Von 2009 bis 2011 kooperieren das Theater & Orchester Heidelberg und das zweitgrößte israelische Theater Teatron Beit Lessin, Tel Aviv, miteinander. Als derzeit umfangreichstes israelisch-deutsches Theaterprojekt erarbeitet „Familienbande“ sechs Koproduktionen, Stückentwicklungen und –aufträge
über einen Zeitraum von zwei Jahren. Zum projektübergreifenden Thema Familie arbeiten gemischte israelisch-deutsche künstlerische Teams (Regie, Dramaturgie, vier bis fünf Schauspieler, z.T. Autoren). Junge bildende Künstler aus Tel Aviv entwickeln Raum-Installationen, die mit den Arbeiten der
Regieteams in Dialog treten. Die Produktionen erleben teils in Heidelberg, teils in Tel Aviv ihre Uraufführung und werden danach jeweils am anderen Ort gezeigt.
THEY CALL ME JECKISCH
Regie: Nina Gühlstorff
Dramaturgie: Nina Steinhilber
Bildende Künstler: Noa Tsaushu, Asaf Koriat
Mit Ute Baggeröhr, Michael Hanegbi, Hadas Kalderon, Frank Wiegard
Premiere Heidelberg: 21.01.10 im ZWINGER1, weitere Vorstellungen 23., 24.01.10
Premiere Tel Aviv: September 2010 im ZOA House
Im August 09 haben die Heidelberger Schauspieler Ute Baggeröhr und Frank
Wiegard, Regisseurin Nina Gühlstorff und Dramaturgin Nina Steinhilber die Koffer gepackt und sind nach Tel Aviv geflogen, um dort einen Theatersommer lang für das Projekt zu recherchieren. Zusammen mit den beiden israelischen Schauspielern Hadas Kalderon und Michael Hanegbi hat das Team sich auf die Spuren der „Jeckes“ begeben und Familienangehörige dreier Generationen besucht, die eines miteinander und auch mit uns verbindet: Sie haben Wurzeln in Deutschland. Ziel der Reise war es, durch sehr persönliche Geschichten und aus einer besonderen Perspektive, mehr über das deutsch-israelische Verhältnis heute zu erfahren.
Ausgehend von der Generation der Enkel, fanden in der Stadt und im Kibbuz, in Büros, Cafés und privaten Wohnzimmern fast fünfzig Gespräche statt. Es sind berührende, witzige, mutige und überraschende Berichte von einem Leben zwischen zwei Welten: Von Großeltern, die die Sprache ihrer Enkel nicht sprechen. Von der Ankunft in der Fremde und den Schwierigkeiten sich in einer neuen Umgebung zurechtzufinden. Von Wüstensand, Vorurteilen, kulturellen Gegensätzen und deutscher Erziehung. Von Heimweh und verschütteter Erinnerung. Von den inneren Widerständen, in ein Land zu
reisen, aus dem die Großeltern fliehen mussten und dem Stolz auf eine Kultur, die auch die Enkel geprägt hat. Von Schweigen, Wut und Hoffnung. Vom Blick zurück – und nach vorn in die ungewisse Zukunft einer vielleicht nie wirklich „normalen Beziehung“.
UNDERCOVER TEL AVIV
Regie: Stéphane Bittoun
Dramaturgie: Kerstin Grübmeyer
Bildender Künstler: Roee Menachem Markovitz
Mit Franziska Beyer, Paul Grill, Dan Castoriano, Michal Shtamler
Tel Aviv, 3 Uhr nachts. Laila Lavan, die weiße Nacht, hält die Stadt in Atem. Ganz Tel Aviv ist auf den Beinen. Wie jede Nacht sind auch vier Agenten undercover unterwegs. Doch die Lage ist unübersichtlich. Sind alle wirklich das, was sie behaupten zu sein? Wer gehört dazu, wem kann man trauen und wer bedroht das System: Der Street Artist, der seine Kunst nachts heimlich auf die Häuser der Stadt sprüht? Das philippinische Hausmädchen einer jüdischen Familie, das am Wochenende Partys mit Landsleuten feiert? Der Wehrdienstverweigerer? Oder die Mutter, die ihren Sohn nicht beschneiden lassen will? Wer will Außenseiter sein und wer wird wider Willen dazu gemacht?
UNDERCOVER TEL AVIV sieht unter die Oberflächen und beschreibt die israelische Gesellschaft von ihren Rändern her. Regisseur Stéphane Bittoun hat bereits Mein erster Sony, den bekannten Roman des Israeli Benny Barbasch, erfolgreich für die Bühne adaptiert und sich mit Theaterabenden einen Namen gemacht, die Film, Hörspiel und Theater unterhaltsam und intelligent verbinden. Seine Familie entstammt väterlicherseits der ehemals großen Gemeinde französischer Juden in Algerien und lebt heute zum großen Teil in Israel.
