Unermüdlich „wunderheilt“ und therapiert sie, was das Zeug hält, denn alle weiteren Figuren in dieser Oper haben es wahrhaftig nötig: Orlando ist
aufgrund einer unerfüllten Liebe in wilder Raserei verfallen, Rodomonte ist nur noch auf die nächste Prügelei aus, Diener Pasquale plagt die Liebe und sein leerer Magen und das um sich selbst kreisende Paar Angelica und Medoro gefällt sich als leidendes Liebesduo am besten. Höchste Zeit, all diese
Krisenzustände zu beheben – und das mit allerlei Esoterik, Hokuspokus, echten Gefühlen, einer gehörigen Portion Humor und natürlich mit der unnachahmlich virtuosen und immer wieder ins Ironische fallenden Musik Joseph Haydns (Musikalische Leitung: Carlos Spierer).
Für den Dirigenten Nikolaus Harnoncourt steht die überwältigende Qualität von Joseph Haydns ORLANDO PALADINO außer Frage: „Diese Oper Haydns gehört zu dem Besten, ja wenn man es versteht, zeitlos Gültigsten, was es damals im Musiktheater gab.“ 1782 uraufgeführt, avancierte die in Musik gesetzte Geschichte vom Rasenden Roland tatsächlich zu einer der am häufigsten gespielten Oper des österreichischen Meisters. Was könnte also näher liegen, als das Dramma eroico-comico zum 200. Todestag des Komponisten wieder aus der Versenkung empor zu heben.
Die Geschichte vom wahnsinnig gewordenen Roland – ein Neffe Karls des Großen – trägt mittelalterliche Züge, das phantastische Epos, das Lodovico Ariost dieser Figur widmete, stammt aus der Renaissance, Haydns Oper hingegen markiert die Zeit des Rokoko. Die Paarung dieser Epochenvielfalt mit einer Handlung, in der die Figuren fast nur um sich selbst und die eigene
Haltlosigkeit kreisen, lässt viel Raum für Interpretationen. Das Regieteam Julia Riegel (Inszenierung) und Caroline Neven Du Mont (Bühne und Kostüme) bedient sich daher eines freien und sehr phantasievollen Umgangs mit Ort und Zeit, in der die Suche nach dem Sinn des Lebens und der Umgang mit den alltäglichen Wehwehchen im Zentrum stehen.
– in deutscher Sprache –
Musikalische Leitung: Carlos Spierer
Inszenierung: Julia Riegel
Bühne und Kostüme: Caroline Neven Du Mont
Mit: Henrietta Hugenholtz, Simone Schwark, Petra van der Mieden; Matthias Ludwig, John Carlo Pierce, August Schram, Ralf Simon, Thomas Stückemann, Tomi Wendt
Philharmonisches Orchester Gießen