Alle angebotenen Reichtümer des Tetrarchen schlägt sie dafür aus, alle Macht am Thron interessiert sie nicht. Unbeirrt fordert sie die Erfüllung ihres einen Wunsches: Den Kopf jenes Mannes, den sie als einzigartige Schönheit, andere aber als auserwählten Heiligen betrachten; jenen Kopf, der sich weigerte, sie anzusehen, weil er sie für unwürdig und sündig hielt. Nur so kann Salome jene Augen betrachten, die sie nicht eines Blickes würdig fanden, jene Lippen berühren, die sie verteufelten, jenen geliebten Kopf in den Armen halten, der sie als unberührbare Hure verdammte.
Oscar Wilde, dem wegen seiner Homosexualität der Prozess gemacht wurde, schrieb sein Drama fernab vom puritanischen England 1891 in Paris. Das körperliche Erscheinen und Empfinden seiner Titelfigur hatten keinen Platz in dieser Welt: Salomes Reize setzen für einen Moment die weltliche Ordnung außer Kraft, ihre Wünsche gefährden den inneren Frieden im Lande, ihr Existenzrecht wird ihr von dem Propheten Johannes aberkannt.
Nach der installativen Arbeit "Kirchenlieder" und der Romanbearbeitung "Die Wellen" von Virginia Woolf zeigt Ulrich Rasche nun mit dem Drama Wildes seine dritte Inszenierung in Stuttgart.
Fassung von Ulrich Rasche und Frederik Zeugke
Regie und Bühne: Ulrich Rasche,
Kostüme: Bernd Skodzig,
Musik: Stefan Tiedje,
Dramaturgie: Frederik Zeugke
Mit: Zvonimir Anković (Jochanaan), Anja Brünglinghaus (Herodias), Elmar Roloff (Herodes), Nadja Stübiger (Salome) sowie Boris Burgstaller, Rainer Philippi und Tom Wlaschiha