Premiere Heidelberg: 30.04.10 im ZWINGER1
Premiere Tel Aviv: September 2010 im ZOA House
PUBLIC MOVEMENT
Regie: Omer Krieger / Dana Yahalomi
Dramaturgie: Jan Linders
Mit 4 Performern aus Israel und 40 Bürgern aus Heidelberg
Die Performance-Gruppe Public Movement erregt zurzeit Aufsehen und Widerspruch zwischen Warschau und Berlin. In Israel ist die Gruppe schnell berühmt geworden für ihre politischen Choreografien und Interventionen im öffentlichen Raum. Sie stellt vertraute symbolische Handlungen
und praktische Rituale als Tanzstücke nach: die Fahrt einer Staatskarosse und den Zusammenstoß mit Fußgängern und Bodyguards oder den Einsatz von Rettungswagen nach einem Bombenattentat. Die Aktionen enden jeweils in gemeinsamen Tänzen mit den Schaulustigen. Für Heidelberger Plätze
entwerfen sie nach historischen Recherchen vor Ort neue Choreografien, an denen neben Tänzern aus Tel Aviv auch jugendliche Heidelberger und Rettungskräfte beteiligt sind. Die Spielorte werden kurzfristig bekannt gegeben. Weitere Informationen über die Gruppe: www.publicmovement.org
Premiere Heidelberg: voraussichtlich Mai 2010
THE ART OF MEMORY (Arbeitstitel)
Stück von Maya Scheye
Regie: Avishai Milstein
Dramaturgie: Jan Linders
Besetzung: Vier deutsche Schauspieler
Der künstlerische Co-Leiter des Gesamtprojekts, Avishai Milstein, inszeniert mit vier Heidelberger Schauspielern als Uraufführung ein Stück der jungen israelischen Autorin Maya Scheye, die für ihr Drama im Herbst 2009 in Heidelberg recherchiert. Thema ist „the art of memory,“ die Kunst der
Erinnerung, die jede Familie konstituiert, deren Lücken und Möglichkeiten, Geheimnisse und Lügen. Ausgangspunkt sind medizinische Forschungen im Dritten Reich, die ihren Schatten auf die moderne Medizinstadt Heidelberg werfen. Amnesie und Alzheimer reichen sich die Hand.
Premiere in Heidelberg: voraussichtlich November 2010
Premiere in Tel Aviv: September 2011 im ZOA House
FORBIDDEN HOME (Arbeitstitel)
Stück von Kristo Sagor
Regie: N.N. (israelischer Regisseur)
Mit: vier israelischen Schauspielern
Der deutsche Autor und Regisseur sowie mehrfache Stückemarkt-Teilnehmer Kristo Sagor recherchiert für sein Stück in Israel zu den realen Dramen palästinensischer Homosexueller, die in der Tel Aviver Szene Zuflucht finden. Regie führt ein israelischer Regisseur, es spielen vier israelische
Schauspieler.
Premiere in Heidelberg: Frühjahr 2011
Premiere in Tel Aviv: September 2011
THERE IS NO BUSINESS LIKE NGO BUSINESS (Arbeitstitel)
Regie: Hanna Rudolph
Mit israelischen und deutschen Schauspielern
Das Abschlussprojekt arbeitet wieder mit einer gemischten Besetzung von deutschen und israelischen Schauspielern. Ausgangspunkt der Recherche ist die Arbeit der unzähligen internationalen NGOs (Nicht-Regierungs-Organisationen) und ihrer hochmotivierten Mitarbeiter, die in Israel und Palästina den Konflikt begleiten, analysieren, moderieren und durch wirtschaftliche, medizinische, soziale und vor allem auch kulturelle Kooperationsprojekte zu mildern versuchen. Dabei geraten die Organisationen in Konkurrenz und die in die Falle des Helfer-Syndroms und des „Ramallah-Syndroms“ – die Region mit der höchsten NGO-Dichte der Welt wird zum Safariland für Gutmenschen.
Premiere in Heidelberg: Frühjahr 2011
Premiere in Tel Aviv: September 2011
EXCHANGING IMAGES
Kuratorin: Galit Eilat
Die Leiterin des renommierten Israeli Center for Digital Art in Holon (http://www.digitalartlab.org.il),
Galit Eilat, stellt ein Programm dokumentarischer und künstlerischer Video-Arbeiten aus Israel zusammen, die zu den Aufführungen im ZWINGER1 in den Foyers projiziert werden. Die politisch akzentuierten Positionen führen die Heidelberger Zuschauer in die Komplexität und auch verblüffende
Normalität der gegenwärtigen Situation jenseits des von Medien konstruierten Bildes einer bipolaren Dauerkrise ein.
Konzept und künstlerische Leitung: Avishai Milstein, Teatron Beit Lessin, Chefdramaturg Jan Linders, Theater & Orchester Heidelberg, Schauspieldirektor
Künstlerische Beratung Ausstattung: Sebastian Hannak
Künstlerische Produktionsleitung: Jenny Flügge
Stand 23.12.2009 // Änderungen vorbehalten