Der gesellschaftliche Umbruch ging so schnell und war so radikal, dass den Menschen eine Anpassung an das Neue oft nur an der Oberfläche möglich war und von dem Alten zwangsläufig vieles verdrängt wurde. Die Spuren dieses Umbruchs jedenfalls sind auch zwanzig Jahre später in keinem der betroffenen Länder zu übersehen.
„Vom Ende des Roten Menschen“ ist die Chronik einer russischen Familie. Ihre Mitglieder – Mutter und Sohn – leben in verschiedenen Ländern, die doch beide Russland heißen. Während die Mutter gefangen ist in einer traumatischen Vergangenheit und gleichzeitig an der Gegenwart verzweifelt, arbeitet ihr Sohn an seiner erfolgreichen Wandlung vom sowjetischen Offizier zum russischen Geschäftsmann. Die Verständigung ist schwierig; Ideen und Worte sind abgelebt; der Rote Mensch ist am Ende. Für das, was ist, und das, was kommen soll, gibt es noch keine Sprache. Selten liegen Schrecken und Hoffnung, Verzweiflung und Idealismus so nahe beieinander, wie in dem auf Interviews beruhenden Text von Swetlana Alexijewitsch.
Die weißrussische Journalistin und Autorin SWETLANA ALEXIJEWITSCH wurde 1948 in Iwano-Frankowsk (Ukraine) geboren. Ihre auf Recherchen und Gesprächen beruhenden Bücher über den Afghanistankrieg, die Katastrophe von Tschernobyl, Soldatinnen im Zweiten Weltkrieg oder russische Selbstmörder machten sie weltbekannt. Sie erhielt zahlreiche Preise, darunter 1998 den Leipziger Buchpreis für Europäische Verständigung.
Am 11. Oktober eröffnet das Schauspiel Hannover die »Weltausstellung Prinzenstraße«, eine monatliche Veranstaltungsreihe mit renommierten Autoren der Kulturzeitung Lettre international, deren Texte durch literarische Qualität, überraschende Blickwinkel, Genauigkeit der Recherche und Komplexität der Schilderung bestechen. In dieser Reihe wird nach geeigneten Formen der öffentlichen Präsentation dieser Texte gesucht, werden Bezüge zu Inszenierungen des Hauses hergestellt und die Autoren ermutigt, mit dem Publikum in Diskussion zu treten.
Der erste Gast ist nun die weißrussische Autorin Swetlana Alexijewitsch. Nach der Premiere ihres Textes »Vom Ende des Roten Menschen« wird sie im Gespräch mit Alice Schwarzer von ihren Recherchen im postsowjetischen Russland berichten und mit uns über Perspektiven zwanzig Jahre nach Ende der Sowjetunion diskutieren.
»Vom Ende des Roten Menschen« - die Chronik einer russischen Familie - umfasst den Zeitraum von sieben Jahrzehnten (1939 bis 2009). Während die Mutter in einer traumatischen Vergangenheit gefangen ist und an der Gegenwart verzweifelt, arbeitet der Sohn an seiner Wandlung vom sowjetischen Offizier zum russischen Geschäftsmann. Die Verständigung ist schwierig; Ideen und Worte sind abgelebt; der rote Mensch am Ende. Für das, was ist, und das, was kommen soll, gibt es noch keine Sprache. Selten liegen Schrecken und Hoffnung, Verzweiflung und Idealismus so nahe beieinander, wie in diesem dokumentarischen Text, den der Schauspieler Janko Kahle auf der neuen Cumberlandschen Bühne singen, spielen und erzählen wird.
MIT Janko Kahle
REGIE Christian Tschirner
BÜHNE Aljoscha Begrich
KOSTÜM Esther Krapiwnikow
MUSIK Juri Kudlatsch
Im Anschluss:
WELTAUSTELLUNG PRINZENSTRAßE (I) –
Die Autorin Swetlana Alexijewitsch im Gespräch mit Alice Schwarzer
11.10.09, CUMBERLANDSCHE BÜHNE
»Weltausstellung Prinzenstraße« wird unterstützt von der TUI Stiftung.