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THEMA! MASSNAHMEN GESELLSCHAFTLICHER TEILHABE im Maxim Gorki Theater

21. – 23. Januar 2011

 

In seinem Roman „Früchte des Zorns“ erzählt John Steinbeck die Geschichte einer Familie, die nach Jahren der Dürre ihre Farm im Kernland der USA aufgeben muss und nach Kalifornien zieht, um sich dort eine neue Existenz aufzubauen.

Jeder Versuch einer wirtschaftlichen Konsolidierung aus eigener Kraft scheitert jedoch. Mittellos und entwurzelt, bleiben ihnen die gewohnten Wege sozialer Teilhabe zunehmend verwehrt. Immer autonomer entwerfen die Familienmitglieder ihren Umständen angemessene Handlungsstrategien.

 

Ein dreiviertel Jahrhundert nach seinem Erscheinen, hat das MGT Berlin den preisgekrönten Roman auf die Bühne gebracht und dessen Fragen

an unsere Gegenwart gerichtet: Welche Möglichkeiten gesellschaftlicher Einflussnahme stehen uns zur Verfügung und wo sind ihre Grenzen?

Welche Strategien sozialer Teilhabe gibt es jenseits der von Politik, Arbeitsmarkt und Warenwelt vorgegebenen Strukturen? Und wem geben wir

die Entscheidungshoheit über Wert und Verwertbarkeit unserer Fähigkeiten, unseres Wissens, unserer Stimme? Ein Wochenende lang wird das

MGT Berlin zum Handelsraum für Handlungsspielräume.

 

Freitag, 21. Januar 2011

 

19:30 Uhr, Bühne

FREITAG SALON

Zeiten des Zorns. Der neue Protest und die deutsche Demokratie / Jakob Augstein im Gespräch mit Oskar Negt

Die „Demokratie als Lebensform“ ist bedroht. Der Philosoph Oskar Negt beschreibt in seinem neuen gleichnamigen Buch die Krise unserer Gesellschaft und die Krise des repräsentativen Systems. Der Zorn nimmt zu, die Wut wächst. Es gärt im Lande. Ein Bahnhof in Stuttgart, eine Schulreform in Hamburg, Flugrouten in Berlin, Atomtransporte im Wendland - die Anlässe sind verschieden, aber der Protest hat eines gemeinsam: Die Politik ist in einer Legitimationskrise. Aber gibt es die gute Wut der Bürger, die sich gegen staatliche Bevormundung wenden und die schlechte Wut der Sarrazin-Leser, die sich dem Ressentiment verschreiben? Oder ist beides ein Symptom für die Krise unseres parlamentarischen Systems?

 

20:15 Uhr, Studio

Eugene O'Neill EIN MOND FÜR DIE BELADENEN

Jim Tyrone ist ein Grundbesitzer, Broadwaybummler und Säufer. Die Wurzel seines Leids – das unabweisbare Gefühl, verlassen und verloren zu sein – macht ihn bemitleidenswert. Josie, mit dem Prügel in der Hand und der Zärtlichkeit im Herzen, hat zwar das Mundwerk eines rüden Burschen und benimmt sich wie ein verludertes Weib, aber sie ist unantastbar, stolz und spröde. Jim bringt es nicht fertig, Josie in sein hoffnungslos vergiftetes Leben zu ziehen, denn sie müsste ihm nicht nur Geliebte, sondern auch Mutter sein, die sich seine ewigen Selbstvorwürfe anhört und ihm vergibt. Jim spricht es aus: „Wir können die Welt täuschen, doch wir können uns nicht selber etwas vormachen.“ Das Äußerste, was den Liebenden hier an Glück erreichbar ist, besteht darin, dass sie diese eine Nacht haben und dann auseinandergehen.

Mit: Anja Schneider; Thomas Anzenhofer, Christian Kuchenbuch, Alexander Maria Schmidt

Regie: Armin Petras, Bühne: Armin Petras/Patricia Talacko, Kostüme: Patricia Talacko.

