Ein Haus wie das Mainfranken Theater und keine Inszenierung von Faust auf dem Spielplan? Eigentlich ein Skandal. Das findet zumindest Kurt. Als ehemaliger Statistenführer des Schlosstheaters Celle verbindet er seine ganz eigene Geschichte mit Goethes großem Menschheitsdrama um den greisen Wissenschaftler Heinrich Faust, der aus Sehnsucht nach Glück und Erfüllung einen Pakt mit dem Teufel eingeht und ein unschuldiges Mädchen dabei ins Verderben stürzt. Kurzerhand beschließt Kurt, in den Würzburger Kammerspielen zu kampieren, bis Intendant Hermann Schneider seinen Protest erhört und seiner Forderung nach einer Inszenierung Folge leistet. Aber natürlich ist ihm klar, dass in dieser vertrackten Situation Querulantentum allein nicht genügen kann. Deswegen setzt er auf klassische Überzeugungsarbeit und spielt seine ganz persönlichen Höhepunkte aus dem Theaterstück nach. Für einen Mann wie Kurt ist das kein Problem. Schließlich kennt er die Celler Inszenierung nach wie vor in- und auswendig, ist absolut textsicher und hat diverse Anekdoten aus seinem reichhaltigen Bühnenleben parat, die Goethes Tragödie in (fast) nichts nachstehen. Weitere Mitstreiter, die eigens in die Rollen von Mephisto oder Gretchen schlüpfen müssten, sind da völlig überflüssig. Kurt ist auf niemanden angewiesen. Er hat alles im Griff – und erzählt mit einer riesigen Portion Enthusiasmus und Leidenschaft.
Regisseurin Nele Neitzke setzt bei ihrer Bearbeitung des faustischen Stoffes genau hier an und verwandelt diese klassische Tragödie zu einem turbulenten Ein-Mann-Stück um, das dem Publikum gleichzeitig Einblicke in den Theaterbetrieb gewährt.
Nach der erfolgreichen Inszenierung Junger Klassiker – Nibelungen Short Cuts in der letzten Spielzeit, wagt sich Nele Neitzke nun erneut an einen weiteren Stoff der Weltliteratur, den sie auf rund 70 min Spielzeit kürzt. Wie auch bei der letzten Kammerproduktion wird sie dabei von Elvira Ulmer (Bühne) und Veronika Silva-Klug (Kostüme) unterstützt.
Inszenierung: Nele Neitzke
Bühne: Elvira Ulmer
Kostüme: Veronica Silva-Klug
Dramaturgie: Wiebke Melle
MIT
Kai Christian Moritz