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Theater Bremen: Hans-Joachim Frey bezieht Stellung zu seinem Rücktritt

Hans-Joachim Frey gibt bekannt, dass er seinen Vertrag aus persönlichen Gründen auflöst und nur noch bis 2010 am Theater Bremen als Generalintendant tätig sein wird. Darüber hinaus steht er der Stadt weiterhin als künstlerischer Leiter der Seebühne Bremen bis 2012 zur Verfügung. Frey hat der Stadt Bremen sein frühzeitiges Ausscheiden angeboten, um dem Theater Bremen einen geordneten Übergang und einen Neuanfang zu ermöglichen.

Der Intendant betont, dass er aus eigenen Stücken die Vertragsauflösung angeboten habe und nicht, wie in einigen Medien dargestellt, gehen musste.

Die Auflösung des Vertrages hat eine lange Vorgeschichte: Hans-Joachim Frey war 2005/06 unter schwersten Bedingungen als künstlerischer Geschäftsführer an das Theater Bremen berufen worden. Damals drohte schon eine Insolvenz, das Theater hatte über 4,5 Millionen aufgelaufene Schulden und die Stadt entließ den Kaufmännischen Geschäftsführer. Mit Plänen zu Möglichkeiten der Umstrukturierung des Theaters sei er in die Stadt geholt worden. Schon sein Amtsvorgänger Klaus Pierwoß hatte massiv geklagt, dass das Bremer Theater chronisch unterfinanziert sei. Das Bremer Theater bekommt im Durchschnitt ca. 11 bis 14 Millionen € weniger Zuschuss als vergleichbare Stadttheater wie in Nürnberg, Mannheim, Karlsruhe oder Hannover. Hans-Joachim Frey hat sich nie öffentlich beklagt, selbst als bei Amtsantritt die Subvention um 1,3 Millionen Euro noch einmal gesenkt worden ist.

Es ist ihm in der Spielzeit 2007/08 gelungen, über 30.000 Zuschauer mehr wieder in das Theater zu bringen. Zudem wurden ganz besondere Produktionen herausgebracht, wie „Le Grand Macabre“, „Zaide / Adama“, „Rienzi“, „Celan“ oder die Migrantenoper nach dem Film „Gegen die Wand“, für die das Theater vor kurzem noch den Europäischen Toleranzpreis erhalten hat.

Darüber hinaus hat Bremen als erstes Theater seit zwei Jahren eine professionell kuratierte Theatergalerie in seinen Räumlichkeiten, die dazu führen, dass ein Künstler wie Ai Weiwei im Oktober am Theater Bremen seine erste Bühnenausstattung vorstellen wird. Auch die vom Theater neu geschaffene Seebühne Bremen auf der Weser, wo in diesem Jahr fast 30.000 Besucher zu „Aida“ gekommen sind, ist völlig ohne weitere Zuschüsse ausgekommen, wo andere Städte viel Geld zusätzlich für solche Projekte investieren und hat sogar noch einen Gewinn ausgeworfen.

Hans-Joachim Frey war es immer wichtig, im Wohlwollen mit der Stadt zusammen zu arbeiten. In diesem Zusammenhang hat er der Stadt auch am Montag den 11.8.2009 von sich aus seine vorzeitige Vertragsauflösung im Sinne einer moralischen Verantwortung hinsichtlich der nicht erreichten Einnahmen für die Musical-Produktion „Marie Antoinette“ gemacht. Diese Produktion kam voll in das veränderte Zuschauerverhalten aufgrund der Rezession. Er hat im Sommer noch mit seinem engsten Leitungsteam das Konsolidierungskonzept für die zukünftige Neuaufstellung des Theaters bis 2014 mitentwickelt. Um einen Neuanfang zu ermöglichen, hat er sich dann in der Sommerpause überlegt, der Stadt eine vorzeitige Auflösung seines Vertrages anzubieten. Dabei verzichtet er auch auf eine Abfindung. Sehr gefreut hat er sich, als die Stadt ihn dann gebeten hat, als Künstlerischer Leiter dem erfolgreichen Seebühnen-Projekt bis 2012 weiter zur Verfügung zu stehen. Gütlich hatte man sich dann letzte Woche auf einen Auflösungsvertrag geeinigt, der Montag im Vorfeld der Aufsichtsratssitzung unterschrieben worden ist. Frey war dann sehr verwundert, dass sein Ausscheiden von der Stadt gestern zum Teil anders dargestellt wurde. Frey: „Das Theater Bremen hat seit Jahren finanzielle Schwierigkeiten. Seit Monaten weise ich darauf hin, dass es bei uns Mängel in der Struktur des Theaters gibt. Vor 3 Monaten hat die Kulturbehörde offiziell dann einen Neuanfang in der Kaufmännischen Geschäftsführung angekündigt, ohne dass daraus Konsequenzen entstanden wären.“

Aus diesem Grund sagt Hans-Joachim Frey: „Ich habe mich dazu entschieden, persönliche Konsequenzen aus der Situation zu ziehen, für deren Zustandekommen allerdings viele Parteien verantwortlich sind.“

Trotzdem ist Frey jetzt an einer guten und friedvollen letzten Spielzeit in Bremen interessiert und freut sich auf viele zukünftige Projekte.

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