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Uraufführung: „Die Geheimnisse der Kabbala“ von Isaac Bashevis Singer im Schauspiel Köln

Premiere 24. April 2009 um 20.00 Uhr in der Schlosserei

 

Wenn der EINE etwas Schwieriges zu erledigen hatte, irgendein geheimes Werk zum Nutzen der Geschöpfe, so ging er an eine bestimmte Stelle im Wald, zündete ein Feuer an und sprach Gebete – und alles geschah, wie er es sich vorgenommen hatte.

Wenn eine Generation später der NÄCHSTE dasselbe zu tun hatte, ging er an jene Stelle im Wald und sagte: „Das Feuer können wir nicht mehr machen, aber die Gebete können wir sprechen“ – und alles ging nach seinem Willen. Wieder eine Generation später, sollte der ÜBERNÄCHSTE jene Tat vollbringen. Auch er ging in den Wald und sagte: „Wir können kein Feuer mehr anzünden, und wir können auch die Gebete nicht mehr sprechen; aber wir kennen den Ort im Wald, wo all das hingehört, und das muss genügen.“ – und: Es genügte. Als aber wieder eine Generation später der ÜBERÜBERNÄCHSTE jene Tat zu vollbringen hatte, da setzte er sich in einen Stuhl und sagte: „Wir können kein Feuer machen, wir können keine Gebete sprechen, wir kennen auch den Ort nicht mehr, aber wir können die Geschichte davon erzählen.“ Und seine Erzählung allein hatte dieselbe Wirkung wie die Taten der drei anderen.

 

Alvis Hermanis montiert in seiner zweiten Arbeit in Köln vier Erzählungen von Isaac Bashevis Singer, der in seinem literarischen Kosmos universale Fragen präsentiert, von Liebe und Einsamkeit, von Ideal und Wirklichkeit, von Reichtum und Glück. Seine Protagonisten sind im Ostjudentum verwurzelt; ob ein kleines, jüdisches Dorf in Polen, ob Warschau oder New York. Sie sind meist so voll von Ereignissen, dass man diese leicht überliest: sie handeln nicht vom Handeln, sondern vom Hören und Erinnern. Nach der „Kölner Affäre“ setzt Alvis Hermanis mit den „Geheimnissen der Kabbala“ seine Suche nach einem Theater fort, dass sich mehr für das Leben als für sich selbst interessiert, das das Erzählen untersucht und genau zwischen Affekt und Emotion unterscheidet.

 

Isaac Bashevis Singer wurde 1904 in Radzymin in Polen geboren und wuchs in Warschau auf. Er wurde traditionell jüdisch erzogen und besuchte das Rabbinerseminar. Mit 22 Jahren begann er für eine jiddische Zeitung zu schreiben, zunächst auf hebräisch, dann auf jiddisch. 1935 emigrierte er in die USA und erhielt 1978 den Nobelpreis für Literatur. Er starb 1991 in Miami.

 

Alvis Hermanis wird 1965 in Riga geboren. Schauspielausbildung am lettischen Staatskonservatorium. Erste Inszenierungen ab 1993. Zahlreiche Kritikerpreise und Auszeichnungen als Regisseur. Seit 1997 leitet er das Neue Theater Riga, ein zeitgenössisches Repertoiretheater im Zentrum der Stadt. Hermanis spielt in seinen Arbeiten mit Theaterstilen und -ästhetiken. Das Zentrum seiner Arbeiten bilden dabei immer die Schauspieler, ihre Mittel, ihre Persönlichkeiten. Er ist mittlerweile ein international gefragter Regisseur, und viele seiner Produktionen touren durch die Welt. Im April 2007 erhielt er den IX. Europa-Preis für Neue Theatralische Realitäten.

 

Es spielen Ilknur Bahadir, Anja Laïs, Markus John, Martin Reinke

Regie Alvis Hermanis, Bühne & Kostüme Monika Pormale, Dramaturgie Götz Leineweber

 

Weitere Vorstellungen am 25. und 29. April 2009 um jeweils 20.00 Uhr in der Schlosserei (am 30. April geschlossene Vorstellung)

 

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