In einem Akt spontaner Solidarität beschließen die Frauen eines Mailänder Arbeiterviertels, “einzukaufen” ohne zu bezahlen. Dass im Eifer der anarchischen Ladenschlacht vor allem Hundefutter, Vogelhirse und Kaninchenköpfe in ihren Einkaufssackerln gelandet sind, fällt Antonia erst zuhause auf. Und dann muss der “Großeinkauf” auch noch vor Giovanni verborgen werden, denn der schätzt eher gewerkschaftliche Bedächtigkeit. So wird Margherita, die Nachbarin, in der Eile für schwanger erklärt und aus den Lebensmitteln ein künstlicher Bauch geformt – zur nicht geringen Überraschung ihres Gatten Luigi. Und dies ist nur der Beginn einer sich ins Absurde steigernde Verkettung von Ereignissen und Missverständnissen …
Dario Fo, Schauspieler, Autor und Regisseur in Personalunion und trotz aller juristischen und kirchlichen Angriffe seit 1997 auch Träger des Literaturnobelpreises, hat seinen rasant-turbulenten Reigen über Kapitalismus, Konsum und Ungerechtigkeit in den 70er Jahren in kollektiver Arbeitsweise mit seiner Theatertruppe erarbeitet, den Text in einem jahrzehntelangen “work-in-progress” aber immer wieder überarbeitet. In einer einzigartigen Mischung trifft Kapitalismuskritik Brechtscher Tradition auf das boulevardeske Erbe der Commedia dell’arte. Eine zum Zeitpunkt ihres Entstehens surreale, heute erstaunlich aktuelle Utopie.
Das Landestheater Linz spielt die neueste vom Autor in Buchform herausgegebene Version von „Bezahlt wird nicht!“. Den alten italienischen Titel „Non si paga! Non si paga!“ hat Fo hierfür in „Sotto paga! Non si paga!“, also „Unterbezahlt! Bezahlt wird nicht!“ umgeändert, um den Strukturen des modernen Arbeitsmarktes gerecht zu werden. Veronika Wolff, in der letzten Spielzeit Regisseurin der “Schneekönigin”, inszeniert die Neufassung für das Landestheater Linz und hat das neue Textmaterial übersetzt.
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Laut Untersuchung des Bundesministeriums für Soziales und Konsumentenschutz leben rund 5,6 Prozent der österreichischen Bevölkerung in akuter Armut. Jeder Achte gilt als armutsgefährdet, was bedeutet, mit weniger als 893 Euro netto im Monat auskommen zu müssen. Das sind rund 1 Millionen Menschen. Als working poor werden jene Personen bezeichnet, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen und deren Haushaltseinkommen dennoch unter der Armutsgefährdungsschwelle liegt. Rund 7 Prozent aller in Österreich Erwerbstätigen sind armutsgefährdet. Anders gesagt: 41 Prozent aller Armutsgefährdeten im Erwerbsalter gehen einer bezahlten Arbeit nach.
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Inszenierung Veronika Wolff
Bühne und Kostüme Anne Poldrack
Dramaturgie Kathrin Bieligk
Antonia Eva-Maria Aichner
Margherita Julia Ribbeck
Giovanni Joachim Rathke
Luigi Sebastian Hufschmidt
Brigadiere/Carabiniere/Bestatter/Alter Lutz Zeidler