Der junge Regisseur Armin Peterka inszeniert in der Werkstatt Ariel Dorfmans von Roman Polanski verfilmtes Stück Der Tod und das Mädchen, das zur Zeit der Redemokratisierung in Chile spielt. Das in 25 Sprachen übersetzte Stück bezieht sich auf die öffentliche Debatte über den Umgang mit den zurückliegenden Verbrechen der Pinochet Diktatur und thematisiert den tiefgreifenden Einfluss gesellschaftlicher Machtstrukturen auf unsere menschlichen Beziehungsstrukturen.
Die Regisseurin Johanna Schall inszeniert mit Angst essen Seele auf Rainer Werner Fassbinders wohl berühmtestes Melodram, das die Mechanismen sozialer Unterdrückung und Fremdenfeindlichkeit mit gnadenlos sezierendem Blick frei legt und 40 Jahre nach seiner Entstehung so aktuell ist wie eh und je. In der Spiegelhalle spielen die Konstanzer Schauspielerin Bettina Riebesel und der aus Malawi stammende Schauspieler Mphundu Brian Mjumira das ungleiche Paar aus Fassbinders Drehbuch, das ein Plädoyer für die Liebe zwischen den Menschen ist - ganz gleich welchen Alters und welcher Herkunft sie sind.
Die Produktionen
"Der Tod und Das Mädchen" von Ariel Dorfman
Deutsch von Ulli Stephan und Uwe B. Carstensen
10.02.2017 | Werkstatt
Chile, kurz nach Wiederherstellung der Demokratie. Drei Menschen mit unterschiedlichen Schicksalen begegnen einander. Paulina, ein Opfer des Militärregimes unter General Pinochet, leidet noch immer am Trauma der im Gefängnis erlebten Folter. Ihre Angstzustände isolieren sie, das Studium bleibt unbeendet. Ihr Mann Gerardo hingegen macht Karriere als Mitglied einer Kommission zur Aufklärung der Verbrechen des alten Regimes. Einer Kommission, die nur Morde verfolgt und die Namen der Täter nicht aufdecken darf.
Als er einen Fremden mit nach Hause bringt, glaubt seine Frau ihren Folterer wiederzuerkennen. Sie überwältigt den freundlichen Mann, bedroht ihn und schockiert Gerardo mit dieser Umkehrung der Gewaltverhältnisse, die seine Karriere zerstören könnte. Schockiert befürchtet er, Paulina sei fähig, den Gefangenen zu verletzen oder sogar zu töten. Doch Paulina will Vergangenheitsaufarbeitung. Sie will die offene, nichts beschönigende Auseinandersetzung mit ihrem Mann. Und ein Geständnis des Täters.
Sie will, was der Staat und seine offizielle Rechtsprechung im Dunkeln lassen: die ganze Wahrheit.
Ariel Dorfmans Stück Der Tod und das Mädchen entstand 1991 unter dem Eindruck der öffentlichen Debatte in Chile über den Umgang mit den zurückliegenden Verbrechen und zeigt, wie tiefgreifend gesellschaftliche Machtstrukturen unsere menschlichen Beziehungsstrukturen bestimmen.
Und nicht zuletzt warnt sein Stück vor dem Verlust der Freiheit, vor vorbeugenden Verhaftungen oder elektronischen Fußfesseln, die keine Sicherheit garantieren, aber unsere demokratische Rechtsstaatlichkeit demontieren werden. Mitten in Europa. Wo wieder ein gestriger Ungeist sein Unwesen treibt. In Polen. Ungarn. Oder der Türkei. Bei uns.
Armin Peterka, geb. 1989 in Meiningen, studierte nach einem Festengagement am Theater Regensburg an der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig Dramaturgie. Er assistierte an der Musikalischen Komödie Leipzig und am Salzburger Landestheater, realisierte eigene Projekte/ Uraufführungen junger Autoren in der freien Szene Leipzigs und ist seit der Spielzeit 2015 / 2016 Regieassistent am Theater Konstanz, wo er mit Der Tod und Das Mädchen erstmals inszeniert.
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"Angst essen Seele auf"
Ein Drehbuch von Rainer Werner Fassbinder
11.02.2017 | Spiegelhalle
Mit Angst essen Seele auf gelang Filmregisseur Rainer Werner Fassbinder der internationale Durchbruch. Sein berührendes Melodram, das 1974 u.a. den Kritikerpreis der Filmfestspielen von Cannes gewann, spiegelte der Bundesdeutschen Öffentlichkeit den Rassismus, dem die damals so genannten Gastarbeiter ausgesetzt waren. Regisseurin Johanna Schall inszeniert am Theater Konstanz eine Bühnenfassung von Fassbinders Drehbuch, das 40 Jahre später nach wie vor traurige Aktualität hat.
In einer Kneipe betrinkt sich der aus Malawi stammende Mphundu und versucht, seinen Alltag zu vergessen. Halb aus Spaß, halb aus Mitleid fordert er die verwitwete Puttzfrau Emmi, gut zehn Jahre älter als er, zum Tanzen auf. Diese zarte, unbeholfene Begegnung endet mit einer gemeinsam verbrachten Nacht. Die zwei vermeintlich Ungleichen finden in ihrer Einsamkeit zueinander, finden Halt aneinander und entdecken, wie gleich sie sich in ihrer Verschiedenheit sind.
Mphundu bekennt sich zu der älteren Frau, sie sich zu dem jüngeren Mann aus Malawi. Allen Anfeindungen der Nachbarn, Arbeitskollegen und Verwandten zum Trotz leben sie selbstbewusst und öffentlich und heiraten. Doch der Kampf um ihr gemeinsames Glück droht nicht nur an der Diskriminierung durch ihr Umfeld, sondern auch an den eigenen Ängsten und Vorurteilen zu zerbrechen.
Angst essen Seele auf legt die Motive von Fremdenfeindlichkeit ebenso schonungslos frei wie die Mechanismen sozialer Unterdrückung. Der Leidensweg des ungewöhnlichen Paares ist ein Plädoyer für die Liebe zwischen den Menschen, ganz gleich welchen Alters oder welcher Herkunft sie sind.
Johanna Schall begann ihre Schauspielausbildung 1980 in Berlin. Nach Festengagements am Kleist-Theater Frankfurt/Oder und dem Deutschen Theater Berlin arbeitet sie seit 1993 als Regisseurin. Nachdem sie 2016 im großen Haus Der Diener zweier Herren inszenierte, setzt sie nun Fassbinders Melodram in der Spiegelhalle in Szene.