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SPIELTRIEBE 4 - ENTSICHERT Festival für zeitgenössisches Theater in Osnabrück vom 2.- 4. September 2011.SPIELTRIEBE 4 - ENTSICHERT Festival für zeitgenössisches Theater in Osnabrück...SPIELTRIEBE 4 -...

SPIELTRIEBE 4 - ENTSICHERT Festival für zeitgenössisches Theater in Osnabrück vom 2.- 4. September 2011.

Zehn Jahre nach 9/11: Das Theaterfestival „Spieltriebe 4 – Entsichert“ präsentiert in 14 Eigenproduktionen Schauspiel, Tanz und Musiktheater und befasst sich mit den vielfältigen Auswirkungen auf unsere Welt, auf das Leben der Menschen in ganz verschiedenen Kulturkreisen, zehn Jahre nach den Angriffen auf das World Trade Center in New York und auf das Pentagon in Washington. Dieser Anschlag auf das Zentrum der Supermacht USA hat die Welt so nachhaltig verändert wie kein anderes Ereignis seit Ende des 2. Weltkrieges. Viele Folgen davon werden jetzt erst spürbar. Das Osnabrücker Theaterfestival beschäftigt sich jenseits von Tagespolitik und Talkshows mit den Erschütterungen in den Tiefenschichten der Zivilisation. Ein Festival zur aktuellen Lage – mit Theater aus 2.500 Jahren.

 

Mit „Spieltriebe 4 – Entsichert“ beginnt der neue Intendant Ralf Waldschmidt seine Arbeit am Theater Osnabrück. Gezeigt werden14 Ur- und Erstaufführungen aller Sparten an zum Teil noch nie bespielten Orten der Stadt. Organisiert ist das Festival in fünf verschiedenen Routen, aus denen die Zuschauer an drei aufeinender folgenden Tagen wählen können.

 

Unter den Autoren sind so prominente Namen wie Theresia Walser und Henning Mankell ebenso zu finden wie der renommierte amerikanisch-jüdische Komponist Sidney Corbett oder der junge rumänische Dramatiker Peca Ştefan. Über 50 meist junge Theatermacher aus ganz Deutschland haben seit Wochen daran gearbeitet, ihre ganz subjektive und persönliche Sicht auf die Welt im Herbst 2011 zu einer aufregenden und teilweise auch verstörenden Theaterzeitreise zu machen. Die Stadt Osnabrück selbst wird zur Bühne: Kasernen und Kirchen, Museen und Eisenbahnwaggons verwandeln sich in Theaterlabors.

 

Die Stücke

 

Theater am Domhof

TOD EINER HÜNDIN (UA)

Antikenprojekt nach Troerinnen und Hekabe von Euripides

 

Schon an den Anfängen des europäischen Theaters vor 2500 Jahren standen Fragen, die uns noch heute beschäftigen: Wie kann der einzelne Mensch sich in einer Welt der Gewalt und des Krieges behaupten? Wie kann er seine Würde bewahren? Gibt es überhaupt Hoffnung auf einen Zustand des Friedens?

Aischylos, Sophokles, Euripides – sie wussten bereits, dass die Verantwortung nicht allein bei den Göttern zu suchen ist. Ihre Fragen richten sich an den Menschen selbst. Aus der Gestaltung des Leidens schufen die antiken Tragiker Figuren, die uns noch heute unmittelbar berühren. Eine der großartigsten und faszinierendsten Gestalten ist Hekabe, die greise trojanische Königin. Nachdem ihre Stadt den Krieg verloren hat, ist sie Gefangene – sie wartet auf den Abtransport in die Sklaverei und trauert. Als nach der sinnlosen Opferung ihrer Tochter auch der heimtückische Mord an ihrem letzten Sohn offenbar wird, ist Hekabes Rache klar durchdacht und grausam: Gemeinsam mit ihren Frauen tötet sie die Söhne des Mörders, blendet ihn dann und verwandelt sich zur rasenden Hündin.