 

Samstag, 22. Januar 2011

 

14:00 Uhr, Bühne

Rainer Land DER TEILHABEKAPITALISMUS UND SEIN ENDE / Vortrag

In seinem Roman „Früchte des Zorns“ zeichnet John Steinbeck das Bild einer in Auflösung begriffenen Gesellschaft. Er stützte sich dabei auf Feldstudien, die er selbst in den Auffanglagern kalifornischer Wanderarbeiter und Arbeitsmigranten durchgeführt hatte und die seine Arbeit in den folgenden Jahren maßgeblich prägen sollten. Ein dreiviertel Jahrhundert später ist auch das Land in dem wir leben rissig. Immer mehr Menschen sind sozial entwurzelt oder empfinden sich zumindest so. Alte Sinnkontexte gehen verloren und immaterielle Ressourcen, mittels derer neue geschaffen werden könnten – wie Bildung und sinnstiftende Arbeit – sind nicht allen gleichermaßen zugänglich.

 

In den vergangenen zwei Spielzeiten haben das Thünen-Institut Bollewick und das Maxim Gorki Theater Berlin im Verbund mit dem Brandenburg-Berliner Institut für Sozialwissenschaftliche Studien, dem Hamburger Institut für Sozialforschung, der Universität Kassel und der Humboldt-Universität zu Berlin in verschiedenen Projekten erforscht, wie die Menschen die Umwälzungen in Europa erfahren und wie sie ihr Leben den veränderten Bedingungen anpassen. Wie wird Gemeinschaft begründet? Wie bewältigen Menschen den Alltag, wenn die Ressourcen knapper werden und der Staat sich aus ihrem Lebensumfeld zurückzieht? Bleiben Familienverbände erhalten, deren Mitglieder in ganz Europa auf Arbeitssuche gehen? Gibt es Überlebenskapital, das notwendig ist, um Exklusion, Deindustrialisierung und Schrumpfung zu überstehen?

 

In seinem Vortrag schlägt der Soziologe Dr. Rainer Land (Thünen-Institut), einen Bogen von John Steinbecks Früchten des Zorns zu den

Forschungsfeldern der Gegenwart.

 

Ab 15 Uhr durchgehend bis 17:30 Uhr

Im ganzen Haus

PARCOURS DES WEITERVERWERTETEN WISSENS / Interaktion

Theater sind Biotope bedrohter Tätigkeiten. An kaum einem anderen Ort werden Handwerksberufe in vergleichbarer Weise ausgeübt. Doch auch diese Oasen sind von Wüstenbildung bedroht. Was passiert, wenn die eigene Arbeitskraft nicht mehr gebraucht wird? Die Fähigkeit zur permanenten Neuinterpretation der eigenen Kompetenzen in immer anderen Arbeitszusammenhängen, ist in diesem Land selbstverständliche Voraussetzung einer Teilhabe am Arbeitsmarkt. Dieser wiederum ist immer noch zentraler Umschlagplatz zwischenmenschlicher Kontakte sowie Schnittstelle zwischen Individuum und Gesellschaft. Soweit die Grundsituation.

 

Die Mitarbeiter des MGT Berlin haben aus ihr Hypothesen entwickelt: Frei nach dem Motto „arbeiten wie die Profis“ haben sie ihr Wissen in fiktive Dienstleistungen transformiert, völlig zweckfreie Tätigkeiten entdeckt, unbekannte Branchen erschlossen, nie dagewesenes Könnertum entwickelt.

 

Kassenfoyer

Kulturmassnahmen KOMPLIZEN REAL ESTATE / Interaktion

Mit welchem Rückhalt durch Symphatisanten können politische Untergrundorganisationen in der Zukunft rechnen? Wo werden Aktivisten im Ernstfall unterschlüpfen können? Kulturmassnahmen entwirft zusammen mit den Besuchern ein Komplizenszenario. Kulturmassnahmen ist

eine 1997 gegründete Gruppe, die interdisziplinäre Veranstaltungen und Aktionen durchführt, wie z.B. die „Show des Scheiterns“, das „Anton-

Reiser-Werkstipendium“ oder das Unternehmen „Giessen - eine Stadt wird Doktor“. Arbeitsschwerpunkt ist die Beobachtung und Inszenierung

zwischenmenschlicher Kommunikation.

