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Händels "Orest" in der Komischen Oper Berlin

Premiere So | 26.02.2006 | 19:00 Uhr144

"Orest", Oper in drei Akten von Georg Friedrich Händel

Libretto von Gianguelberto Barlocci

Deutsche Textfassung von Bettina Bartz und Werner Hintze

Als Pasticcio, zu deutsch: Pastete, bezeichnet man Opern, für die aus bereits existierenden Werken Arien entlehnt und zur Vertonung eines neuen Librettos zusammengestellt werden.

Für den 1734 uraufgeführten Orest fügte Händel die schönsten Arien aus nicht weniger als neun seiner zwischen 1720 und 1732 entstandenen Opern zu einer musikalischen Delikatesse zusammen. Dieses für die Barockoper und vor allem für Händel durchaus typische Verfahren lässt sich mit dem klassisch-romantischen Werkbegriff nicht vereinbaren, sondern entspricht eher Kategorien des späten 20. Jahrhunderts, die sich unter dem Schlagwort des »offenen Kunstwerks« zusammenfassen lassen. In seiner ersten Arbeit für die Komische Oper Berlin wird sich der Regisseur Sebastian Baumgarten dem Werk eben von dieser formalen Seite her nähern. Gemeinsam mit Thomas Hengelbrock wird er in Händels Pasticcio die Sicht freilegen auf die zeitgemäße Thematik des Stücks um den Muttermörder Orest, der, vom Wahn verfolgt, auf Tauris landet. Dort trifft er auf seine totgeglaubte Schwester Iphigenie, die vom Tyrannen Thoas gezwungen wird, alle Fremden zu töten. Erst spät erkennen sich die Geschwister, doch gemeinsam mit ihren Gefährten gelingt es ihnen, die Gewaltherrschaft Thoas’ zu brechen und zu entkommen. Flucht, Fremdenhass und Diktatur sind die zentralen Problemfelder der aus der griechischen Mythologie entlehnten Handlung. Mit der Aktualität des Stoffes und der Form wird Händels bemerkenswerte Modernität erneut erfahrbar.

Die Da-capo-Arie der Barockoper ist ein Phänomen, das der dramatischen Entwicklung eigentlich entgegensteht. Sie ist Beispiel für eine Diskontinuität, die in der Musik sehr gut, im herkömmlichen Musikdrama eher schlecht funktioniert. Daraus ein Spielprinzip zu entwickeln, ist die Hauptaufgabe der szenischen Arbeit.

Sebastian Baumgarten zählt zu den interessantesten Opernregisseuren der jüngeren Generation. Er studierte Musiktheaterregie an der Hochschule für Musik »Hanns Eisler« Berlin, war Oberspielleiter am Staatstheater Kassel und arbeitet seit 2002 als Chefregisseur am Meininger Theater. Nach vieldiskutierten Inszenierungen unter anderem am Nationaltheater Mannheim, an der Königlichen Oper Kopenhagen, der Dresdner Semperoper sowie der Deutschen Oper Berlin geht er auch an der Komischen Oper Berlin der Suche nach einem zeitgemäßen postdramatischen Musiktheaterbegriff nach.

Musikalische Leitung... Thomas Hengelbrock

Inszenierung... Sebastian Baumgarten

Bühnenbild... Robert Lippok, Ronald Lippok

Kostüme... Valerie von Stillfried

Lichtgestaltung... Franck Evin

Video... Stefan Bischoff

Orest... Charlotte Hellekant

Hermione... Valentina Farcas

Iphigenie... Maria Bengtsson

Pylades... Finnur Bjarnason

Thoas... James Creswell

Philoktet... Maria Streijffert

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