Das Theater selbst ist Thema in Alexander Mays Adaption der antiken Tragödie: Das Foyer wird zur Bühne, die Bühne wird zum Zuschauerraum, der Videokünstler Thomas Limpinsel wird eine zusätzliche Ausdrucksdimension erschließen. Alexander May inszenierte bisher u. a. am Bayerischen Staatsschauspiel, am Theater Augsburg, am Schauspiel Essen sowie am Staatstheater Nürnberg.

 

Textfassung Alexander May / Maria Schneider

Inszenierung Alexander May Bühne/ Kostüme Martin Fischer

Video Thomas Limpinsel

Dramaturgie Maria Schneider / Ralf Waldschmidt

 

***

 

emma-theater

Theresia Walser

EINE STILLE FÜR FRAU SCHIRAKESCH (UA)

Koproduktion mit dem Theater Freiburg

 

Frau Schirakesch ist nicht da. Um diese Leerstelle versammeln sich sechs Menschen, die eine mittelbare oder unmittelbare Kriegserfahrung verbindet: Herr Gert ist General und ein Experte darin, sich jeglicher Auskunftspflicht zu verweigern. Die Soldatin Rose ist dem Krieg lebend entkommen und schweigt wie ein Grab. An ihrer statt spricht ihr Vater, der sich die Erfahrungen der Tochter zu eigen gemacht hat. Die Runde komplettiert sich durch zwei Schönheitsköniginnen, die schwitzen und Wasser trinken und wie verirrte Zugvögel auf dem Weg zum internationalen Schönheitswettbewerb hier gestrandet sind: Ihre Bikiniparade wurde abgeblasen, weil Frau Schirakesch gesteinigt werden soll. Angeführt wird die Gesprächsrunde von Hilda, der Fragenstellerin, der Wagenlenkerin. Theresia Walser treibt ihre Figuren auf das ungesicherte Terrain der öffentlichen Meinungsäußerung, auf dem das, was eigentlich verhüllt bleiben will, unbeabsichtigt zu Tage tritt. Frau Schirakesch, die Frau unter der Burka, sitzt in der Mitte ihrer Köpfe. Sie wird zum Symbol für den Feldzug, den die Demokratie im Namen der Menschenrechte führt. Ein Symbol, das sich jeder greifen und zu Diensten machen kann. Der Countdown läuft. Die Stille für Frau Schirakesch wird eintreten, wenn ihre Steinigung beginnt und die Kameras auf Sendung gehen. Eine Stille für Frau Schirakesch ist als Auftragsarbeit des Theaters Freiburg entstanden und wird in der Regie von Annette Pullen mit Schauspielern aus beiden Ensembles in Osnabrück und Freiburg uraufgeführt.

Inszenierung Annette Pullen

Bühne/Kostüme Iris Kraft

Dramaturgie Ruth Feindel

 

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Naafi-Supermarkt / Kaserne am Limberg

Letizia Russo

HUNDEGRAB (DSE)

 

Ein jahrelanger Krieg schleppt sich seinem Ende entgegen. Fernab der Front leben noch Menschen, eine kleine Gemeinschaft, in deren Lebenswirklichkeit sich der Krieg unauslöschlich eingeschrieben hat. Die alte Glauke hat sich aus Verzweiflung über die Schändung und Ermordung ihrer Tochter geblendet und wartet auf den Tod, der nicht kommen will. Ihr Sohn Johnny, ein Deserteur, liebt Mánia, die von ihm ein Kind erwartet, sich jedoch nicht zu Johnny bekennen kann: Noch hält sie an der Hoffnung fest, ihr Mann Luther könnte von der Front zurückkehren. Die Nachricht seines Todes trifft ein – und dennoch steht Luther plötzlich vor der Tür, um Rache zu nehmen.

Die Autorin und Übersetzerin Letizia Russo, Jahrgang 1980, lebt und arbeitet in Rom. In ihrem parabelhaften Stück Tombe di cane (Hundegrab) von 2001, das in Italien zwei renommierte Theaterpreise gewann, entwirft sie Figuren, die verlernt haben, ohne Krieg zu leben.

