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SCHAUSPIEL FRANKFURT DIGITAL

im MAI 2021

Im Mai zeigt das Schauspiel Frankfurt weiterhin Online-Formate, die auf www.schauspielfrankfurt.de über die digitale Sparte SF DIGITAL ausgestrahlt werden.

 

 

Copyright: Schauspiel Frankfurt

Digitaler Spielplan MAI:

»Ich, ein Jud«
Die Verteidigungsrede des Judas Ischarioth von Walter Jens
Erschienen im Radius-Verlag (unter dem Titel: »Der Teufel lebt nicht mehr, mein Herr! Erdachte Monologe – imaginäre Gespräche«)
Fr, 30. April, 20.00 Uhr bis So, 2. Mai 2021
Aufzeichnung / on demand / kostenfreies Angebot
Judas gilt in der biblischen Überlieferung als zwielichtiger Jünger Jesu, der für  30 Silberlinge seinen Freund verriet und so dem sicheren Tod am Kreuz auslieferte. In seinem fiktiven Monolog »Ich, ein Jud«, der auf Grundlage seines Romans »Der Fall Judas« von 1975 entstanden ist, wirft der Altphilologe und Literaturhistoriker Walter Jens einen neuen, anderen Blick auf Judas Ischarioth. Judas erscheint in seiner direkten Rede an das Publikum als zerrissener, von Schuldgefühlen bedrückter Mensch und erläutert uns seine Sichtweise auf die ihm zugeschriebene Rolle zur Erlösung der Menschheit durch das Opfer des Gottessohns. Einerseits verteidigt er seine Tat als notwendigen Bestandteil der Heilsgeschichte und die des Christentums, die er einvernehmlich mit Jesus bereit war, zu begehen. Andererseits überkommen ihn Zweifel und er stellt sich die Frage, wie die Geschichte ohne seinen Verrat verlaufen wäre. Hätte es vielleicht keine Kreuzigung, keine christliche Kirche gegeben, vielleicht auch keine Judenverfolgung – und wäre Jesus vielleicht friedlich als alter Mann gestorben? Ensemblemitglied Isaak Dentler liest diese außergewöhnliche Verteidigungsrede und wird musikalisch begleitet von Max Mahlert (Schlagzeug) und Tim Roth (Kontrabass, Elektronik).
mit/gelesen von Isaak Dentler Live-Musik Max Mahlert (Schlagzeug), Tim Roth (Kontrabass, Elektronik)

»Lieblose Legenden«
Peter Schröder liest Wolfgang Hildesheimer
Do, 6. Mai, 20.00 Uhr bis Sa, 8. Mai 2021
Aufzeichnung / on demand / kostenfreies Angebot
In seinen satirischen Kurzgeschichten »Lieblose Legenden«, die erstmals 1952 erschienen sind, beschreibt Wolfgang Hildesheimer unterschiedlichste Charaktere, die in die absurdesten Gedankenwelten und Situationen geraten und entlarvt dabei uns wohl bekannte Kulturklischees. Ensemblemitglied Peter Schröder nimmt uns mit in diese grotesken Welten und stellt drei der Geschichten von Hildesheimer vor.
Wolfgang Hildesheimer war ein deutscher Romancier, Essayist, Hörspiel- und Theaterautor. Als Sohn jüdischer Eltern emigrierte er während des Nationalsozialismus nach England und Palästina. Studium der Malerei und Bühnenbild in London. Nach Kriegsende  kehrte er aus dem Exil zurück und wurde Mitglied der Gruppe 47. Er erhielt u. a. 1966 den Büchner-Preis und 1982 den Literaturpreis der Bayrischen Akademie der Schönen Künste. Einen seiner größten Erfolge erlangte er mit seinem 1977 erschienen biografischen Essay über Mozart.
»Diese Erzählungen haben bei aller Ironie, aller bezaubernden parodistischen Spiegelfechterei, allem Sinn fürs offenbar Groteske, fürs Satirische jenen unbedingten geistigen Charme, jene Grazie, jene musische Heiterkeit, die sie bis in die Nuancen hinein zu legitimen Dichtungen machen.« Karl Krolow

»Journal – Tagebuch in Zeiten der Pandemie«
Carolin Emcke im Gespräch mit Dr. Ina Hartwig
am Do, 13. Mai, 18.00 Uhr
Live-Stream aus dem Schauspielhaus / Online-Tickets unter www.schauspielfrankfurt.de
Bestseller-Autorin und Friedenspreis-Trägerin Carolin Emcke denkt in diesem persönlich-politischen Journal über das Ausnahmejahr 2020 nach.
Am 22. März 2020 beschließen Bund und Länder »Kontaktbeschränkungen« – die neue Wirklichkeit der Pandemie greift ein in unsere psychische, soziale, politische Verfassung. Am Tag darauf beginnt Carolin Emcke mit ihrem »Journal«. Sie notiert nächtliche Albträume oder die unmöglichen Abschiede von geliebten Menschen so wie sie die nationalistischen Reflexe Europas und die autoritäre Verführung des Virus analysiert. Es sind subjektive, philosophische Notizen, die dieser historischen Zäsur nachspüren. Immer wieder widersetzt sich Carolin Emcke der Neigung, nur die eigene Stadt oder Region zu betrachten, immer wieder weitet sie den Fokus, reflektiert die Pandemie als globale Konstellation. Es ist die schonungs- und schutzlose Chronik eines Ausnahmezustands, von dem niemand weiß, wann er zu Ende sein und wie er uns verändert haben wird.