 

Brinkmannzimmer

BÜRO DES UMBRUCHS / Installation

Im Rahmen eines auf drei Jahre angelegten Forschungsprojektes, haben Wissenschaftler des Forschungsverbunds "Über Leben im Umbruch"

am Beispiel der Stadt Wittenberge in der Prignitz das soziale Kapital von Menschen in gesellschaftlichen Umbruchsprozessen untersucht. Das

MGT Berlin hat die Arbeit der Forscher begleitet und in einer Uraufführungsreihe, in Performances, Filmvorführungen und Gesprächsrunden

reflektiert. Das installative Forschungsbüro macht nun Teile des von den Soziologen zusammengetragenen Text-, Bild- und Tonmaterials einen

Nachmittag lang für Zuschauer einsehbar: Dokumente eines Prozesses in dem die Analyse gesellschaftlicher Zusammenhänge selbst Aktion ist.

 

Garten/Hof

KONSTRUIEREN STATT KONSUMIEREN! - Bau des „Berliner Hockers“ / Aktion

Ein Hocker ist ein Behältnis ist ein Regal ist ein Rednerpult … Der Berliner Architekt Le Van Bo hat das Möbelstück zur Inszenierung „Früchte des Zorns“ entworfen: ein mobiles Wohnelement für wandernde Heimaten. Sein Preis: etwas Holz, eine Stunde Lebenszeit und Schwielen an den Händen. Antikapitalistische Raumgestaltung mit den Mitteln der Innenarchitektur. Wohnkultur als Protestkultur: Lichterketten waren gestern! - bilden wir unsere eigene Verwertungskette! Unter Anleitung Le Van Bos und mit der Unterstützung der Tischlerei des MGT Berlin können alle Freunde des Hobels und der Späne, alle Hobbyhandwerker, Gesellschaftsgestalter und zufällige Vorbeiflanierer sich ihren höchstpersönlichen Hocker bauen. Wer möchte, kann sein Exemplar anschließend als temporäre Leihgabe dem Maxim Gorki Theater überlassen. Wir schenken Ihrem Hocker ein erstes Leben als Rauminstallation oder Bühnenelement, wir steigern seinen Wert um die Zinsen des Gebrauchs, bevor er aus der Vergesellschaftung zurückwandert zum Einzelnen. Material und Werkzeug wird gestellt; Unkostenbeitrag für das Material: 10 Euro Den Bauplan finden Sie ab Februar kostenlos unter: www.hartzIVmoebel.de

 

Studiofoyer

WO VORURTEILE SCHMERZEN KEGELN / Film

Wie die Kugel auf der Kegelbahn auf die Kegel zurollt, so bedroht das Phänomen Arbeitslosigkeit Menschen über 50. Manche werden umgestoßen, andere verschont. Manche werden gestreift und halten die Balance, andere geraten aus dem Gleichgewicht und kippen. Bleiben sie liegen oder richten sie sich wieder auf? Die Dokumentarfilmerin Karoline Kantenwein hat arbeitslose Berliner jenseits der 50 durch ihren Alltag begleitet. Ihre filmischen Porträts zeigen Menschen, die ein Leben lang gearbeitet haben und jetzt für die Arbeitsgesellschaft nichts mehr wert sind. Sie reden über Geld, das ihnen fehlt, um eigene Ideen zu verwirklichen, über den Versuch sich wieder aufzurichten und einen Verwaltungsapparat, der sie bevormundet, ihre Selbstbestimmung einschränkt. Am Ende gilt: Die Hoffnung stirbt immer zuletzt.