Deutsch von Sabine Heymann

Inszenierung Felix Meyer-Christian Bühne Simon Futterlieb Kostüme Clarissa Freiberg / Miriam Zabek Dramaturgie Maria Schneider

 

Piesberger Gesellschaftshaus

Peca Ştefan

DRAHTSEILAKROBATEN (UA)

 

„Meine Damen und Herren! Nach jahrelangen Workshops und Stückentwicklungen präsentiere ich Ihnen ein neues rumänisches Stück. Angesiedelt in der Welt des rumänischen Zirkus, handelt es gewissermaßen von emotionalen Akro­baten und ihren Drahtseilen. In seinem sozial-realistischen Stil geht es bis an die Grenzen des Absurden.“ Ein Drama über Liebe und Tod. Den Tod aus Liebe, den Tod der Liebe oder des geliebten Menschen – und das Überwinden dieses Verlusts. In einem surrealen, nur lose verbundenen Figurenreigen entfaltet sich eine melancholische Welt, in der die Helden am Abgrund tanzen und sich manchmal selbst zerfleischen müssen, um das echte Gefühl freizulegen. Nach seiner szenischen Lesung beim Berliner Theatertreffen 2010 und vor seinen Premieren in Bukarest, Budapest und New York wird das Stück des jungen rumänischen Autors in Osnabrück uraufgeführt. Peca Ştefan hat unter anderem an der New York University studiert und war „Playwriting Resident“ am Royal Court Theatre in London. In Rumänien gewann er bereits 2002 den „dramAcum“, den Preis für den besten Nachwuchsdramatiker. Seine zahlreichen Stücke sind ins Englische, Türkische, Französische, Italienische und Deutsche übersetzt worden. Er lebt in Bukarest.

Deutsch von Johannes Schrettle

Regie Katja Lillih Leinenweber

Bühne Margrit Flagner

Kostüme Merle Preiß

Dramaturgie Cornelia Steinwachs

 

***

 

Manschaftskasino / Kaserne am Limberg

Frank Abt/Dirk Schneider

WENN DIE SONNE IMMER NOCH SO SCHÖN SCHEINT ... MEIN ELFTER SEPTEMBER (UA)

 

Wer erinnert sich nicht an den Tag des Anschlags auf das World Trade Center – und doch: Jeder erinnert sich anders an ihn. Fast immer vermengt sich die Erinnerung an das weltpolitische Ereignis mit derjenigen an die eigene private Situation. Und so führt das Erzählen über 9/11 immer auch in intime Welten, die viel verraten über die individuellen Wünsche, Ängste, Hoffnungen und Werte der Erzähler. Wie erinnern wir uns und was ist seitdem geschehen? Zehn Jahre danach hat die Welt sich verändert – wie hat sich die eigene Stadt, der eigene Alltag gewandelt? Neue Ängste sind entstanden, wie gehen wir mit ihnen um? Helfen Sicherheitsmaßnahmen oder schränken sie nur unsere persönliche Freiheit ein? Wie hat sich für Menschen, deren Beruf die Sicherheit der anderen ist, seit damals die Situation verändert? Diesen und anderen Fragen gehen der Journalist Dirk Schneider und der Regisseur Frank Abt in ihrem Recherche-Projekt zum 11. September 2001 nach, für das sie Menschen in Osnabrück befragen, deren Aussagen die Textbasis dieses Theaterabends bilden. Menschen, die im Theater sonst nicht zu Wort kommen, bekommen auf diese Weise durch Schauspieler eine Stimme. Frank Abt wird in Osnabrück auch bei Minna von Barnhelm Regie führen.

