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Uraufführung: „Stadt Land Flucht“ - Stückentwicklung von Anestis Azas | Prodromos Tsinikoris - Theater und Orchester Heidelberg

Premiere Sa 23.04.2016, 19.30 Uhr, Alter Saal - Stückeinführung 18.45 Uhr. -----

Der Abzug der Amerikaner aus Heidelberg eröffnete mit den leerstehenden Kasernengebäuden die Möglichkeit, hunderten Flüchtlingen, die vor Krieg, Verfolgung und wirtschaftlicher Not ihr Land verlassen müssen und sich auf den Weg - natürlich auch - nach Deutschland begeben, ein Obdach zu geben.

Konflikte in zahlreichen Ländern der Erde, auch dort, wo es die überwiegende Medienberichterstattung nicht vermuten lässt, führen zum Anwachsen der Zahl von Menschen, die Hoffnungen auf ein besseres Leben, auf Sicherheit und Glück mit auf diesen beschwerlichen Weg nehmen. Die zurückgelegten Strecken der Flüchtenden bleiben oft im Verborgenen. Ihre Geschichten hinterlassen Wunden, die kaum wahrgenommen werden, nicht nur aus physischer Sicht.

 

Während die Europäische Union zunehmend Geld in die Organisationen zur Sicherung ihrer Außengrenzen investiert, hat die Realität der weltweiten Konflikte die Grenzen zunehmend porös gemacht. Im Sommer wurden die Grenzen für kurze Zeit geöffnet. Parallel zur großen Hilfsbereitschaft in Deutschland, gewann eine Partei an Boden, die für ihren Hauptstimmenfang das Thema Flüchtlingspolitik nutzte, deren Parteimitglieder auch bei der dezidiert rassistischen Pegida-Bewegung auftreten.

 

Dieser Stimmung im Land versuchen die beiden deutsch-griechischen Regisseure Anestis Azas und Prodromos Tsinikoris mit den Schauspielern des Heidelberger Ensembles Katharina Quast, Nanette Waidmann, Dominik Lindhorst-Apfelthaler und Hendrik Richter mit der Uraufführung „Stadt Land Flucht“ – einem Rechercheprojekt - auf den Grund zu gehen. Wichtigster Gast des Theaterabends ist der junge syrische Student Nader Almoaaz. Seine bewegende Geschichte steht auch symbolisch für das, was in diesem Sommer passierte: Er gelangte mit dem Geld, das seine Familie für ihn bereitstellte, über das Mittelmeer, über Griechenland, Mazedonien nach Deutschland. In zehn Tagen absolvierte er einen Trip quer durch Europa. Nun hofft er auf Asyl und einen Studienplatz in Heidelberg. Mittlerweile wurden die Grenzen wieder geschlossen. Sein Bruder sitzt in einem schlammigen Zeltcamp in der Nähe von Idomeni fest. Wie sollen Politik und Gesellschaft auf solche Schicksale reagieren? Can the show always go on?

 

Für das Theater und Orchester Heidelberg recherchierten die beiden Theatermacher über die Flüchtlingsströme nach und in Europa. Sie hinterfragen die Geschichten von Menschen, die sich in Heidelberg ein neues, glücklicheres, angstfreies Leben aufbauen wollen. Das Projekt „Stadt Land Flucht“ befragt aber auch unser Selbstverständnis hinter den Grenzen, die wir durch Glück und Zufall auf der besseren Seite des Lebens beheimatet sind. Anestis Azas und Prodromos Tsinikoris versuchen, die Verantwortung der westlichen Gesellschaft angesichts des Leids in fernen Ländern zu überprüfen. In einem mediensatirischen Showformat empfangen sie Gäste, testen das Wissen über das Thema und entlarven sich auf überraschende Art und Weise selbst.

 

Anestis Azas, in Thessaloniki geboren, studierte an der Theaterfakultät der Aristoteles Universität Thessaloniki sowie an der HfS Ernst Busch in Berlin (Regie). Als Regieassistent und Übersetzer arbeitete er bei Dimiter Gotscheff („Die Perser von Aischylos“) sowie bei Rimini Protokoll („Prometheus in Athen“) mit. Seit 2008 inszeniert er in Griechenland, u. a. an Staatstheatern (Nationaltheater, Athens Festival, Staatliches Theater Nordgriechenlands) als auch an mehreren Bühnen der Freien Szene Athens. Seine Regiearbeit umfasst alte und neue Klassiker (Aischylos, Koltes, Heiner Müller), aber auch Stücke junger Autoren (Manolis Tsipos, Anja Hilling) und Stückentwicklungsprojekte. Im Mai 2011 wurde er zum Internationalen Forum des Berliner Theatertreffens eingeladen. Im Dezember 2011 erhielt er die Nominierung für den griechischen Regienachwuchspreis „Karolos Koun“. In Zusammenarbeit mit Prodromos Tsinikoris entstanden die dokumentarischen Inszenierungen „Eine Bahnreise“, ein Stück über den Abbau der griechischen Eisenbahn (Athen 2011) sowie 2012 „Epidauros: Eine Dokumentation“, eine kritische Darstellung der Entstehung und Geschichte des Epidauros Festivals (Kleines Epidauros Theater).

 

Prodromos Tsinikoris, in Wuppertal als Sohn griechischer Eltern geboren, arbeitet als Regisseur, Autor, Dramaturg und Schauspieler in Athen und Berlin. 1999 zog er nach Thessaloniki, wo er Theater an der Aristoteles Universität studierte. 2008 wurde er zum „Internationalen Forum“ des Berliner Theatertreffens eingeladen. Seit 2009 lebt er in Athen. Er arbeitete u. a. mit Dimiter Gotscheff, Rimini Protokoll und Stathis Livathinos. Gemeinsam mit Anestis Azas schreibt und inszeniert er Realitätstheaterprojekte, wie z. B. „Bahnreise“, „Epidaurus: Eine Dokumentation“, „Telemachos: Should I Stay or Should I Go?“, das 2013 zum „Heidelberger Stückemarkt“ eingeladen war, sowie „Utopie im Prozess“ (Junges Theater, Konstanz / Nationaltheater Nordgriechenland). Im Mai 2015 war er für die Recherche und Dramaturgie der „Performance X-Apartments“ (Konzept: Matthias Lilienthal) verantwortlich, welches in Apartments von Athener Bürgern aufgeführt wurde. Für das Athen Festival 2015 schrieb und inszenierte er das Audiowalkprojekt „In the middle of the street“ mit Obdachlosen des Stadtzentrums Athen. Seit Oktober 2015 ist er gemeinsam mit Anestis Azas Künstlerischer Leiter der Spielstätte -1 des Nationaltheaters Athen.

 

Bereits beim „Heidelberger Stückemarkt“ 2013 war das Regieteam Azas | Tsinikoris mit „Telemachos – should I stay or should I go“ vertreten. Das Stück damals setzte sich mit Griechen in Deutschland auseinander.

 

„Stadt Land Flucht“ ist u. a. auch am 02. Mai im Rahmen des 33. „Heidelberger Stückemarktes“, der vom 29.04.- 08.05. stattfindet, zu erleben. Der Vorverkauf läuft. Weitere Informationen und Tickets: www.theaterheidelberg.de; Theaterkasse 06221/5820.000

 

 

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