Dokumentarfilm, Deutschland 2010, 30 Minuten, Regie: Karoline Kantenwein

 

15:00 Uhr, Studio

EIN VORTRAG VON PROF. DR. GABRIELE METZLER (HU-Berlin)

John Steinbecks Roman „Früchte des Zorns“ zeigt am Beispiel der Familie Joad die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre auf eine liberale Gesellschaft und die Lebensentwürfe ihrer Individuen. Keine achtzig Jahre nachdem „Früchte des Zorns“ mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet wurde und viele Krisen später, erschütterte ein Beben den globalen Finanzmarkt. Für einige Wochen schien es, als läge der angeschlagene „Kapitalismus“ bereits auf der Bahre. Doch während die letzten Nachbeben noch nicht abgeebbt sind, gebärdet sich der Patient schon wieder so munter wie ehedem. In Ihrem Vortrag unternimmt die Historikerin Prof. Dr. Gabriele Metzler eine vergleichende Verlaufsbeschreibung der Krisen und lässt die Gegenwart mit der Vergangenheit in Dialog treten. Über welche Symptome können sie sich austauschen?

 

15:00 Uhr, Konferenzraum

LASS DIE WUT RAUS! Wut- Workshop mit Hanna Poddig

Die Aktivistin Hanna Poddig veranstaltet einen Wut-Workshop für alle, die längst angestautes Wut-Potential rauslassen, sich mal endlich Luft machen oder ungeahnten Aggressionen freien Lauf lassen wollen. Hier dürfen sie es ungestört. Es geht um das Bewusstsein für die eigene Wut, um die Wahrnehmung der Wut und schließlich um den Mut diese in eine Aktion umzusetzen. Hanna Poddig hat bereits mehrere solcher Workshops in verschiedenen Zusammenhängen geleitet. Und setzt ihr eigenes Wut-Potential in politische Aktionen um.

 

15:00 Uhr, Rangfoyer

Guillaume Paoli BITTE ZEICHNE MIR EINE KRISE / Vortrag

Um in die bestehenden Zustände eingreifen zu können, muss man sie begreifen, das heisst vorerst: passend darstellen. Heute wird die allgemeine Machtlosigkeit nicht von einer Einheitsideologie gewährleistet, sondern von einer Einheitsdramaturgie, die Wut, Schrecken und Kritik einschließt, aber nur an vorgesehenen Stellen. Vor zwei Jahren wurde die unergründliche „Kernschmelze“ des Systems an die Wand gemalt, heute wird eine ebenso wenig erklärte Rückkehr zur Normalität herbei beschworen. Wie geht's raus aus dem Märchenwald? Lässt sich noch Zorn in Worte fassen, die nicht nach hilflosem Kitsch riechen? Welche Erzählform eignet sich für eine Gegendarstellung? Historische Rekonstruktion? Detektivroman? Horrorfilm? Komödie? Tiersendung? Ein Narrationsvergleich.

 

Der französische Autor Guillaume Paoli ist Mitbegründer der Gruppierung "Glückliche Arbeitslose", Mitherausgeber der Zeitschrift "müßiggangster" und veröffentlichte mehrere Bücher und Essays. Seit September 2008 ist er als Hausphilosoph am Leipziger Centraltheater beschäftigt, wo er unter anderem die "Prüfgesellschaft für Sinn und Zweck" (PSZ) leitet .

 

15:00 Uhr, Garderobenfoyer

Philipp Ruch/Zentrum für politische Schönheit ABSCHLUSSBERICHT / Performance

Deutschland, 2051: Über Monate hat eine Historikerkommission die geistige Lage der Jahre 2010/2011 aufgearbeitet, um in Erfahrung zu bringen, was die Menschen wussten, ahnten und was sie vor den "großen Katastrophen" der Jahre 2030-2042 eigentlich bewegt hat. Anlässlich der Veröffentlichung ihres Abschlussberichtes sprechen die Herausgeber im Deutschen Bundestag. - Eine erschreckende Spurensicherung bei Menschenrechtsorganisationen, Politik und Medien. Das Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) ist ein Thinktank des Menschenrechtlers Philipp Ruch, der politische Poesie mit Politik und Aktionskunst verschweißt, um den Kampf um die Menschenrechte neu zu denken. Grundanliegen sind eine humanitäre Kurskorrektur der Gegenwart und leuchtende Bekenntnisse zu politischer Humanität. Mit: Ruth Reinecke

