Zum Düsseldorfer "Handke-Skandal" gibt es erhebliche Aufgeregtheiten. Natürlich wirkt die jetzige "Rücknahme" der Preisverleihung an Peter Handke durch die Kommunalpolitik äußerst unglücklich - und in mancher Hinsicht und Wortwahl (provinz-)possenhaft. - Aber was hat eigentlich die (wenigstens dem Anschein nach) hochkarätig besetzte Jury veranlaßt, ausgerechnet jetzt den Heinrich-Heine-Preis an Peter Handke verleihen zu wollen? Dieser Autor ist - landauf landab - doch auch anderwärts bereits hochgradig geehrt. Er selbst braucht also diese Ehrung bestimmt nicht - Warum braucht Düsseldorf sie? Und darf man von den Juroren eines wichtigen Literaturpreises keine politische Sensibilität in einer Zeit erwarten, wo die Welt "zu Gast bei Freunden" ist?
"Der Heine-Preis wird an Persönlichkeiten verliehen, die durch ihr geistiges Schaffen im Sinne der Grundrechte des Menschen, für die sich Heinrich Heine eingesetzt hat, den sozialen und politischen Fortschritt fördern, der Völkerverständigung dienen oder die Erkenntnis von der Zusammengehörigkeit aller Menschen verbreiten." - Nimmt man diese Statuten des Heinrich-Heine-Preises zum Maßstab, dann hat Peter Handke die Auszeichnung aufgrund seiner öffentlich bekundeten und weinerlichen Nähe zu solch trüben Massenmördergestalten wie Slobodan Milosevic unter keinen Umständen verdient! Ob Heinrich Heine seinerzeit am Grab von Metternich hätte stehen und dort (Krokodils-)Tränen vergießen wollen, bleibe getrost dahingestellt...
Es ist jetzt verschiedentlich zu hören, ein (zu ehrender) Schriftsteller habe das Recht auf diese oder jene ganz private politische oder sonstige Meinung und dürfe deswegen nicht "zensiert" werden. Das ergibt sich ganz selbstverständlich aus unserer Verfassung und wird von niemandem ernsthaft bestritten! Aber warum darf diese Haltung denn keinen Einfluß auf öffentliche Auszeichnungen haben, in denen sich ja auch das Interesse der Allgemeinheit widerspiegeln soll? Demnächst kommt eine(r) daher und hält eine Gedenkrede auf Adolf Hitler oder einen seiner modernen Nachfahren - und die (natürlich wieder hochkarätig besetzte) Jury irgendeines Literaturpreises meint dazu: "Das ist seine Privatsache, aber er hat doch ein großes Werk geschaffen, und darum geht es schließlich!"
Und ob das Werk Peter Handkes in toto tatsächlich so wortgewaltig und großartig ist, wie in der jetzigen Debatte immer wieder stillschweigend unterstellt, sei dahingestellt... Über literarisches Kunstgewerbe und sprachlichen Klingklang wußte bereits Heinrich Heine das Seine zu sagen...