In ihrem Stück ÜBER TIERE setzt sich die Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek mit Sexualität und Abhängigkeit, mit Macht und Konsum, mit Männern und Frauen auseinander: mit Liebe und der so fälschlich als „käufliche Liebe“ bezeichneten, in Köpfen und an Strassenrändern präsenten Prostitution. Ursprünglich verfasst als Stück in zwei Teilen, hat Elfriede Jelinek ihren Text für Zürich zu einer Trilogie
erweitert. Am Anfang steht ein Liebesmonolog einer gealterten Frau, die in ebenso resignierter wie masochistischer Art über Liebe und Begierde in ihrem Leben spricht. Der zweite Teil basiert auf polizeilichen Abhörprotokollen eines Wiener Callgirl-Rings, der zum Teil noch minderjährige Mädchen an gut betuchte Klienten vermittelt. Das dokumentarische Material ist durch Jelineks Montage zu einer gewaltsamen Textfläche geworden: Menschliche Beziehungen werden als Marktbeziehungen entlarvt, die im sogenannten ältesten Gewerbe der Welt tätigen Frauen werden von Käufern, Dealern und zahlungskräftigen Kunden wie Vieh auf einem Markt eingeschätzt und verkauft.
Regisseurin Tina Lanik, 1974 in Paderborn geboren, wuchs in Stuttgart auf und studierte Politikwissenschaft an der Universität Wien. Ursprünglich wollte sie in den diplomatischen Dienst treten, hospitierte dann aber bei Elmar Goerden und wurde von ihm als Regieassistentin ans Schauspielhaus
Wien empfohlen. Von 1996 bis 2000 folgten Regieassistenzen am Staatstheater Stuttgart, weiter am Schauspielhaus Wien, bei den Wiener Festwochen und am Théâtre Vidy-Lausanne, wo sie mit Luc Bondy zusammenarbeitete. Ihr Regiedebüt gab sie am Rabenhof Theater in Wien, im Jahr 2000 nahm sie am Regiewettbewerb der Wiener Festwochen teil. 2003 wurde sie in der Kritikerumfrage der Zeitschrift „Theater heute“ zur Nachwuchsregisseurin des Jahres gewählt. Sie inszenierte u.a. am
Schauspielhaus Bochum, am Theater Neumarkt in Zürich, am Deutschen Theater Berlin, am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, am Wiener Burgtheater sowie am Residenztheater München. Von Tina Lanik war am Schauspielhaus zuletzt „Der ideale Mann“ von Oscar Wilde in der deutschen Fassung von Elfriede Jelinek zu sehen.
ÜBER TIERE
von Elfriede Jelinek
Regie Tina Lanik
Bühne Stefan Hageneier
Kostüme Nana Kolbinger
Musik Pollyester
Licht Gerhard Patzelt
Dramaturgie Andreas Karlaganis
Mit:
Julia Kreusch
Lisa-Katrina Mayer
Isabelle Menke
Lena Schwarz
Zu diversen ÜBER TIERE-Vorstellungen Ende Februar und im März finden Experteneinführungen statt. Den Anfang macht Sascha Finger (Geographisches Institut der Universität Bern), der am 28. Februar über die Themen „Migration of Sexworkers“ und „Prostitution spaces“ sprechen wird.
Übersicht Spezialeinführungen (jeweils 19.30 Uhr, Schiffbau/Box):
Freitag, 28.2.: mit Sascha Finger (Geographisches Institut Uni Bern - Prostitution spaces, migration of sexworkers)
Montag, 3.3.: mit Susanne Schmetkamp (Philosophisches Seminar Uni Basel - Ethik und Prostitution)
Mittwoch, 5.3.: mit Regula Rother (Leiterin Zürcher Stadtmission)
Dienstag, 11.3.: mit Brigitte Hürlimann (Redaktorin NZZ, Juristin -
Regelung von Prostitution)
Donnerstag, 20.3.: mit Lea Boesiger (Mitarbeiterin Isla Victoria der Zürcher Stadtmission)
Weitere Vorstellungen im Schiffbau/Box
24./ 25./ 28. Februar, jeweils 20.15 Uhr
1./ 3./ 5./ 7./ 11./ 12./ 19./ 20./ 22. März, jeweils 20.15 Uhr
9. März, 19.15 Uhr
Weitere Vorstellungen sind in Planung.