 

16:15 Uhr, Studio

LÖHLES KOMMENTAR ZUR WIRKLICHKEIT VII Der Samen der hysterischen Teilhabe / Performance

Die Schnelligkeit und der Live-Charakter von Theater werden viel zu selten genutzt. Findet der Autor Philipp Löhle und haut in die Tasten. Sein Material: Tagespresse und Talkrunden. Seine Mission: der Dramatik öffentlicher Debatten endlich eine würdige theatrale Abbildung zu schenken. Am Mittwoch geschrieben, am Samstag schon auf der Bühne – die großen Fragen unserer Gesellschaft im Minidramenformat. Distanzlos, direkt und dreidimensional in Szene gesetzt von Dominic Friedel, Philipp Löhle und dem Ensemble.

 

16:15 Uhr, Garderobenfoyer

WAS DAS VOLK BEGEHRT? Ein direktdemokratisches Instrument auf dem Prüfstand / Gespräch

Wie viel Beteiligung verträgt eine Demokratie? 320.700 Berliner haben im Herbst dem Volksbegehren über die Offenlegung der Teilprivatisierungsverträge bei den Berliner Wasserbetrieben zugestimmt – und damit von ihrem Recht Gebrauch gemacht: dem Recht auf Einbringung eines politischen Gegenstandes in ein Parlament. Während jedoch die Volksinitiative in der Schweiz ein häufig beschrittener Weg der Entscheidungsfindung ist, stellen vergleichbare Verfahren in den deutschen Bundesländern noch immer die Ausnahme dar. Bundesländer wie Hessen oder das Saarland haben aufgrund restriktiver Landesverfassungen noch kein einziges erfolgreiches Volksbegehren erlebt.

 

Sind die Berliner also die glücklicheren Demokraten? Können Volksbegehren tatsächlich eine Brücke schlagen zwischen der Zivilgesellschaft und ihrem Staat? Garantieren sie ein Mehr an politischer Transparenz oder bloß an Konfusion? Und verletzt eine Demokratie, wie die Schweiz, die selbst für grundlegende Menschenrechtsfragen eine Mehrheit zulässt, ihre Legitimität? Wie souverän ist ein Volk?

Es diskutieren: die Verfassungsrechtlerin Prof. Dr. Rosemarie Will (HU-Berlin), Michael Efler („Mehr Demokratie e.V.“) , die

Bundestagsabgeordneten für Berlin Mitte Dr. Eva Högl (SPD) u.a.

 

16:15 Uhr, Rangfoyer

"OHNE ZORN NACH VORN - AUF DEM WEG IN EINE POSTAGGRESSIVE GESELLSCHAFT?" (Jakob Hein)

Ein Gespräch zwischen Jakob Hein und Armin Petras

Jakob Hein, sowohl Schriftsteller als auch Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie und der Regisseur und Dramatiker Armin Petras, nähern sich

der Thematik des Zorns aus ihrer jeweiligen Perspektive. Welche Formen von aus Zorn resultierender Gewalt sind "zugelassen"? Wo liegt die kulturbedingte Schwelle zur jeweiligen gesellschaftlichen Akzeptanz? Gibt es eine Norm? Diese und viele andere in diesem Kontext relevante Fragen sollen gestellt und nach Antworten gesucht werden.

 

16:15 Uhr, Konferenzraum

KUNSTrePUBLIK / Workshop

Ihre Aktion soll schöner werden? KUNSTrePUBLIK wurde im März 2006, von den Künstlern Matthias Einhoff, Philip Horst, Markus Lohmann, Harry Sachs und Daniel Seiple, als Verein zur Realisierung von Kunstprojekten gegründet. Seitdem produziert KUNSTrePUBLIK selbst künstlerische Projekte und ist kuratorisch tätig, indem Strukturen geschaffen werden, in welchen eingeladene Künstler ihre Projekte umsetzen können. Für das Maxim Gorki Theater Berlin hat KUNSTrePUBLIK einen Workshop zur hohen Kunst der Teilhabe entwickelt.

