Frei nach dem Roman Conrad Ferdinand Meyers wird die Vita des Bündner Freiheitshelden Jürg Jenatsch auf der Bühne der Gegenwart verhandelt.
Im Oktober 2009 wird das Projekt «Helden.Reisen – Die Wege des Jürg Jenatsch» am Theater Chur uraufgeführt. Textgrundlage der Produktion ist nicht eine neue Dramatisierung des Stoffes, sondern Conrad Ferdinand Meyers 1874 erschienener historischer Roman «Jürg Jenatsch». Als der Zürcher Schriftsteller und Lyriker an dem Stoff arbeitete – während einer «Sommerfrische» in Graubünden – stand er vor ähnlichen Herausforderungen, wie wir heute im Umgang mit der historischen Figur Jenatsch. Bereits 1866 begann Meyer mit Recherchen zu diesem Stoff und sah sich bald von der Komplexität der historischen Quellen überfordert: «Die historische Wahrheit hat den Vorsprung gewonnen und ich getraue mich nicht, ihr eine vollere Gestalt zu geben als mir die Quellen bieten.» Zu verworren präsentierte sich die Quellenlage über die «Bündner Wirren». Meyer nannte sein Werk anfänglich eine «historisch biografische Skizze». Er fühlte sich gezwungen, auszuwählen, wegzulassen und zu erfinden.
Im März trifft sich das Churer Ensemble unter Leitung des Regisseurs Samuel Schwarz erstmals für zwei Wochen, um Jenatsch zu lesen, sich der «multiplen» Person des Bündner Helden und den entstehenden Bühnenfiguren anzunähern und erste szenische Skizzen zu entwerfen. Ähnlich wie damals bei Meyer, stellt sich die Frage: Wie kann man sich einer historischen Figur überhaupt annähern? Die Schauspieler des Churer Ensembles tun das auf ihre Weise. Sie versammeln sich zu einer Art «World-Jenatsch-Forum» auf dem Estrich des Theaters, wo für sie ein Archiv der Bündner Wirren eingerichtet wurde (Bild: Duri Bischoff). Hier wird Meyers Roman gelesen, vielstimmig, rhythmisch, chorisch. Hier wird darüber diskutiert, ob der Bündner Pfarrerssohn nun ein Freiheitsheld oder ein Demagoge mit Zügen eines blutrünstigen Warlords war.
Der Theaterabend über den zweifelhaften Bündner Helden ist die erste Produktion der «Produzentengemeinschaft Churer Ensemble», welcher die Gruppen 400asa (Zürich), alpodrom (Chur), und Markus Luchsinger (künstlerischer Leiter Theater Chur), Roman Weishaupt (Theaterpädagoge) und der Bühnenbildner Duri Bischoff angehören.
Jenatsch. Eine Recherche
Produzentengemeinschaft Churer Ensemble
Idee/Konzept: Mathias Balzer, Duri Bischoff, Markus Luchsinger, Samuel Schwarz
Regie: Samuel Schwarz,
Dramaturgie: Mathias Balzer,
Produktionsleitung: Roman Weishaupt.
Mit: Philipp Graber, Julian M. Grünthal, Thomas Reisinger, Andreas Matti, Meret Hottinger, Henrik Zimmermann. Produktion: Produzentengemeinschaft Churer Ensemble, Koproduktion: 400asa Zürich, Theater Chur, Migros Kulturprozent
www.theaterchur.ch