 

Inszenierung Frank Abt

Bühne Annelies Vanlaere

Kostüme Sophie Klenk

Dramaturgie Cornelia Steinwachs

 

***

 

Treffpunkt/ AMEOS Klinikum Osnabrück

Dominik Stosik

EIN BISSCHEN FRIEDEN EINE MUSIKALISCHE ABRÜSTUNG (UA)

 

Eine Gruppe Soldaten kehrt zurück aus der Wüste, aus frostigen Feldern, aus der Schlacht. Den Krieg immer noch im Kopf, finden sie Unterschlupf in der „Anstalt für entmilitarisierende Maßnahmen“. Schwester Friederike nimmt sie in Empfang und betreut sie auf ihrem Weg zurück in einen verschütteten Alltag. Musik ist Friederikes Mittel, in ihrer Anstalt wird in erster Linie gesungen und den quälenden Bildern der Erinnerung ein Lied entgegengeschmettert. Können die Kriegsheimkehrer wieder ein friedliches Leben aufnehmen? Finden sie Töne, Rhythmus und Sätze für die Rückkehr in eine Gesellschaft, die behauptet, Gewalt und Krieg abzulehnen? Schwester Friederike gibt ihnen beherzt Hilfestellung und simuliert Situationen wie Einkaufen gehen, Blickkontakt zu fremden Frauen herstellen und Paartanz, in denen die Soldaten ihren verloren geglaubten Alltag erproben und meistern können. Als Schwester Friederikes musikalische Abrüstung zu wirken beginnt, passiert jedoch etwas Unerwartetes…

Dominik Stosik hat einen antimilitaristisches Songdrama konzipiert, das sich mit bekannten und weniger bekannten Liedern und ernstem Witz einem em­pfindlichen Thema widmet. Er inszeniert gemeinsam mit Peter Dorsch, der u. a. für das Landestheater Schwaben und die Westfälischen Kammerspiele Paderborn Liederabende auf die Bühne brachte, zum ersten Mal am Theater Osnabrück.

Musikalische Leitung/ Konzept Dominik Stosik Inszenierung Dominik Stosik/ Peter Dorsch Bühne Anja Wendler/Martin Fischer

Kostüme Anja Wendler Dramaturgie Anja Sackarendt

 

***

 

Kirche / Kaserne am Limberg

Pedro Martins Beja

WARTOPIA (UA)

 

Nach 9/11 hat der Krieg wieder Einzug gehalten in die Tagesberichterstattung. Kaum ein Tag, an dem nicht über die tödlichen Ereignisse im Irak oder in Afghanistan berichtet wird. Bilder des Schreckens dokumentieren sie eindrücklich. Und doch scheint der Krieg mehr zu sein als nur Schrecken. Für jüngere Menschen besitzt er eine offenkundige Faszinationskraft, die in martialischen Kriegsspielen genauso ihren Ausdruck findet wie in kriegsverherrlichenden Liedtexten einer Vielzahl von Death-Metal-Bands. Krieg repräsentiert gerade für Jugend­liche die Sehnsucht nach Grenzerfahrung, Befreiung, Kollektiverlebnis. In seinem Projekt, das sich auf der Grenze zwischen Schauspiel, Performance, Soundcollage und Videoclip bewegen wird, geht Pedro Martins Beja Bildern des Krieges zwischen Utopie und Apokalypse nach. Martins Beja (*1978) studierte an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ Berlin. Er inszenierte u. a. an der Schaubühne Berlin Die Kontrakte des Kaufmanns von Elfriede Jelinek und Shakespeares Romeo und Julia an den Bühnen der Stadt Gera/Landestheater Altenburg.

Inszenierung Pedro Martins Beja

Musik/Sound Katharina Kellermann

Bühne Sylvia Rieger

Kostüme Thomas Haas

Dramaturgie Hilko Eilts

 

***

 

Schießkino / Kaserne am Limberg

BLOGOSPHERE IRAQ (UA)

 

