Da werden die Vorbereitungen empfindlich gestört. Egeus verlangt nach einem Schiedsspruch. Seine Tochter Hermia weigert sich, Demetrius zu heiraten, dem sie versprochen ist, da sie Lysander liebt und dieser sie. Vor die Wahl zwischen Zwangsvermählung einerseits und Tod oder Kloster andererseits gestellt, fliehen Lysander und Hermia vor der repressiven Ordnung der Stadt in den Wald. Demetrius nimmt wütend die Verfolgung auf, Helena im Schlepptau, die ihm verfallen ist. Mag die Lage auch noch so aussichtslos erscheinen, die Gefühle herrschen, die Überzeugungen sind groß. Wir sind was wir fühlen, mag die Welt auch anderer Meinung sein. Doch ist dem Gefühl zu trauen, wenn es solches Unglück provoziert?
Das findet auch der Elfenherrscher Oberon, der eifersüchtig mit seiner Königin Titania um ein Kind streitet. Deshalb lässt er seinen Gehilfen Puck einen Liebestrank besorgen, der, in die Augen geträufelt, bewirkt, dass man sich unsterblich in den erstbesten verliebt, den man erblickt. Dieser Trank soll nicht
nur bei Titania zur Anwendung kommen, sondern auch bei den Athener Liebenden für Harmonie sorgen. Doch Puck verwechselt die vier, Liebe verwandelt sich in Hass, Verachtung in Bewunderung, Romantik in Begierde, Zärtlichkeit in Raserei.
Von alldem ahnt eine Laienspielgruppe nichts, die sich in den Wald zurückgezogen hat, um ein Theaterstück einzustudieren, das bei der Hochzeit des Fürsten aufgeführt werden soll. Puck verhext Zettel, den Protagonisten dieser Truppe, zu einem Wesen halb Mensch halb Esel und führt diese verstellte Kreatur der schlafenden Elfenkönigin Titania zu. Als sie erwacht tut der Liebessaft seine Wirkung. Sie verliebt sich unsterblich in das Eselwesen und ist nun den Manipulationen ihres Mannes hilflos ausgeliefert. Die Nacht wird zum Albtraumdickicht, in dem Gewissheiten zerstört werden und bösartige Verzerrungen diejenigen vor sich hertreiben, die ihren Gefühlen ausgeliefert sind.
Regisseur Christian Schlüter hat den Puck mit Christina Huckle und Isabell Giebeler doppelt besetzt. Dieses bösartige, doppelköpfige und wundersame Wesen treibt nun zu seinem eigenen und unserem Vergnügen an allen Schaltstellen des Stücks sein Unwesen. Er hext und beträufelt, rast und eilt und fährt sogar in die Figuren, um das Liebeschaos bereits in Athen anzustoßen, oder um die Laiengruppe in den Wald zu locken. So verstärkt die Inszenierung, die bei Shakespeare vorhandenen Schnittpunkte in den vier Handlungsebenen (Athener Hof, Liebende, Elfen, Liebende) und stellt mit Puck ein groteskes Kind-Kobold-Wesen ins Zentrum, das, obwohl auf Oberons Anweisung handelnd, gar nicht anders kann, als alles falsch zu machen. Lustvoll folgen wir den Liebenden in eine bizarre Topographie aus urban anmutenden Versatzstücken, die ein Dickicht, einen Wald ohne Bäume entstehen lassen. Das unkontrollierbare Gefühl macht alle Liebenden gleich bis niemand mehr weiß, wer er ist. Doch auch hier verspricht der anbrechende Tag Erlösung. Das Hochzeitsfest geht seinem Höhepunkt entgegen und während die Liebenden auf wundersame Weise zueinander finden, gibt es auch für Zettel und seine Theatergruppe eine Erlösung. Im Spiel finden diese grauen Enthusiasten zu sich selbst und die Welt zur Harmonie. Aber Vorsicht: Selbst wenn die Waldelfen die Menschen wieder aus ihrem bösen Spuk entlassen haben: Die Geister bleiben unter uns.
Christian Schlüter ist seit der Spielzeit 2006/07 Oberspielleiter des Schauspiels am Theater Bielefeld, mit dem er zuvor viele Jahre als regelmäßiger Gastregisseur eng verbunden war. Christian Schlüter, geboren in Nesselwang im Allgäu, studierte nach seinem Abitur zunächst zwei Jahre Theaterwissenschaften an der Universität in Bochum und von 1990-1994 Regie bei Jürgen Flimm und Manfred Brauneck in Hamburg. Nach seinem Studium war er bis 1998 als Regieassistent am Thalia Theater Hamburg tätig. Danach arbeitete er als freischaffender Regisseur und Lehrbeauftragter am Studiengang Schauspieltheater-Regie in Hamburg. In Bielefeld inszenierte er zuletzt u. a. die Uraufführungen von Paul Austers Winterjournal und David Gieselmanns Die Oppelts haben ihr Haus verkauft sowie die Komödie Katze im Sack von Georges Feydeau, die deutschsprachige Erstaufführung von Steven Fechters Schlangenbrut und Hiob von Joseph Roth.
Inszenierung und Bühne
Christian Schlüter
Bühne und Kostüme
Anke Grot
Dramaturgie
Dariusch Yazdkhasti
Theseus / Oberon Georg Böhm
Hippolyta / Titania Nicole Lippold
Lysander Guido Schikore
Demetrius Jan Sabo
Hermia Felicia Spielberger
Helena Denise Matthey
Egeus Christina Huckle
Puck Isabell Giebeler / Christina Huckle
Peter Squenz (Prolog) Christina Huckle
Niklaus Zettel (Pyramus) Thomas Wehling
Franz Flaut (Thisbe) Janco Lamprecht
Tom Schnauz (Wand, Mond) Niklas Herzberg
Schnock (Löwe) Lukas Graser
Die nächsten Vorstellungen
22.03., 28.03., 02.04.,
09.04., 15.04., 23.04.,
24.04., 26.04., 12.05.,
27.05., 16.06., 19.06.,
21.06., 06.07.16
Karten
0521 / 51 54 54
www.theater-bielefeld.de