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"Faust " in der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf

Gounods Faust strebt nicht nach Ruhm, Ehre, Erkenntnis, nein, er befindet sich in der Alterskrise und wünscht sich stattdessen Jugend und Leidenschaft. Und so lässt er sich willig auf einen Pakt mit Méphistophélès ein, der ihm in Nu wieder jugendliches Aussehen verschafft und ihm die reizende, unschuldige Marguerite präsentiert. Goethes intellektuelle Diskurse zwischen Faust und Mephisto spielen in Gounods Oper keine Rolle, die Handlung konzentriert sich auf die Liebesgeschichte zwischen Faust und Marguerite, und so steht Marguerites unheilvoller Schicksalsweg ganz im Mittelpunkt des Geschehens: ihre Liebe zu Faust, ihre Verlassenheitsängste, ihr Alleinsein mit ihrem Kind, die soziale Ächtung, schließlich ihr Wahnsinn nach der Ermordung ihres Bruders durch ihren Geliebten, der anschließende Kindsmord, ihre Gefangenschaft und ihr Tod. So wurde denn häufig Gounods Oper nicht zu Unrecht "Margarete" betitelt.

 
Regisseur Michael Simon weiß sich klug zu beschränken und hat für den begrenzten Bühnenraum der mobilen Rheinoper ein stimmiges Bühnenbild geschaffen. Eine große, weiße Sitzbank bietet den Rahmen, auf, vor und hinter der sich die Handlung entfalten kann, und sie dient gleichzeitig als Projektionsfläche für Ariane Andereggens Videos, die die Handlung einfühlsam begleiten und zuweilen auch kommentieren. Auch die Kostüme halten sich an dieses zurückhaltende Konzept.

 
Gounods Oper hat außer gelungenen Arien, wie der bekannten Juwelenarie der Margarete und Méphistophélès Rondo vom goldenen Kalb, sowie einigen attraktiven Chorszenen auch eine großartige Kirchenszene zu bieten, die überzeugend darlegt, dass er als ausgebildeter Organist und Kirchenmusiker mit sakraler Musik umzugehen wusste, und die wohl auch zur Beliebtheit dieser Oper in Frankreich beitrug.

 
Sami Luttinen spielt als Méphistophélès einen eleganten Verführer, der völlig abgeklärt die menschlichen Schwächen zu manipulieren versteht und ihnen mit zurückhaltender Ironie begegnet. Seine Bass-Stimme ist beweglich genug, um diese "Zwischentöne" darzustellen. Selbst eine blasphemisch gemeinte Szene, in der er sich als gekreuzigter Christus darstellt, gelingt Luttinen überzeugend.

 
Nataliya Kovalova als Marguerite aber überragt an diesem Abend alle. Die Entwicklung von dem jungen unbescholtenen Mädchen zur verzweifelten Frau weiß die Sopranistin sowohl stimmlich als auch darstellerisch überzeugend, ja grandios darzustellen, und sie wurde daher zu Recht mit Ovationen bedacht. 

 
In den Nebenrollen glänzen Dmitri Vargin als Valentin und Stephanie Woodling als Siébel. Auch der Chor hat überragende Auftritte. Allein Steven Harrison als Faust erscheint gehemmt und es gelingt ihm nicht recht, stimmlich mitzuhalten, obwohl er sich im Laufe des Abends deutlich steigert und  auch schauspielerisch zu überzeugen vermag. Das Orchester unter der Leitung von Alexander Joel hat zuweilen mit den schwierigen, akustischen Bedingungen der mobilen Rheinoper zu kämpfen, was dazu führt, dass die Musik manchmal zu laut intoniert ist. Dennoch eine überaus gelungene Inszenierung

 
Weitere Vorstellungen in Düsseldorf: Sa 03.03, Di 06.03, Do 08.03., So 11.03,Mi 14.03, Sa 17.03., Sa 24.03., Di 27.03., F. 30.03.

 

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