Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Österreichische Erstaufführung: "IchundIch" von Else Lasker-Schüler im Theater Nestroyhof Hamakom WienÖsterreichische Erstaufführung: "IchundIch" von Else Lasker-Schüler im...Österreichische...

Österreichische Erstaufführung: "IchundIch" von Else Lasker-Schüler im Theater Nestroyhof Hamakom Wien

Premiere: 24. Januar 2012, 20 Uhr. -----

Die jüdische Dichterin Else Lasker-Schüler befindet sich seit 1933 im Exil - nachdem ihr in Deutschland gerade der Kleist-Preis verliehen worden war. 1938 wird ihr die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen. Als „entartet“ wird sie aus ihrer Heimat, aus ihrem Schaffenskreis verbannt.

Das Ende ihres Lebens verbringt sie, von den Nazis vertrieben, in Jerusalem. Hier schreibt sie ihr letztes Drama „IchundIch“, als Entwurzelte, im Angesicht des Weltkrieges. Ihre Sprache, das Instrument für Else Lasker-Schüler als Dichterin, war und ist das Deutsche. Wenngleich ein Deutsch, das sie zeitlebens selbst kreiert, immer wieder versucht neu zu bilden, ohne Verhaftung in die vorgegebenen grammatikalischen Strukturen.

 

Die Handlung des Stückes wird in den Rahmen einer Inszenierung als fiktive Hauptprobe unter der Leitung von Max Reinhardt gesetzt. „Der Tragödie dritter Teil“ spielt inmitten der Hölle. Faust und Mephisto, die beiden „Hälftenteile“ der Dichterin, befinden sich in unheimlichem Zwiegespräch: Faust verzweifelt an den Vorgängen auf Erden, er weiß nicht mehr, ob es Gott noch gibt. Auf sein Nachfragen hin erwidert Mephisto bloß: „ich weiß nichts sicheres davon“.

 

Das Drama behandelt die Theodizee-Frage in einer Zeit, in der diese Frage beinahe unzulässig erscheint: Kann es Gott geben, wenn das Böse die Welt beherrscht? Die Nationalsozialisten Goebbels, Göring, Hess und von Schirach statten der Hölle einen Besuch ab. Die Nazis haben den Entschluss gefasst, auch die Hölle zu erobern. Mephisto demonstriert jedoch bald seine Überlegenheit, und vernichtet sie allesamt; sogar das nachrückende deutsche Heer unter der Führung Adolf Hitlers muss im Höllenschlamm versinken. Faust begreift nicht, warum Mephisto die Nazis erst fördert und dann doch in den Untergang stürzt. Er versteht nicht, wie Mephisto bereit sein kann, die ganze Welt in den Abgrund zu reißen.

 

Else Lasker-Schülers Drama „IchundIch“ ist teils in Prosa, teils in Versen verfasst; sie kreiert eine

lyrische Höllenfahrt: maßlos, kindlich, anarchisch, bunt. Eine Aufführung von Else Lasker-Schülers letztem Drama, welches in den Kriegsjahren 1940/41 entstand, sollte noch lange Zeit nach Drucklegung auf sich warten lassen. Erst 1979 wurde das Stück in Düsseldorf von Michael Gruner uraufgeführt. Den gewagten Versuch, die oft diskutierte, aber umso seltener gespielte „theatralische Tragödie“ zum wiederholten Male in Szene zu setzen, unternimmt er zu Beginn des Jahres 2012 in Wien, im Theater Nestroyhof Hamakom. Dem unverwechselbaren Stil der Dichterin gemäß soll das Theater Nestroyhof Hamakom in eine apokalyptische Geisterbahn verwandelt werden. Der Zuschauer wird im Stillstand der Kunstdebatte zu einer Fahrt durch den spukhaften Diskurs zwischen Kunst und Politik eingeladen.

 

Inszenierung: Michael Gruner

Bühne/Kostüm: Gabriele Sterz

Dramaturgie: Susanne Höhne

Regieassistenz: Martina Schmidt, Max Mayerhofer

Lichtgestaltung: Stefan Pfeistlinger

 

Mit: Hans Diehl

Hans Escher

Juliane Gruner

Christian Higer

Patrick Jurowski

Max Mayerhofer

Jakob Schneider

Eduard Wildner

 

Vorstellungen: 25. Januar- 04. Februar, 10. und 11. sowie 14.- 18. Februar 2012

 

Rahmenprogramm:

Montag, 16. Januar, 20.00 Uhr

Montag, 6. Februar 2012, 20.00 Uhr

Salongespräch mit Hajo Jahn (Vorsitzender der Else Lasker-Schüler-Gesellschaft und der Stiftung „Verbrannte und verbannte Dichter – Für ein Zentrum der verfolgten Künste“)

 

Weitere Informationen zum Rahmenprogramm unter www.hamakom.at

 

Kartenverkauf:

t: +43 1 8900314

e: ticket@hamakom.at

w: www.hamakom.at

Abendkassa: 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 16 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

EXPLOSIVE KLANGMISCHUNG -- "Eine florentinische Tragödie" von Alexander Zemlinsky bei NAXOS (BR KLassik)

Nicht sonderlich erfolgreich geriet die Stuttgarter Uraufführung der einaktigen Oper "Eine florentinische Tragödie" von Alexander Zemlinsky im Jahre 1917 unter der Leitung von Max von Schillings. In…

Von: ALEXANDER WALTHER

Die ganze Wahrheit? -- „True Crime“ - Andrey Kaydanovskiy | Hege Haagenrud | Demis Volpi in der Deutschen Oper am Rhein

Drei tänzerische Perspektiven zu Wahrheit und Fiktion: Andrey Kaydanovskiy „Chalk“, Hege Haagenrud „The Bystanders“, Demis Volpi „Non-Fiction Études“  

Von: Dagmar Kurtz

SZENEN OHNE ILLUSIONEN -- "Tosca" von Giacomo Puccini in der Staatsoper Stuttgart

Kann Kunst unsere Wirklichkeit beeinflussen? Diese Frage steht als zentrales Thema im Zentrum der Inszenierung von Willy Decker, dessen Figuren sich in Puccinis "Tosca" in einem schwarzen Kasten…

Von: ALEXANDER WALTHER

RETTET DIE FRAUEN! -- Premiere "Zertretung" von Lydia Haider im Schauspiel Nord STUTTGART

Die 1985 in Oberösterreich geborene Lydia Haider hat hier einen radikalen Text vorgelegt, der zuweilen an Rainald Goetz erinnert. Die zentrale Frage lautet: Wie geht man mit einem System um, das…

Von: ALEXANDER WALTHER

ATEMLOSE HÖHENFLÜGE -- SWR Symphonieorchester mit Busoni und Sibelius im Beethovensaal der Liederhalle/STUTTGART

Zwei unterschiedliche Zeitgenossen standen diesmal im Zentrum: Jean Sibelius und Ferrucio Busoni. Immerhin weiß man, dass beide in Helsinki Schumanns Klavierquintett in Es-Dur gemeinsam musizierten.…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