Ein Luftangriff auf eine deutsche Stadt aus wechselnden Perspektiven: Ein Vater auf der Suche nach seinen Kindern, junge Soldaten an der Flak, die Besatzung eines Bombers, der die Stadt angreift… Wer ist Täter, wer Opfer? Die Vergeltung macht keinen Unterschied, sie handelt ohne Ansehen der Person und kennt nur Vernichtung.
Würzburg hat mit seiner weitgehenden Zerstörung am 16. März 1945 eine tiefe Zäsur erlebt, tausende Menschen verloren ihr Leben.
Wie geht man damit um? Man muss das Opfersein kultivieren, aber auf Dauer genügt das nicht. Im Zustand des Opfers gibt es keine Lebendigkeit. Der Blick muss sich weiten: zu der Einsicht, dass die Zerstörung Folge anderer Zerstörung war und dass Gewalt immer zu mehr Gewalt führt; und zu der Einsicht, dass Opfer- oder Tätersein unwichtig werden im Ablauf des Vergeltungsmechanismus, denn er vernichtet unterschiedslos alle.
Erinnerung muss in erster Linie die Menschen in den Blick nehmen, nicht ihre Rollen als Opfer oder Täter. Sie muss nicht in erster Linie an zerstörter Architektur Interesse haben, sondern an den Schicksalen der Bewohner. So behält das Leben der Getöteten seinen Wert. Ihr Leid wird damit gewürdigt und ihr Sterben betrauert.
Dem Autor Gert Ledig, der selbst mehrfach erlebt hat, was er schreibt, gelingt das Wunder, aus dem Täter-Opfer-System herauszutreten. Sein Blick gilt allein den Menschen, dem, was sie tun, hoffen, fürchten und wünschen. “Vergeltung” aus dem Jahr 1956 wird so zu einem der eindringlichsten Texte über Krieg und Zerstörung.
Die Veranstaltung ist eine Koproduktion zwischen Markus Grimm und dem Mainfranken Theater Würzburg und Teil der Veranstaltungsreihe “Endspiel – Würzburger Apokalypse 2010″.
Einrichtung: Markus Grimm
Mit: Maria Brendel, Anne Simmering, Rainer Appel, Kai Christian Moritz