Wendla ist vierzehn, ihre Mutter findet, sie zieht sich zu aufreizend an. Auf die Frage : „warum“, reagiert die Mutter ausweichend. Moritz ist ein Schulversager, obwohl er Tag und Nacht büffelt, sind seine Noten so schlecht, dass er Angst hat, von der Schule zu fliegen. Melchior könnte der Beste in der Klasse sein, doch sein aufmüpfiges Betragen passt den Lehrern nicht. Die Ausgangs-situation von Frank Wedekinds erstem großen Bühnenerfolg "Frühlingserwachen" aus dem Jahr 1890 läßt sich ohne Weiteres auf heutige Jugendliche übertragen. Doch Wedekind beschreibt auch die sexuellen Nöte der drei: Wendla wird von Melchior ungewollt schwanger, ihre Mutter zwingt sie zu einer Abtreibung, bei der Wendla stirbt. Moritz kann, statt zu lernen, irgendwann nur noch an Sex denken und bringt sich um. Melchior fühlt sich für den Tod der beiden verantwortlich und steht ebenfalls kurz vor dem Selbstmord.
Pubertät, erste Liebe und der Umgang mit Sexualität verlaufen meist krisenhaft. Für heutige Jugendliche kommt der Spagat zwischen der eigenen Entwicklung und der Allgegenwart von Sex in den Medien hinzu. Besonders junge Menschen mit Migrationshinter-grund, die oft in divergierenden Wertesystemen groß werden, haben es schwer einen selbstbestimmten Zugang zu ihrer Sexualität zu entwickeln. Wie läßt sich etwa eine streng religiöse Erziehung mit der freien Verfügbarkeit von Sex und der Omnipräsenz sexueller Bilder in Einklang bringen?
Karsten Dahlem ist Schauspieler, Regisseur und Drehbuchautor. Seine Kinder- und Jugendinszenierungen wurden vielfach ausgezeichnet, so erhielt er 2010 den österreichischen Theaterpreis für die beste Kinder und Jugendinszenierung. Nach einer Recherchephase mit Oberhausener Jugendlichen wird Karsten Dahlem eine eigene Bearbeitung von Wedekinds "Frühlingserwachen" erarbeiten.
„Das Stück Frühlings Erwachen ist von 1891, seit dem hat sich der gesellschaftliche Umgang mit Sexualität verändert. Ich glaube, dass die Verunsicherung der Jugendlichen, der Übertritt vom Kind-Sein in die Erwachsenenwelt bis heute krisenhaft ist. Das äußere Umfeld hat sich radikal gewandelt und gaukelt zügellose Freiheit vor, aber der Kern des Problems bleibt. In den Räumen der Jugendkunstschule riecht es förmlich nach Pubertät. Wir wollten mit unserer Inszenierung da sein, wo auch die Jugendlichen sind.“ Karsten Dahlem
Regie: Karsten Dahlem
Bühne und Kostüme: Inga Timm
Musik: Gregor Praml
Dramaturgie: Simone Kranz
Mit: Nora Buzalka, Manja Kuhl, Anna Polke, Elisabeth Wolle / Marek Jera, Sergej Lubic, Eike Weinreich