 

16:15 Uhr, Zwischen der Neuen Wache und der Humboldt-Universität zu Berlin,

KLIMABALLETT Erneuert Eure Energien! / Aktion

Die Klimapiraten entern Vorstandsetagen und Marktplätze. Sie schwenken die Fahnen und senden Lotsensignale an Stadtwerke, damit diese die Fehler der großen Energiegiganten umschiffen und ihr Geld nicht in klimaschädliche und unrentable Kohlekraftwerke verfeuern. Ihre Vision: 100% erneuerbare Energien. Ihr Mittel: die Nutzung kollektiver Humanenergie; das gemeinsame Ziel als Kraftwerk. Sinnbild der gemeinsamen Bewegung wird das Klimaballett. Am 22. Januar wird losgetanzt. Alles was man braucht: einen mp3-Player, auf den die entsprechende Audiodatei – zu finden unter www.klimapiraten.de – heruntergeladen wurde und ein Stück Kreide. Dann schalten alle bei Signal gleichzeitig den mp3-Player an und handeln wie beschrieben ... Durchbrechen Sie mit den Klimapiraten die gesellschaftlichen Normen im öffentlichen Raum! Werden Sie zur Irritation!

 

17:30 Uhr, Bühne

ZWISCHENSTAND Gespräch

Zwischen Theorie, Aktion und Theater laden wir die Protagonisten des Tages ein, miteinander in Dialog zu treten: welches Spektrum gesellschaftlicher Teilhabe konnte im Verlauf des Nachmittags wirklich abgebildet werden in den Beschreibungen der Forscher, den Handlungsvorschlägen der Praktiker, Film und Performances? Welche Impulse konnten ausgetauscht, welche Erkenntnisse gewonnen werden? Eine Zwischenbilanz. Moderation: Wolfgang Engler

 

19:30 Uhr, Bühne

FRÜCHTE DES ZORNS

Die USA in den 1930er Jahren: Der New Yorker Börsencrash hat ein erodiertes Land zurückgelassen. Aus dem Mittleren Westen brechen tausende Farmerfamilien nach Kalifornien auf, um sich dort auf Obstplantagen zu verdingen. Der Exodus wird zur Zerreißprobe: Statt eines gelobten Landes warten an seinem Ende Fremdenfeindlichkeit, Ausbeutung und Elend. Allein der Versuch, ein solidarisches Kollektiv zu behaupten, verspricht einen Rest an Würde. John Steinbeck zeigt in seinem Roman am Beispiel der Familie Joad exemplarisch die Auswirkungen einer globalen Wirtschaftsdepression auf den einzelnen Menschen. Wie konsistent ist ein Lebensentwurf angesichts der Unstäten des Kapitalismus? Das Erscheinen von „The Grapes of Wrath” 1939 in den USA löste heftige politische Reaktionen bis hin zu regionalen Vertriebsverboten und öffentlichen Bücherverbrennungen aus. Ungeachtet aller Anfeindungen wurde der Roman jedoch 1940 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet und noch im selben Jahr in Hollywood verfilmt.

Mit: Julischka Eichel, Ninja Stangenberg, Ursula Werner, Regine Zimmermann; Wilhelm Eilers, Wolfgang Hosfeld, Michael Klammer, Albrecht

Abraham Schuch, Max Simonischek. Regie: Armin Petras, Bühne: Olaf Altmann, Kostüme: Aino Laberenz, Musikalische Leitung: Tilman Ritter,

Video: Niklas Ritter.

