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«Ich werde sein im Sonnenschein und im Schatten» nach dem Roman von Christian Kracht, Theater Bern

Premiere Sa, 17. Mai 2014, Steinbruch bei Bern. -----

2014, nach hundert Jahren Krieg, ist Neu-Bern eine der Hauptstädte des bolschewistischen Riesenreichs, das Lenin von hier aus gegründet hat: ein kriegsmüdes, zerfallendes Land, das gerade die deutsche Besatzung überwunden hat und mit den Hindustanis paktiert.

Hauptfigur des Stücks ist ein afrikanischer Politoffizier, der in die Schweiz entsandt wurde, um einen flüchtigen polnisch-jüdischen Militär festzunehmen.

 

In dem 2008 erschienenen Roman des Schweizer Autors Christian Kracht gehen Geschichtsparodie, Sprachkritik, Phantastik und Poesie eine Verbindung ein, die direkt ins Schweizer Herz der Finsternis führt: in unserem Fall per Bus in einen Steinbruch, der seit 400 Jahren in Betrieb ist.

 

Christian Kracht wirft einen utopisch entrückten Blick auf die Schweiz in seinem Roman «Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten» und zeigt, was wäre, wenn Lenin das Exil in der Schweiz nicht verlassen und hier die Sowjetunion gegründet hätte. 2014 spielt sein Roman und zeigt eine zerrüttetes

Land. 100 Jahre Weltkrieg haben die Menschen das Lesen und Schreiben verlernen lassen: zurück in die Zukunft! – Wie meistert ein Theater die Umsetzung von Krachts utopischem Roman, der in Neu-Bern beginnt und seinen Protagonisten aareaufwärts ins Réduit führt? Bei uns wird daraus eine inszenierte Busreise vor die Tore der Bundesstadt in einen gigantischen Steinbruch, der seit über 400 Jahren in Betrieb ist

 

Lenin hat 1917 das Exil in der Schweiz nicht verlassen, sondern hier die Sowjetunion gegründet. Russland ist von Minsk bis zum Ural verstrahlt und unbewohnbar, die Amexikaner sind in die weltpolitische Bedeutungslosigkeit abgesunken und haben ihre Grenzen dicht gemacht; aufstrebende Staaten sind Hindustan und Korea. Neu-Bern ist eine der Hauptstädte des bolschewistischen

Riesenreichs, das bis nach Schwarzafrika reicht, wo Schweizer Divisionäre das Land zivilisiert, urbanisiert, Schulen, Krankenhäuser, Universitäten und auch Militärschulen aufgebaut haben. «Die Schweiz, sie verdankt Afrika viel.» Vor allem Nachschub an Menschenmaterial, das den Krieg führt, der nun schon so lange dauert, dass sich niemand mehr an Frieden erinnern kann.

 

Aus Nyasaland (heute Malawi) stammt die Hauptfigur des Romans, ein junger afrikanischer Offizier, der 2014 vom Obersten Sowjet als Parteikommissär in die Schweizerische Sowjetrepublik beordert wird. Er soll in Neu-Bern einen ideologisch verdächtigen jüdisch-polnischen Offizier festnehmen. Zu Pferd

verfolgt er Richtung Alpen aareaufwärts den Flüchtigen durch ein kriegsmüdes, zerfallendes Land, bis er schliesslich durch einen Eingang im Schreckhorn das Réduit betritt. Dieses mythische Zentrum des Landes, «Kern, Nährboden und Ausdruck unserer Existenz», trotzt seit 96 Jahren den Angriffen der Faschisten. In den unendlichen Gängen des Réduits findet der Kommissär zwar den Gesuchten, verliert sich jedoch in einer Fülle von psychedelischen Eindrücken, bis er es schafft, die Alpenfestung gen Süden, gen Afrika zu verlassen.

 

Regie Jan-Christoph Gockel

Bühne Julia Kurzweg

Kostüme Dorothee Joisten

Musik Matthias Grübel

Dramaturgie Karla Mäder

Mit Henriette Blumenau, Sophie Hottinger, Milva Stark, Pascal Goffin, Benedikt

Greiner, Andri Schenardi, Jürg Wisbach

 

Der Treffpunkt ist vor dem Stadttheater Bern. Die Vorstellung beginnt mit einer Busfahrt zur Spielstätte.

An der Spielstätte sind stabiles Schuhwerk und wetterfeste Kleidung geboten.

Anschliessend Rückfahrt zum Stadttheater Bern.

Steinbruch bei Bern , PREMIERE 17. Mai 2014 im Rahmen des Festivals

AUAWIRLEBEN

 

Weitere Vorstellungen 18. Mai | 04., 05., 07., 10., 12., 13., 18., 19., 21., 24., 25.,

26. Jun 2014

 

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