Millionen Menschen betreten täglich eine Bühne, um sich geschützt durch die Maske des Pseudonyms zu inszenieren und einem Publikum zu präsentieren: Sie nutzen das Internet. In Blogs erschreiben sie sich ihre Welten und werden zum Albtraum politischer und militärischer Informationsstrategen. Aufmerksamkeit ist die entscheidende Währung im Netz. So kam es während des Irakkriegs pa­rallel zu den „realen“ Kampfhandlungen auch zu einem Kampf um die Aufmerksamkeit der digitalen Öffentlichkeit. Die Blogs spiegeln dabei extrem gegensätzliche Perspektiven wider: Der Blog eines im Irak stationierten amerikanischen Soldaten beschreibt eine andere subjektive Wahrheit als das Internettagebuch eines irakischen Einheimischen. Im Netz gibt es nicht die eine Wahrheit – nur eine kaleidoskopische Vielzahl an Stimmen, die den Internetnutzer immer wieder vor die Frage stellt, welchen Erzählsträngen er folgen will. Regisseurin Liz Rech unternimmt eine Reise in den virtuellen Blogger-Dschungel, um schließlich die digitale auf die theatrale Inszenierung treffen zu lassen.

Inszenierung Liz Rech

Bühne Kaja Bierbrauer

Kostüme Sophie Klenk / Linda Schnabel

Dramaturgie Hilko Eilts

 

***

 

Magazin / Museum Industriekultur Osnabrück Piesberg

Mannschaftsmensa / Kaserne am Limberg

KOMPOSITIONEN EINS/ ZWEI (UA)

In Kooperation mit der Kompositionsklasse von Sidney Corbett (Musikhochschule Mannheim) kommen während Spieltriebe 4 sechs musiktheatralische Projekte zur Uraufführung. Sechs Studenten präsentieren ganz unterschiedliche musikalisch-literarische Sichtweisen auf das Thema „Krieg und Frieden”. Im Projekt Kompositionen Eins verschränkt Benjamin Helmer in seiner Komposition einen Kriegsbrief aus dem 1. Weltkrieg mit Protokollen aus dem Irakkrieg, in denen US-Soldaten auf nüchterne, absurd wirkende Weise die Tötung von über 100.000 Menschen dokumentierten. „Was hat der Krieg mit dir gemacht?” – diese Frage stellte das ASHTAR Theatre nach dem Angriff Israels 2008/09 an Jugendliche, die im Gazastreifen leben. Die so entstandenen Gaza-Monologe dokumentieren das tägliche Leben, die Hoffnungen und Ängste junger Palästinenser – während des Krieges und danach. Als Theatertexte weltweit gespielt, bilden sie die Grundlage zu Panos Iliopoulos‘ Komposition. Sebastian Bothe kontrastiert in seinem Musiktheaterprojekt Augenzeugenberichte über das Grauen des Dreißigjährigen Kriegs u. a. mit Gedichten des expressionistischen Lyrikers Paul Zech und bringt diese in Verbindung mit Ausschnitten aus der Dies irae-Sequenz.

Musikalische Leitung Benjamin Schneider

Inszenierung Julia Hübner

Bühne Margrit Flagner

Kostüme Josefine Adrion Dramaturgie Kathrin Liebhäuser

 

Das Projekt Kompositionen Zwei findet in der Mannschaftskantine der Kaserne am Limberg statt. Wie ein weiser Mönch sein Leben riskiert, um einen jähzornigen Samurai von seiner Weltanschauung zu überzeugen, erzählt die Geschichte Der Mönch und der Samurai, von der sich Komponist Kian Geiselbrechtinger in­spirieren ließ. Für sein Projekt mit dem Titel Stentor, das ins Absurde gesteigerte Kriegsbegeisterung schildert, komponierte Harold Bedoya nicht nur die Musik, sondern verfasste gemeinsam mit Sara Bedoya auch das Libretto. Ausschnitte aus Ilse Aichingers aufwühlendem Roman Die größere Hoffnung, der von traumatischen Erlebnissen jüdischer Kinder während der NS-Zeit erzählt, legt Jürgen Sting seiner Komposition Flügeltraum zugrunde.