»NSU 2.0: Der Film«
Eine Stückentwicklung von Nuran David Calis
Auftragswerk des Schauspiel Frankfurt
ab Fr, 14. Mai, 20.00 Uhr bis 11. Juni 2021
Online-Tickets unter www.schauspielfrankfurt.de, Preise: 10,- / erm. 5,- / oder 20,- Euro
»NSU 2.0«, so lautet die Unterschrift unter bisher über hundert Drohschreiben, die seit August 2018 von anonymen Rechtsextremem an Jurist:innen, Künstler:innen, Politiker:innen, Journalist:innen und andere Personen des öffentlichen Lebens versandt wurden. Viele der Todesdrohungen enthalten Daten, die auf eine enge Verflechtung der Absender mit den Sicherheitsbehörden vor allem in Hessen hinweisen. Doch die Ermittlungen verlaufen schleppend. Bis heute wurden weder Täter gefasst noch Polizeibeamt:innen ermittelt, die für die illegalen Datenabfragen verantwortlich sind. Eine Reform der Sicherheitsprotokolle in den Polizeibehörden erweist sich als weitgehend wirkungslos; die Abfragen gehen weiter.

»NSU 2.0« – die Botschaft dieses Kürzels ist klar. Der sogenannte »Nationalsozialistische Untergrund« NSU, der zwischen 1998 und 2011 mindestens neun Menschen in Deutschland tötete und zahlreiche Verbrechen beging, ist nicht besiegt. Er besteht weiter, und er kann sich auf ein weitverzweigtes Netzwerk bis hinein in Polizei, Justiz und Geheimdienstbehörden berufen.
Was bedeutet das für Politik, Bürger:innen und Opfer? Wieviel Vertrauen können wir noch in die Behörden und Institutionen setzen, die uns vor Terror schützen sollen? Was wird von den Verantwortlichen unternommen? Der Film- und Theatermacher Nuran David Calis hat zu diesen Fragen mit seinem Team in Frankfurt recherchiert und dabei vor allem die Verbindungen des NSU mit dem NSU 2.0 und den rechtsextremen Terroranschlägen in Hanau und Kassel ins Visier genommen. Er hat Politiker:innen interviewt, die Drohschreiben des NSU 2.0 erhalten haben, und zahlreiche Gespräche mit Betroffenen und Aktivist:innen in Hessen geführt.

Parallel zur Bühnenproduktion unter Covid-19 Hygieneschutzmaßnahmen ist dabei eine filmische Umsetzung der Arbeit entstanden. »NSU 2.0: Der Film« ist eine semi-dokumentarische, künstlerische Auseinandersetzung mit einer Bedrohung, die längst nicht mehr nur an den Rändern der Gesellschaft zu verorten ist – wenn sie das jemals war.

Regie Nuran David Calis Bühne Anne Ehrlich Kostüme Anna Sünkel Video und Recherche Gregorian Karnik Komposition und musikalische Einrichtung: Vivan Bhatti Schnitt Shabnam Nimi Divingele Dramaturgie Alexander Leiffheidt

mit Torsten Flassig, Lotte Schubert, Mark Tumba
»Rund oder Spitz. Weltordnungen«

Jugendtheaterprojekt nach Bertolt Brechts  »Die Rundköpfe und die Spitzköpfe oder Reich und reich gesellt sich gern«
von Mi, 19. Mai bis Fr, 21. Mai
Aufzeichnung / on demand / kostenfreies Angebot
Das Einteilen von Menschen zum Zweck der Abwertung, des Ausschlusses und der Unterdrückung ist Teil einer hierarchischen Ordnung der Welt. Wie funktioniert Rassismus und warum? In seinem »Greuelmärchen« von den Rundköpfen und den Spitzköpfen untersucht Bertolt Brecht diese Frage. Ein inklusives und vielsprachiges jugendliches Ensemble stürzt sich mit Elementen aus Brechts »Lehrstück-Methode« lustvoll in Bilder und Figurenkonstellationen, lässt sich von den Texten und einem Rhythmus treiben. Eigene Erfahrungen und Grundmuster von Rassismus in der Kunstwelt »Jahoo« reiben sich aneinander auf der Suche nach Gemeinsamkeiten in der Vielheit. Eine Covid 19-Quarantäne verhinderte die Premiere im Oktober 2020. Das junge Ensemble will sie nur gemeinsam spielen und hofft auf das Frühjahr 2021. Im Stream zeigen wir den Probenmitschnitt eines Durchlaufs in den Kammerspielen, der nicht explizit für eine Videopräsentation gearbeitet wurde (und damit die Schwierigkeiten einer »mitgefilmten« Theateraufführung aufweist.)

