Denn der Mord an einem Hauswart geschah ohne Motiv, er wurde einzig aus dem Grund begangen, der dem Staatsanwalt nur zu gut einleuchtet: Weltekel. Der Staatsanwalt teilt dieses Gefühl mit dem Mörder: „In dieser Welt der Papiere, in diesem Dschungel von Grenzen und Gesetzen, in diesem Irrenhaus der Ordnung. Ich kenne eure Ordnung. Ich bin in Öderland geboren. Wo der Mensch nicht hingehört, wo er nie gedeiht. Wo man die Schöpfung bekämpfen muss, damit man nicht erfriert oder verhungert.“ Und so lässt er sein bürgerliches Leben hinter sich, zieht in die Wälder, wird mehr aus Versehen Anführer einer Rebellion und sieht sich schließlich vor die Frage gestellt, ob er den letzten Schritt gehen und die Macht im Land ergreifen soll.
In „Graf Öderland“, das für Max Frisch selbst eine zentrale Rolle in seinem Werk einnahm, bringt er einen Kessel zum Überkochen, in dem ein Gebräu aus diffuser Angst, unklarer Sehnsucht und Ignoranz brodelt – er lässt eine ganze Gesellschaft das Gleichgewicht verlieren.
Die Inszenierungen von Volker Lösch orientieren sich oft an den großen Themen der Städte, in denen sie gezeigt werden – sie politisieren, sie polemisieren, sie fordern heraus zur Auseinandersetzung. Am Staatsschauspiel waren dies z. B. seine „Dresdner Weber“ nach Gerhart Hauptmann oder „Die Wunde Dresden“. Der „Bürgerchor“ wurde ebenfalls hier als stilbildendes Element von Volker Löschs Arbeit erfunden. Er wird Max Frischs Drama mit Texten anreichern, die er Dresdner Bürgern ablauscht, und dadurch die Ängste dieser Stadt hörbar machen.
Mit: Annedore Bauer, Thomas Braungardt, Albrecht Goette, Jannik Hinsch, Ben Daniel Jöhnk, Benjamin Pauquet, Torsten Ranft, Lea Ruckpaul, Antje Trautmann, Alexandra Weis und dem Dresdner Bürgerchor
Regie: Volker Lösch
Bühne: Cary Gayler
Kostüm: Carola Reuther
Einstudierung Chor: Bernd Freytag
Dramaturgie: Robert Koall, Stefan Schnabel