In regelmäßigen Abständen treffen die drei Freunde sich in einem abgelegenen Schwimmbad und gehen diesem eher ungewöhnlichen Hobby nach. Sie trainieren hingebungsvoll gemeinsame Formationen wie den „Flamingo“, die „Barracuda“ oder den „Albatross“. Die Übungen bieten ihnen Abwechslung vom zumeist unangenehmen Alltag und eine Flucht aus der Realität, die für jeden von ihnen längst zur Enttäuschung geworden ist. Dabei stehen die gemeinsamen Gespräche vor und nach dem Training natürlich mindestens genauso im Vordergrund wie die körperliche Ertüchtigung.
Pavel, der ehemalige Dissident, sieht sich in seinem erbitterten Kampf gegen die Kommerzialisierung der Gesellschaft von allen missverstanden. Kajétan moderiert die populäre Reality-Show „Zeigen Sie es ihnen“ und ist eine Art Berühmtheit geworden, fühlt sich angeödet von dem, was er tut. Filip, der sensibelste der Freunde, würde am liebsten ganz im Wasser bleiben – die Welt und die Menschen ergeben für ihn keinen Sinn mehr. Die Stille und Schwerelosigkeit des Wassers sind das Einzige, was für ihn noch Bedeutung hat.
Die Situation eskaliert schließlich: Kajétan provoziert während einer Live-Sendung seiner Show eine Prügelei mit einem Zuschauer, Pavel zertrümmert, nachdem seine Frau und sein Sohn ihn verlassen haben, seine Wohnung und Filip schließt sich im Schwimmbad ein, er verlässt das Wasser nicht mehr. Die „Normalität“ jenseits des Wassers ist zunichte geworden.
Fern von Macho-Gehabe oder Midlife-Crisis-Befindlichkeiten zeichnet „Kunstschwimmer” sich vor allem durch Leichtigkeit aus, durch einen Humor, der bei der Bewältigung der Enttäuschungen, die das Leben mit sich gebracht hat, hilft, und der häufig einen bitteren, manchmal auch einen zynischen Beigeschmack hat. Die nostalgische Grundstimmung wird von poetischen und surrealen Momenten abgelöst. Den hinreißenden Szenen, wenn die Männer im Schwimmbad mit großem Ernst ihre Formationen üben, stellt Drábek die Szenen aus dem „richtigen“ Leben gegenüber, einem Leben, mit dem sich keiner der drei mehr identifizieren kann.
David Drábek (*1970) studierte Theater- und Filmwissenschaft in Olmütz (Olomouc) in Tschechien. Schon in seiner Studienzeit gründete er das Studio „Brennende Giraffe“, das auf modernes Kabarett spezialisiert ist. Von 1996 bis 2001 war er Dramaturg am Mährischen Theater in Olmütz und leitete dort ab 2003 die alternative Bühne „Brennendes Haus“. Zu schreiben begann er bereits 1992, für sein Stück „Jana aus dem Park“ erhielt er den Alfred-Radok-Preis, die höchste Theater-Auszeichnung der Tschechischen Republik. 2003 wurde ihm dieser Preis erneut für „Kunstschwimmer“ verliehen. Die tschechische Uraufführung von „Kunstschwimmer“ wurde 2006 bei der Theaterbiennale NEUE STÜCKE AUS EUROPA in Wiesbaden gezeigt. Drábeks Texte zeichnen sich durch anekdotische Qualitäten aus. Eine Hauptquelle seiner Inspiration wie seiner Auseinandersetzung mit der zeitgenössischen Gesellschaft sind Film und Fernsehen, deren Stil er in seinen grotesken und kabarettistischen Texten imitiert und parodiert. Sie sind auch Schlüsselthemen seiner Stücke: Kitsch, die Medienwelt, die kommerzielle Massenkultur. Als Autor, Regisseur und Dramaturg arbeitet Drábek vor allem für die Theater in Hradec Králové und Ostrava.
Ein besonderes Bonbon: Der Autor wird extra zur Premiere am kommenden
Sonntag anreisen.
Inszenierung Tilman Gersch
Bühne Andreas Auerbach
Kostüme Jelena Miletić
Dramaturgie Anika Bárdos
Mit: Michael Birnbaum (Filip), Michael Günther (Kajétan), Lars Wellings (Pavel), Evelyn M. Faber (Markéta/Frau Magda), Verena Güntner (Edita), Michael von Bennigsen (Ivan/Simon/Frau Magdas Sohn)
Weitere Vorstellungen:
Freitag, 19. März, Mittwoch, 24. März, Mittwoch 31. März 2010
jeweils um 19.30 Uhr im Kleinen Haus