Konzept und Regie Martina Droste Bühne und Kostüme Michaela Kratzer Dramaturgische Mitarbeit Gottfried Kößler / Komposition und Sounddesign Ole Schmid      

mit Ayse Alatas, Schlomo Ettling, Lilith Langhammer, Chaula de Lossantos, Alexendre Mbonigaba, Farid Naghshbandi, Ibukun Ayomide Ogunbiyi, Domenica Schröter, Emmanuel Skatchkov, Louis Umbach

49. Römerberggespräche
Die Republik auf allen Viren – Wieviel Angst verträgt die Demokratie?
am Sa, 22. Mai, 10.00 -17.00 Uhr
Live-Übertragung aus dem Chagallsaal / kostenfreies Angebot
Die Pandemie gerät zum Stresstest – nicht nur für das Individuum, sondern auch für das politische System. Grundrechte werden eingeschränkt, Gesetze zu Verordnungen verkürzt. Die Regierung inszeniert sich als effizienter Krisenmanager, der aus wissenschaftlichen Erkenntnissen alternativlose Konsequenzen zieht. Grenzüberschreitend werden angesichts der viralen Bedrohung Rückfälle in autoritär anmutendes Staatshandeln und überwunden geglaubten Nationalismus sichtbar.

Bleibt den Bürger:innen derweil nur noch Angst und Ohnmacht, wenn Expert:innen das Sagen haben? Welche Langzeitfolgen wird der fortgesetzte Lockdown haben – psychisch und politisch? Was wird aus individueller Freiheit, wechselseitigem Vertrauen und staatsbürgerlicher Souveränität? Wie verändert sich das Verhältnis von Staat, Wissenschaft und Gesellschaft? Wie kann die Zivilgesellschaft wieder zum Ort einer kritischen Öffentlichkeit werden? Wieviel Vertrauen müssen wir dem staatlichen Handeln und wissenschaftlicher Wahrheit gegenüber aufbringen; wie sehr können wir es in Frage stellen – ohne haltlosem Verschwörungsglauben in die Hände zu spielen?

In Krisenzeiten werden die Grenzen und Möglichkeiten des Politischen neu bestimmt – mit welchen Risiken und Nebenwirkungen? Das fragen die Römerberggespräche im Superwahljahr 2021 und vier Monate vor der Bundestagswahl.

Moderation Hadija Haruna-Oelker und Alf Mentzer

»LTI Lingua Tertii Imperii« – Sprache des Dritten Reiches von Victor Klemperer
Für die Bühne eingerichtet von Julia Weinreich
von Mi, 26. Mai bis Fr, 28. Mai
Aufzeichnung / on demand / kostenfreies Angebot
Der zweite Weltkrieg begann lange vor den körperlichen und materiellen Schmähungen der Nationalsozialist:innen. Er begann, aus Sicht Victor Klemperers, mit deren sprachlichen Herabsetzungen und Demütigungen. Victor Klemperer, der große deutsche Romanist, hat während der Hitler-Herrschaft die Sprache der Nationalsozialist:innen analysiert und dokumentiert.

Den rätselhaften Titel erklärte Victor Klemperer selbst: »LTI: Lingua Tertii Imperii, Sprache des Dritten Reichs. Als parodierende Spielerei zuerst, gleich darauf als ein flüchtiger Notbehelf des Erinnerns, als eine Art Knoten im Taschentuch, und sehr bald und nun für all die Elendsjahre als eine Art Notwehr, als ein an mich selbst gerichteter SOS-Ruf steht das Zeichen LTI in meinem Tagebuch.«

Bis zur Wende 1989 geriet LTI gelegentlich zwischen die Fronten des Kalten Krieges und war sowohl dem real existierenden Sozialismus wie der demokratischen Bundesrepublik zu politischer Instrumentalisierung und gegenseitiger Diskreditierung dienlich. Aber niemals und nirgendwo, weder in Ost noch West, unterlag der historische Wert von LTI irgendeinem Zweifel. Ebenso wenig wie Klemperers Tagebücher »Ich will Zeugnis ablegen«, die 1995 veröffentlicht wurden und die verdeutlichen, wie wichtig ihm die Analyse der grausamen Alltags-NS-Sprache war.

Wir erleben täglich, wie Worte zu Waffen werden und wie wir damit die Gräben unserer Gesellschaft vertiefen. Wer mit Sprache umgehen kann, kann sie für seine Zwecke benutzen. Denn Sprache ist Macht. Victor Klemperer hat in LTI (Lingua Tertii Imperii – Sprache des Dritten Reiches) gezeigt, wie Sprache im Nationalsozialismus als Ideologietransport missbraucht wurde. Seine Analyse über die Sprache des Dritten Reichs liest sich – bis heute - wie eine Gebrauchsanweisung, sprachliche Manipulationen zu entlarven und zu benennen.

mit Caroline Dietrich, Stefan Graf und Wolfgang Vogler

 

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