Nicht zuletzt Puccinis Vertonung trägt dazu bei, dass die Geschichte von Manon Lescaut im 19. Jahrhundert zum Mythos wird. Es ist der Mythos einer Frau, die zwischen Liebe und Luxus hin- und hergetrieben ist und schließlich gebrochen in einer öden Landschaft in New Orleans stirbt. Sie ist eine Frau mit unergründlichen Verhaltensweisen, so doppeldeutig und rätselhaft wie im 20. Jahrhundert nur Lulu.
Hans Neuenfels beschäftigt sich in seiner Theaterarbeit häufig mit solch mythischen Frauenfiguren: Charaktere wie Medea oder Penthesilea sind zentral im Oeuvre des Regisseurs. Während seiner Beschäftigung mit diesen Figuren studiert er vor allem auch die Verhaltensmuster unserer Kultur, die zu einem bestimmten Bild der Frau an sich führen. Nach seiner Interpretation von Medea in Corinto im Jahr 2010 ist Manon Lescaut die zweite Regiearbeit von Hans Neuenfels an der Bayerischen Staatsoper. Mithilfe eines reduzierten Bühnenbildes soll die Expressivität der Geschichte vor allem im Zusammenspiel der beiden Hauptfiguren zum Ausdruck kommen.
Dabei spielen das Beobachtet-Sein von außen und die Blicke und Anforderungen der Gesellschaft eine wesentliche Rolle in der Charakterisierung der Hauptfiguren. Somit stellt sich die Frage nach den Motiven von Manon, Des Grieux und den anderen Figuren immer wieder neu: Sind ihre Handlungen von Gesellschaft und Rollenbildern bestimmt oder erfolgen sie aus eigenem Antrieb? Handelt es sich – auf beiden Seiten – um wahre Liebe oder die Befriedigung von Besitzansprüchen? Hans Neuenfels sieht die Tragödie von Manon und Des Grieux bereits vor dem ersten Zusammentreffen der beiden Liebenden in Gang gesetzt und ihre Handlungen somit größtenteils vorbestimmt: „Bei Manon oder bei Romeo und Julia erwacht die Liebe in dem Moment, in dem es schon fast zu spät ist, weil es um die Liebenden durch ihre Gefühlsverstrickung und die sie in ganz andere Richtungen zerrrenden gesellschaftlichen Verhältnisse bereits geschehen ist. Die Tragödie ist schon geschehen, zwar nicht vollendet, aber in Gang gesetzt.“ Mithilfe von „scheinbar grotesken Verschärfungen“ (Neuenfels) wird der Regisseur versuchen, sowohl die gesellschaftlichen Verhältnisse der Protagonisten, als auch ihre Handlungen greifbarer und plastischer zu gestalten.
Kristīne Opolais und Jonas Kaufmann erarbeiteten sich im Juni dieses Jahres gemeinsam eine Neuproduktion von Manon Lescaut am Royal Opera House Covent Garden. Beide gaben in dieser Premierenserie ihre Rollendebüts. An der Bayerischen Staatsoper übernahm Kristīne Opolais bereits in den Premierenserien von Rusalka (Martin Kušej, 2010) und Simon Boccanegra (Dmitri Tcherniakov, 2013) kurzfristig die Hauptpartien. Im Oktober 2014 war sie zuletzt als Vitellia in Mozarts La clemenza di Tito zu hören. Für Jonas Kaufmann ist dies die sechste Premiere an der Bayerischen Staatsoper. Seine letzte Partie in München: Don Alvaro in Giuseppe Verdis La forza del destino. Der Bariton Markus Eiche singt die Partie von Manons Bruder Lescaut; er ist seit 2012 Ensemblemitglied der Bayerischen Staatsoper.
Musikalische Leitung
Alain Altinoglu
Produktionsdramaturgie
Benedikt Stampfli, , Rainer Karlitschek
Hans Neuenfels
Bühne
Stefan Mayer
Kostüme
Andrea Schmidt-Futterer
Stefan Bolliger
Konzeptionelle Mitarbeit
Yvonne Gebauer
Sören Eckhoff
Manon Lescaut
Kristine Opolais
Lescaut
Markus Eiche
Il cavaliere Renato Des Grieux
Jonas Kaufmann
Geronte di Ravoir
Roland Bracht
Edmondo
Dean Power
L'oste
Christian Rieger
Il maestro di ballo
Ulrich Reß
Un musico
Okka von der Damerau (15.11.2014, 19.11.2014, 24.11.2014, 27.11.2014, 30.11.2014, 04.12.2014, 07.12.2014) , Rachael Wilson (28.07.2015, 31.07.2015)
Un sergente
Christoph Stephinger
Un lampionaio
Alexander Kaimbacher (15.11.2014, 19.11.2014, 24.11.2014, 27.11.2014, 30.11.2014, 04.12.2014, 07.12.2014) , Petr Nekoranec (28.07.2015, 31.07.2015)
Un comandante
Evgenij Kachurovsky
Bayerisches Staatsorchester
Chor der Bayerischen Staatsoper