Vom 30. Juni bis 17. Juli sind fast 400 Künstler aus der ganzen Welt auf Einladung des Theaters an der Ruhr, des Schauspiel Essen und der Kulturhauptstadt Europas RUHR.2010 in Mülheim an der Ruhr und Essen zu Gast. Bei Theater der Welt 2010 präsentieren sie ihre persönlichen Visionen unserer Welt und nehmen uns mit auf eine Reise rund um den Globus, mit allem, was dazu gehört: Neue Eindrücke, überraschende Begegnungen und unerwartete Zwischenfälle.
Künstler aus aller Welt
Die Künstler von Theater der Welt kommen aus dem Nahen und Mittleren Osten, aus Asien, Lateinamerika, Afrika, Europa und Ozeanien. Sie arbeiten allein oder im Kollektiv, als Regisseure, Choreographen, Darsteller, Tänzer oder Musiker. Einige sind bekannte Größen, andere treten zum ersten Mal in Europa auf. Die Künstler von Theater der Welt leben in den Megacities Asiens, in Schwellenländern, in Naturparadiesen und Krisenregionen. So verschieden sie auch sein mögen, eines haben sie gemeinsam: Sie alle teilen die Zeit, in der wir leben.
Zeitgenössisch
Theater der Welt 2010 setzt auf die Persönlichkeiten seiner Künstler und auf das Zeitgenössische als verbindende Sprache der Kulturen. Zeitgenössische Kunst bewegt sich zwischen den Genregrenzen und den kulturellen Traditionen. Sie macht die Persönlichkeit des Künstlers und seine individuelle Imagination zur treibenden Kraft. Die Künstler von Theater der Welt sind keine Stellvertreter ihrer Kultur. Sie stehen nicht für die Traditionen und Konflikte ihrer Heimat, so sehr sie sich auch mit ihnen auseinander setzen. Sie stehen und sprechen für sich. Sie eint die radikale Suche nach neuen Formen und Arbeitsweisen – nach einer Sprache des Zeitgenössischen.
Perspektivwechsel
Diese Sprache ist ständig im Wandel. Sie funktioniert sowohl über das intellektuelle Verstehen als auch über das Erleben, über Bilder, Atmosphäre, Klang, Bewegung. Sie ermöglicht die unmittelbare Begegnung mit dem zunächst Fremden und konfrontiert uns mit dem Blickwinkel des Künstlers. Theater der Welt ist eine Einladung zum Perspektivwechsel, der das Missverständnis und das Unerwartete als spannenden Umweg zur Neuentdeckung einkalkuliert.
Essen und Mülheim
Wie vielfältig zeitgenössische Kunst ist, wie lebendig und voller Überraschungen, zeigt Theater der Welt in Mülheim und Essen. Die rund 30 Produktionen bewegen sich an den Schnittstellen von Theater, Tanz, Oper, Musik, bildende Kunst und Performance. Bespielt werden klassische Theaterräume, aber auch die Industriebauten auf dem Areal der ehemaligen Zeche Zollverein, die Essener Innenstadt oder eine Fabrikantenvilla in Mülheim. Einige Gruppen erarbeiten ihre Produktionen für Theater der Welt vor Ort in Mülheim und Essen, fast die Hälfte der Arbeiten sind Uraufführungen. Insgesamt werden zehn Welt-, sechs Europa- und neun Deutschlandpremieren zu sehen sein.
Festival in Bewegung
Theater der Welt ist ein Festival in Bewegung. Seit seiner ersten Ausgabe 1981 findet es alle drei Jahre in einer anderen Stadt, einer anderen Region Deutschlands statt, unter wechselnder künstlerischer Leitung. Jede Ausgabe von Theater der Welt ist eine Momentaufnahme. Jedes Festival wird aufs Neue geprägt von den künstlerischen Leiterinnen und Leitern, den eingeladenen Künstlern und der Region, in der es zu Gast ist.
Im Kulturhauptstadtjahr durchbricht Theater der Welt seinen dreijährigen Turnus. Zwei Jahre nach der letzten Ausgabe 2008 in Halle, folgt das Festival der Einladung der Kulturhauptstadt Europas RUHR.2010, des Theaters an der Ruhr und des Schauspiel Essen.
