Mit Sonnenschirm, Liegestuhl und Plattenspieler sorgen sie bald für das nötige Ambiente. Während die Mutter dem Sohn untersagt seine Waffe zum Picknick zu bringen und seine Sauberkeit bemängelt, banalisiert der Vater das eigentliche Kriegsgeschehen zum spannenden Abenteuer.
Plötzlich platzt ein feindlicher Soldat (Zépo) in die Picknickgesellschaft und Zapo wird an seine Kriegspflichten erinnert. Angestachelt von der Aussicht auf einen Korporalsposten nimmt Zapo den Feind gefangen und posiert anschließend stolz den begeisterten Eltern zum Siegerfoto. Aus Ermangelung einer besseren Idee, und um das Picknick ungestört fortsetzen zu können, wird Zépo kurzerhand wieder freigelassen und zum gemeinsamen Schmausen eingeladen, während sich am Horizont schon Flieger zum nächsten Bombenangriff nähern.
Zwei Sanitäter betreten den Schauplatz auf der Suche nach Toten und Verletzten. Zu ihrer großen Überraschung finden sie niemanden, den sie versorgen müssen und sind sichtlich enttäuscht. Allmählich stellen sich die beiden Soldaten die Frage, warum sie in den Krieg gezogen sind und warum sie einander als Feinde gegenüberstehen. Dabei entdecken sie viele Gemeinsamkeiten. Während man dem Picknick zuspricht, entwickelt sich das Gespräch weiter. Beide Soldaten kommen letztendlich zu dem Schluss, dass Krieg langweilig ist und beschließen seine Abschaffung. Um den gemeinsamen Beschluss zu feiern legt die Mutter eine Platte auf.
ZUR STÜCKGENESE
Die Oper Picknick im Felde basiert auf dem gleichnamigen Stück des spanischen Dramatikers Fernando Arrabal. Arrabals Werk ist dem Absurden Theater zuzuordnen und steht somit in der gleichen Tradition wie u. a. Eugène Ionesco und Samuel Beckett. Absurdes Theater ist bei aller Ähnlichkeit der Autoren keine geschlossene Theaterrichtung. Die Dramatiker gehören also keiner geschlossenen literarischen Gruppe oder programmatischen Bewegung an. Trotzdem gibt es charakterliche Grundzüge, die diese Dramatik unter der Überschrift des Absurden eint:
In der Darstellung erweist sich der Mensch als herausgerissen aus der Geborgenheit traditioneller Werte. Die Theaterfigur wird stellvertretend für den Menschen zum Spielball von Treiben und Träumen, die affektartig auf der Bühne durchlebt werden: Es gibt keine rationelle Erklärung mehr für das Verhalten dieser oder jener Gestalten.
Dementsprechend sind auch Arrabals Personen äußerst unspezifische Helden: Es gibt keine genauen Angaben zu Alter oder Herkunft. In Picknick im Felde wird vor allem ein Charakteristikum Arrabals evident: Seine Erwachsenen verfügen in allen Lebensbereichen über den Erfahrungshorizont von Kindern; dies betrifft Moral, Ästhetik oder zwischenmenschlichen Beziehungen. Darüber hinaus stellt Arrabal dieses eingeengte Bewusstsein der Personen schonungslos dar und fordert auf diese Weise den Zuschauer auf, seine eigene Welt zu hinterfragen.
Die Idee der Oper Picknick im Felde entstand nach Aussage des griechisch-zypriotischen Komponisten Constantinos Stylianou direkt aus der Lektüre des Dramas heraus. Gerade in dem konsequenten Sprachstil Arrabals sowie dem musikalischen Erzähltempo sieht er die Idealität des Stückes als Opernvorlage begründet und dementsprechend unkompliziert gestaltete sich seine Umgestaltung zum Libretto, die der Komponist selbst vornahm; für die deutsche Übersetzung unterstützt vom Regisseur der Produktion, Tobias Ribitzki.
CONSTANTINOS STYLIANOU
Der griechisch-zypriotische Komponist (*1972) hat Klavier und Komposition am Royal College of Music und Royal Holloway in London studiert. Seine musikalische Laufbahn hat er als Konzertpianist begonnen und trat unter anderem mit dem ORF-Symphonie-Orchester in Wien auf. Der Komponist lebt heute in London und mit Werken für Soloinstrument bis hin zu symphonischer Musik zählt er zu den facettenreichsten Komponisten seiner Generation. Seine Werke sind bereits von zahlreichen renommierten Ensembles und Orchestern aufgeführt worden, so vom Jeunesse Musicale World Orchestra und dem Philharmonia Orchestra London.
Stylianous besonderes Interesse gilt der menschlichen Stimme und zahlreiche Vokalmusikwerke darunter auch mehrere Liederzyklen) zeugen von einem steten kompositorischen Anliegen, Wörter, Stimme und musikalische Formgebung aufeinander abzustimmen und zu harmonisieren.
Die Oper Picknick im Felde ist Stylianous erste Musiktheaterkomposition und ist in den Jahren 2002-2005 entstanden. Ihr geht Stylianous eingehende Beschäftigung mit Theater und dem Werke Arrabals voraus. Seine besondere Faszination für die menschliche Stimme offenbart sich gerade in Picknick im Felde, indem er ihrem vielfältigen Einsatz vom Sprechen bis zur großen vokalen Geste in seiner Komposition Raum verschafft und immer auf dramatische Harmonie bedacht ist.
Oper in einem Akt, Musik und Libretto von Constantinos Stylianou
Nach dem Drama Pique-nique en campagne von Fernando Arrabal
Deutsch von Tobias Ribitzki nach der Übersetzung von François Smesny
In Kooperation mit Linz09
Musikalische Leitung Ingo Ingensand/Borys Sitarski
Inszenierung Tobias Ribitzki
Bühne und Kostüme Florian Angerer
Dramaturgie Sarah Schäfer
Zapo (Soldat) Christian Zenker
Zépo (Soldat) Iurie Ciobanu
Madame Tépan (Mutter) Cheryl Lichter
Monsieur Tépan (Vater) Franz Binder
Rotkreuzsoldaten Joanna Müller, Siegfried Dietrich
Bruckner Orchester Linz