Es hat sogar den „Krieg“ zum Stoff - und bringt doch auch einen Traum zur Sprache, den nur die Kunst zur Sprache bringen kann: Den Traum von einer Welt, in der Freiheit und Würde des Einzelnen verwirklicht und der Schrecken auszuhalten wäre. Begeistert von den Opern Bellinis sah Henze in Kleists Schauspiel die „italienische Oper“ und schafft vor allem in den Traumsequenzen mit raffinierten, flirrenden Mischklängen eine Klangwelt, die das schlafwandlerische Wesen des Prinzen in beeindruckender Weise illustriert.
Am Vorabend der Schlacht von Fehrbellin erträumt sich Prinz Friedrich von Homburg nachtwandelnd den Sieg und die Hand Nataliens, der Nichte des Kurfürsten. Der Prinz ist noch wie benommen, als der Kurfürst ihm den Befehl erteilt, am nächsten Tag nicht eigenmächtig in das Kampfgeschehen einzugreifen. In den Kriegshandlungen des nächsten Tages lässt sich der Prinz genau diese Eigenmächtigkeit zuschulden kommen und wird zum Tode verurteilt.
Hans Werner Henze und Ingeborg Bachmann entrissen mit ihrem 1960 uraufgeführten Werk Heinrich von Kleist der nationalistischen Lektüre, die seit dem 19. Jahrhundert beherrschend gewesen war und die in der Geschichte des Prinzen die erfolgreiche Heranzüchtung eines Kriegers im Dienste Preußens gesehen hatte. In dieser Lesart waren alle Unschärfen, die Heinrich von Kleists Schauspiel ausmachen, eliminiert worden. Hans Werner Henze sah in Kleists Schauspiel mehr die „italienische Oper“, und Ingeborg Bachmann meinte, das Werk sei nicht dazu angetan irgendeinem existierenden Staat als Legitimation zu dienen. In ihren Augen hatte die Utopie einer Gesellschaft, in der die Anarchie der Träume zu ihrem Recht kommt, größeres Gewicht. Hans Werner Henze komponierte eine unvergleichlich schöne und traurige Musik, die zwischen Traum und Staatsräson einen unendlich reichen Kosmos der Farben und Gefühle entfaltet.
Christof Nel (Inszenierung), Roland Aeschlimann (Bühne) und Barbara Aigner (Kostüme) entfalten den „Prinz von Homburg“ in seiner ganzen schillernden Vieldeutigkeit als ein Trauerspiel voller Schrecken und riskanter Schönheit. Die Musikalische Leitung hat Hermann Bäumer.
Vor der Premiere um 18 Uhr unterhalten sich Dr. Michael Kerstan, langjähriger Weggefährte Henzes und bester Kenner seines Werkes, und Dr. Christiane Krautscheid, Musikwissenschaftlerin und Unternehmenssprecherin von Schott Music, über den Komponisten Hans Werner Henze und sein Werk. Es moderiert der Leitende Musiktheaterdramaturg des Staatstheaters Mainz Carsten Jenß.
Weitere Vorstellungen:
Mittwoch, 16. Januar, 19.30 Uhr - Dienstag, 22. Januar, 19.30 Uhr - Freitag, 22. Februar, 19.30 Uhr
Sonntag, 10. März, 14.00 Uhr - Donnerstag, 11. April, 19.30 Uhr - Freitag, 3. Mai, 19.30 Uhr
(zum letzten Mal)
Karten unter Tel: (06131) 2851-222 oder unter www.staatstheater-mainz.de