Und selbst, wenn wir nicht mitmachen, wenn wir nichts einsetzen wollen, sind
noch immer wir selbst der Einsatz. Gewinnen können wir uns nicht, wohl aber verlieren. In der Küche sitzt ein Mann und versucht die Dimensionen des großen Spiels zu ermessen. Nach welchen, nach wessen Regeln, seit wann, bis wann läuft das Spiel? Sind alle Züge sichtbar? Wer spielt, wer ist Figur? Spielen die Toten mit? Sitzt noch jemand auf dem Stuhl des Schiedsrichters? Viel weiß er, doch er möchte alles wissen; er kann nicht aufhören. Der Mann hat aber auch eine Familie, und die braucht etwas zu essen. Welchen Wert haben Kultur und Bildung, wenn die Kohle knapp wird?
Die Lotterie in Babylon ist die metaphysische Beschreibung einer Gesellschaft, die ihre Existenz auf das Ziehen von Lotterielosen und somit vom puren Zufall basieren lässt. Babylon verliert sich selbst und geht schließlich unter – und mit ihr landen Werte auf dem Schutthaufen der Geschichte, die man glaubt, opfern zu können, da sie zum Fortbestand der Menschheit als irrelevant erachtet werden.
Erstmals erschien die Erzählung 1941 in Fiktionen, einem Band mit Borges‘ Kurzgeschichten. Seine phantastischen Erzählungen sind Modelle, Versuche der Welterklärung, Zeugnisse der Verwirrung und des Erkennens, Beschreibungen der unendlichen Weiten des Lesens und Denkens. Jede Gesellschaft braucht Geschichten, um zu bestehen, in ihnen lebt ihr Erbe. Das Erzählen darf nicht aufhören.
Nach Regiearbeiten u.a. am Maxim Gorki Theater Berlin, am Theater Freiburg, am Deutschen Theater Berlin, am Schauspielhaus Zürich und Schauspiel Frankfurt inszeniert Martin Klöpfer zum ersten Mal in Wuppertal. Er ist Gründungsmitglied des Produzentenkollektivs „Theater Arbeit Duisburg e.V.“.
Inszenierung: Martin Klöpfer
Bühne und Kostüme: Oliver Kostecka
Dramaturgie: Oliver Held
Mit: Sophie Basse, Daniel Breitfelder, Andreas Möckel, Juliane Pempelfort, Lutz Wessel
Die nächsten Vorstellungen sind am 23. Mai, 04. 12., 19., 20. und 27. Juni 2010 im Kleinen Schauspielhaus.