 

23:00 Uhr, Bühne

THE JOHNNY CASH SONGBOOK: EIN KONZERT

Tagsüber arbeiten und nachts spielen: Der Rhythmus bestimmte die Anfangsjahre von J. R. als er noch gemeinsam mit seinen sechs Geschwistern in den 30er Jahren der Weltwirtschaftskrise auf den gepachteten Baumwollfeldern seiner Eltern aushalf und von seiner Mutter die erste Gitarre geschenkt bekam. Gewohnt hart anzupacken, beackerte er die Seiten seiner Gitarre in den folgenden Jahren. Ob als Baumwollerntehelfer, Fließbandjobber oder Vertreter für Elektrogeräte stets behielt er den Rhythmus bei - tagsüber arbeiten und nachts spielen: Als wäre die Familie Joad aus John Steinbecks Roman „Früchte des Zorns" sein Vorbild gewesen, schuftete sich Johnny Cash so langsam zu einer musikalischen Legende empor. Im Takt und Angedenken der harten Anfangsjahre soll an diesem Abend im Anschluss an die Inszenierung von „Früchte des Zorns" aus dem musikalischen Repertoire Cashs gespielt werden.

Mit: Britta Hammelstein, Katharina Heyer; Holger Ackermann, Thomas Anzenhofer, Jens Gebhardt, Johann Jürgens, Michael Klammer, Max

Simonischek und den special guests Maria Simon, Bernd Michael Lade. Regie: Armin Petras, Musikalische Leitung: Torsten Kindermann,

Kostüme: Annette Riedel.

 

Sonntag, 23. Januar 2011

 

18:00 Uhr, Studio

Claudia Grehn ERNTE

Mit Texten von Lena Müller

Uraufführung / Ausgezeichnet mit dem Förderpreis des Stückemarktes im Rahmen des Theatertreffens 2010, gestiftet von der Bundeszentrale für politische Bildung

„Es braucht einen Ort von dem aus das Fragen möglich bleibt, einen Ort gegen die Selbstverständlichkeit.“ - An den Orten, an denen sich Pawel,

Sascha und Anna verdingen, sind Fragen dem Pragmatismus gewichen. Es braucht Geld, um zu leben. Deshalb gehen sie weg - immigrieren nicht als Bürger, sondern als polnische Arbeitskräfte auf deutsche Bauernhöfe. Der Verdienst als Erntehelfer wird der Familie in die Heimat gesendet. Der Einsatz ist hoch: Ein Leben in zwei Welten ohne je in einer wieder ankommen zu können. Auch für die vermeintlich Beheimateten - Lena und Peter - bedeutet das Zusammentreffen dieser Lebensrealitäten eine Veränderung: einen Einbruch in bekannte Verhältnisse. Plötzlich scheint nichts mehr verlässlich zu sein, die Bezüge verschwimmen und die Fremde wird zu einem Lebensgefühl. Die Autorin Claudia Grehn beschreibt in Zusammenarbeit mit der Autorin Lena Müller, deren Berichte aus dem Alltag einer kollektiv geführten Bäckerei, in das Drama einflossen, die Folgen eines europaweiten Arbeitsmarktes. Politik kommt im Privaten an: Der Einzelne findet sich in einer scheinbar

selbstverständlichen Welt wieder.

Mit: Anne Müller, Aenne Schwarz, Sabine Waibel; Johann Jürgens, Horst Kotterba, Matti Krause, Robert Kuchenbuch.

Regie: Dominic Friedel, Bühne: Natascha von Steiger, Kostüme: Karoline Bierner.

 

EINTRITTSPREISE

Für alle Veranstaltungen, die am Samstag, dem 22. Januar 2011, zwischen 15 und 18 Uhr stattfinden, können Sie ein Sammelticket zum Preis

von 5 Euro erwerben. Mit dem Sammelticket erhalten Sie beim Kartenkauf für die Bühnenvorstellungen EIN MOND FÜR DIE BELADENEN,

FRÜCHTE DES ZORNS, ERNTE und THE JOHNNY CASH SONGBOOK eine Ermäßigung von 25% auf den regulären Preis. Der Eintritt zum Vortrag

DER TEILHABEKAPITALISMUS UND SEIN ENDE ist frei. Eintritt FREITAG SALON: 3 Euro.

Karten/Informationen: T (030) 20221-115, www.gorki.de

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