Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
"Salome" nach Oscar Wilde / Einar Schleef. Schauspiel Stuttgart "Salome" nach Oscar Wilde / Einar Schleef. Schauspiel Stuttgart "Salome" nach Oscar...

"Salome" nach Oscar Wilde / Einar Schleef. Schauspiel Stuttgart

Premiere Do., 10.05.2018, 19:30 Uhr, Schauspielhaus

Beim Evangelisten Markus wird die Geschichte von Johannes dem Täufer so erzählt: die judäische Prinzessin Salome fordert für ihre Mutter Herodias von König Herodes den Kopf des Propheten. Nach der Erzählung im Evangelium wurde der Stoff in unzähligen Versionen bearbeitet: Am bekanntesten sind Oscar Wildes Tragödie von 1891 und die darauf basierende Oper von Richard Strauss. Darin ist verschmähte Liebe das Motiv von Salomes‘ Forderung nach dem Kopf des Täufers.

 

Einar Schleef nannte „Salome“„ eine Sauerei, selbst in der harmonischsten Übertragung“ und schuf mit seiner eigenen Bearbeitung ein Drama, das die Abgründe menschlichen Verhaltens noch zugespitzter beschreibt. Der erste Satz seines dem Stück vorangestellten Vorwortes lautet: „Das männliche Christentum braucht das weibliche Opfer, es ist dessen Fundament. Unterm Kreuz Christi windet sich die Schlange. Salome ist der letzte weibliche Widerstand. Er wird gebrochen.“

In dem Text geht es vor allem um zwei Prinzipien, die sich  unversöhnlich gegenüber stehen – das Prinzip von Askese und religiöser Ekstase, das Johannes verkörpert und das Prinzip radikaler Liebesverwirklichung, für welches Prinzessin Salome steht. Beide scheuen den Tod nicht: In Jerusalem sitzt Johannes der Täufer als Gefangener des Königs Herodes Antipas in einer alten Zisterne, weil er in seinen Predigten dessen Heirat mit Herodias, der Frau seines Bruders, als Blutschande anprangert. Herodias fordert daraufhin seinen Tod. Antipas aber fürchtet Johannes, den er für einen Propheten Gottes hält und versucht dies zu verhindern. Salome hört bei einem Fest fasziniert die Stimme des Gefangenen, der die Ankunft des Messias verkündet. Sie wünscht ihn zu sehen und verfällt ihm mit dem ersten Blick. Leidenschaftlich begehrt sie den Propheten, seinen Leib, sein Haar, seine Lippen, aber dieser weist sie brüsk zurück und fordert sie auf, ihr Leben zu ändern. Herodes lässt Johannes töten, als Salome als Lohn für ihren Tanz den Kopf des Propheten auf einer Silberschüssel fordert. Als er ihr gebracht wird, küsst sie ihn und hält mit ihm Zwiesprache. Eine merkwürdige Ambivalenz bestimmt diese Szene: „Das Geheimnis der Liebe ist größer als das Geheimnis des Todes."

Salome bestreitet, dass Gottsehen und erkennen, eine Frau sehen und erkennen nicht zusammen gehe. Salome wollte von Jochanaan gesehen werden – in ihrer Liebe, in ihren sexuellen Ansprüchen, auch in ihrer Entschiedenheit. Doch er hat sie nicht angesehen in seiner Fixierung auf das Transzendente, das kommende Reich Gottes, die Religion. Religion meint hier auch Politik. Jede Form von Theorie und Ideologie. Alles, was nicht Liebe ist. In dieser Religion verschanzen sich die Männer und der Untergang ist eine Frage der Zeit.

Regie: Sebastian Baumgarten
Bühne: Thilo Reuther
Kostüme: Marysol del Castillo
Video: Philip Bußmann
Musik: Jörg Follert
Licht: Jörg Schuchardt
Dramaturgie: Carmen Wolfram

Besetzung:
Christian Czeremnych, Julischka Eichel, Paul Grill, Horst Kotterba, Astrid Meyerfeldt, Felix Mühlen, Sebastian Röhrle, Thomas Wodianka

So., 13.05.2018
19:30 Uhr
Do., 17.05.2018
19:30 Uhr
18:45 Uhr Einführung
Fr., 01.06.2018
19:30 Uhr
Sa., 23.06.2018
19:30 Uhr
Zum letzten Mal
Mi., 27.06.2018
19:30 Uhr
Schauspielhaus
18:45 Uhr Einführung

Bild: Oscar Wilde

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 16 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

EXPLOSIVE KLANGMISCHUNG -- "Eine florentinische Tragödie" von Alexander Zemlinsky bei NAXOS (BR KLassik)

Nicht sonderlich erfolgreich geriet die Stuttgarter Uraufführung der einaktigen Oper "Eine florentinische Tragödie" von Alexander Zemlinsky im Jahre 1917 unter der Leitung von Max von Schillings. In…

Von: ALEXANDER WALTHER

Die ganze Wahrheit? -- „True Crime“ - Andrey Kaydanovskiy | Hege Haagenrud | Demis Volpi in der Deutschen Oper am Rhein

Drei tänzerische Perspektiven zu Wahrheit und Fiktion: Andrey Kaydanovskiy „Chalk“, Hege Haagenrud „The Bystanders“, Demis Volpi „Non-Fiction Études“  

Von: Dagmar Kurtz

SZENEN OHNE ILLUSIONEN -- "Tosca" von Giacomo Puccini in der Staatsoper Stuttgart

Kann Kunst unsere Wirklichkeit beeinflussen? Diese Frage steht als zentrales Thema im Zentrum der Inszenierung von Willy Decker, dessen Figuren sich in Puccinis "Tosca" in einem schwarzen Kasten…

Von: ALEXANDER WALTHER

RETTET DIE FRAUEN! -- Premiere "Zertretung" von Lydia Haider im Schauspiel Nord STUTTGART

Die 1985 in Oberösterreich geborene Lydia Haider hat hier einen radikalen Text vorgelegt, der zuweilen an Rainald Goetz erinnert. Die zentrale Frage lautet: Wie geht man mit einem System um, das…

Von: ALEXANDER WALTHER

ATEMLOSE HÖHENFLÜGE -- SWR Symphonieorchester mit Busoni und Sibelius im Beethovensaal der Liederhalle/STUTTGART

Zwei unterschiedliche Zeitgenossen standen diesmal im Zentrum: Jean Sibelius und Ferrucio Busoni. Immerhin weiß man, dass beide in Helsinki Schumanns Klavierquintett in Es-Dur gemeinsam musizierten.…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