benjamin Appl (Bariton), der auch bei Dietrich Fischer-Dieskau studierte, was man seinen…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑
StartseiteBeiträgeKritikenHintergründeTheatermacherServiceFachbegriffeSuche