Musikalische Leitung Markus Lafleur

Inszenierung Guillermo Amaya

Bühne/Kostüme Marlene Pleyl

Dramaturgie Kathrin Liebhäuser

 

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Felix-Nussbaum-Haus

Nanine Linning

GREY DUST

 

Im Kontext des Spieltriebe 4-Themas, zehn Jahre nach den Anschlägen auf das WTC in New York, stellt Nanine Linning sich die Frage, wie menschenunwürdige Szenerien sich in die Körperlichkeit der Betroffenen einschreiben. Im

Felix-Nussbaum-Haus wird Linning mit ihren zehn Tänzern und der Studentin Delia-Caroline Jürgens einige kurze Tanzszenen an verschiedenen Orten im Museum kreieren: Nicht zuletzt greifen die nahegehenden Bilder Nussbaums, die wunder­schöne, außergewöhnliche Architektur von Daniel Libeskind und der Tanz ineinander. Der 2010 mit der Buber-Rosenzweig-Medaille ausgezeichnete Architekt Daniel Libeskind projektierte das One World Trade Center, das auf dem Ground Zero-Areal in New York gebaut wird.

Konzept/Choreografie Nanine Linning

Bühne/Kostüme Delia-Caroline Jürgens Dramaturgie Caecilia Thunnissen

 

***

 

Gertrudenkirche

Henning Mankell

DER CHRONIST DER WINDE

 

Nelio ist zehn Jahre alt, als er nachts auf der Bühne eines kleinen Bezirkstheaters mitten in einer afrikanischen Großstadt von der Kugel eines Wachmanns erwischt wird. Der schwer verletzte Junge wird von José Antonio Maria Vaz gefunden und zunächst in Sicherheit gebracht – doch Nelio hat nicht mehr viel Zeit und beginnt, sein Leben zu erzählen: von seinem Aufstieg zum Anführer einer Gruppe von Straßenkindern, die sich gemeinsam unter härtesten Bedingungen durchschlägt und jeden Tag zahlreiche Abenteuer bestehen muss. Beim Versuch, dem todkranken Alfredo Bomba seinen letzten Wunsch zu erfüllen, schleicht die Gruppe sich auf die Amateurtheaterbühne – und Nelios Geschichte neigt sich ihrem Ende zu. José Antonio Maria Vaz, der Chronist der Winde, macht es sich zur Lebensaufgabe, von Nelio zu erzählen. Der Erfolgsroman von Henning Mankell, dem 2009 der Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis der Stadt Osnabrück verliehen wurde, wird am Theater Osnabrück von Regisseur Alexander Frank für die Bühne adaptiert.

Inszenierung Alexander Frank

Bühne/Kostüme David Gonter

Dramaturgie Maria Schneider

 

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Schwurgerichtssaal / Landgericht Osnabrück

Amigos Bandidos GRÜNDE

 

„Und warum immer ich?“ Warum eigentlich ist nach dem gefeierten Ende des Kalten Krieges und der atomaren Bedrohung keine neue Ära des Friedens angebrochen? Warum sind im 21. Jahrhundert neun von zehn Kriegsopfern Zivilisten? Warum werden aus Kindern Kriegsmaschinen? So schwer sie in der Vielstimmigkeit der politischen Propaganda häufig auszumachen sind, so schwer sind sie in der Regel auch zu ertragen: Gründe. Und doch machen sich die Amigos Bandidos auf die theatralische Suche nach ihnen. Amigos Bandidos ist eine multikulturelle Theatergruppe für Jugendliche unterschiedlichster Herkunft. Die Gruppe besteht seit fünf Jahren, mit teilweise wechselnder Besetzung. Ihre Arbeiten sind zumeist stark von den Biografien und Erfahrungen der Jugendlichen geprägt.

Inszenierung/Choreografie Johanna Bethge

Bühne/Kostüme NN

 

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Theater am Domhof

Sidney Corbett

DER WEG ZU DEN WOLKEN

Für Sopran und 10 Violinen nach einem Gedicht von Mahmoud Darwish

„Der Violine Widerhall bin ich, nicht der Spieler”: Sidney Corbett, Professor für Komposition an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim, komponiert für Spieltriebe 4 ein Auftragswerk, das ein Gedicht des palästinensischen Dichters Mahmoud Darwish (1941-2008) vertont. Zehn Violinen und eine Sopranstimme übersetzen Darwishs Poesie in Klang und beschließen die Spieltriebe im Theater am Domhof.

Musikalische Leitung Daniel Inbal

 

 

 

 

 

 

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