Programmdirektorin Frie Leysen
Zum ersten Mal in der fast 30jährigen Geschichte von Theater der Welt ist nicht nur das Programm, sondern auch die Programmdirektion international besetzt. Frie Leysen gründete 1994 das multidisziplinäre Kunstenfestivaldesarts in Brüssel. Zu einem Zeitpunkt, als sich in Belgien der Dauerkonflikt zwischen Flamen und Wallonen zuspitzte, arbeitete sie konsequent und erfolgreich mit den Mitteln der Kunst für Integration und Verständigung. Als langjährige Leiterin machte sie das Kunstenfestivaldesarts zu einem der einflussreichsten internationalen Festivals Europas. In den letzten Jahren konzentrierten sich Frie Leysens Kulturrecherchen vor allem auf den arabischen Raum, wo sie in elf Städten das Festival Meeting Points 5 kuratierte, das Künstler aus den Bereichen Theater, Tanz, Bildende Kunst, Film, Video und Musik präsentierte. Mehr...
Theater der Welt – Ein Festival des ITI
Initiiert vom Deutschen Zentrum des Internationalen Theaterinstituts (ITI) fand Theater der Welt erstmalig 1981 in Köln statt. Vorbild war das internationale Festival Théâtre des Nations in Paris. Das ITI setzt sich als eine nichtstaatliche Organisation unter der Schirmherrschaft der UNESCO auf nationaler und internationaler Ebene für die freie Entwicklung der Darstellenden Künste und die Vielfalt der Ausdrucksformen ein.
Das deutsche Zentrum des ITI zählt zu den größten der insgesamt 90 nationalen Zentren, die das ITI auf der ganzen Welt betreibt. Das ITI Zentrum Deutschland versteht sich als Kompetenzzentrum für internationale Theaterarbeit, als Förderer und kulturpolitischer Mittler für die künstlerischen Akteure, sowohl innerhalb Deutschlands als auch auf internationaler Ebene.
Das Programm zum Festivalstart:
Gabriel Garrido (Genf/Buenos Aires), Claudio Valdés Kuri (Mexiko Stadt):
Carl Heinrich Graun: Montezuma
Heldenoper in drei Akten
> 30. Juni (Weltpremiere),1., 3. Juli, Stadthalle Mülheim
Pichet Klunchun (Bangkok):
Nijinsky Siam
Autobiografisches Schattentanztheater
> 1. (Europapremiere), 2., 3. Juli, Theater an der Ruhr, Mülheim
Kok Heng Leun, Ho Tzu Nyen, The Observatory (Singapur):
Invisible Room
Endzeitszenario-Konzert
> 1. (Europapremiere), 3., 4. Juli, Autonomes Zentrum Mülheim
Anna Rispoli (Brüssel/Bologna):
A Piece Of Land
Ein Mülheimer Gesellschaftsspiel
> 1. (Weltpremiere), 3. Juli, Park an der Stadthalle Mülheim
Wael Shawky (Alexandria):
Cabaret Crusades, Part One
Puppentrickfilm, gedreht an Originalschauplätzen
> 2. (Weltpremiere), 3., 4. Juli, Stadthalle Mülheim, Kammermusiksaal
Berlin (Antwerpen):
Tagfish
Dokufiktionspanel
> 2. (Weltpremiere), 3., 4. Juli, Ringlokschuppen Mülheim
Hans Peter Litscher (Paris):
¡ Barbara – Rabarbara !
Führung durch das Barbararium von Ernst Adolf Steiger
> 2.-11. Juli, Villa Rauen, Mülheim
William Kentridge (Johannesburg):
I Am Not Me, The Horse Is Not Mine
Annäherung an die Nasen von Nikolai Gogol und Dmitri Schostakowitsch
> 3. (Deutschlandpremiere), 4. Juli, Stadthalle Mülheim, Kammermusiksaal
Schöne Aussicht
Zeugenschaft im Krieg
Kurz vor dem Festivalstart von „Theater der Welt“ am 30. Juni spricht die Journalistin Carolin Emcke in der Reihe „Schöne Aussicht“ im Café Central mit Festivalleiterin Frie Leysen über Zeugenschaft in Kriegsgebieten und zeigt dazu Bilder des Fotojournalisten Sebastian Bolesch.
Carolin Emcke, geboren 1967, war von 1998-2006 Redakteurin beim „Spiegel“ und als Auslandsredakteurin in vielen Krisengebieten (Afghanistan, Pakistan, Kosovo, Irak, Kolumbien, Libanon u.a.) unterwegs. Seit 2007 arbeitet sie als Publizistin und internationale Reporterin (u.a. in Israel, Westbank, Pakistan, Äygpten, Irak, USA) und hält zudem regelmäßig Vorträge und Seminare über Globalisierung, Theorien der Gewalt, Zeugenschaft und kulturelle Identitäten.
> DI 22. Juni 2010, Café Central
Das ganze Programm www.theaterderwelt.de