Sie ist die einzige, die bereit ist, Güte vor Eigennutz zu stellen und die Götter zu beherbergen. In der globalisierten Marktwirtschaft wird alles zur Ware, auch der eigene Körper und die Liebe. Wer an ethische Normen glaubt, hat schon verloren im täglichen Konkurrenzkampf.
Brecht, der seit Ende der Zwanziger Jahre an dem Stoff gearbeitet hatte, waren die Folgen der Weltwirtschaftkrise von 1929 deutlich vor Augen, als er sein Stück schrieb, das 1943 in Zürich uraufgeführt wurde. Heute haben Armut und Existenzangst die Form, aber nicht ihr Wesen in unserer Gesellschaft geändert. Wie Shen Te sich in den Mann Shui Ta verwandeln muss, damit ihre Güte nicht gnadenlos ausgenutzt wird, so geht auch durch uns ein Riss, wenn wir in der 'Festung Europa' sitzend unseren Blick auf die Schattenseiten der globalisierten Welt richten.
Brechts fiktive Parabelwelt ermöglicht ein lustvolles Durchspielen dieser Widersprüche unseres täglichen Daseins: "Wie soll ich gut sein, wo alles so teuer ist?"
Nach Ibsens "Ein Volksfeind" in der vergangenen Spielzeit ist dies bereits die siebte Inszenierung von Thomas Dannemann (*1968) für das Schauspiel Stuttgart.
Regie: Thomas Dannemann, Bühne: Katrin Nottrodt, Kostüme: Regine Standfuss, Dramaturgie: Jörg Bochow
Mit: Bernhard Baier (Schreiner Lin To), Boris Burgstaller (Einer der drei Götter), Inga Busch (Shen Te / Shui Ta), Jan Krauter (Polizist), Florian von Manteuffel (Yang Sun), Rahel Ohm (Hausbesitzerin Mi Tzü/Frau Yang), Katharina Ortmayr (Frau), Rainer Philippi (Barbier Shu Fu), Lutz Salzmann (Einer der drei Götter), Dino Scandariato (Mann), Sebastian Schwab (Einer der drei Götter), Anna Windmüller (Witwe Shin), Bijan Zamani (Wang) sowie Bernd Settelmeyer und Daniel Smutny (Musiker)
(Vorstellungen ensuite nur bis 19. Februar 2011)